Referentenentwurf zum Apotheken-Reformgesetz

VZA fordert Nullretax-Verbot ohne Schlupflöcher

Berlin - 28.06.2024, 16:45 Uhr

(Foto: vizualni / AdobeStock)

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Auch der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) glaubt nicht daran, dass das Apotheken-Reformgesetz in seiner jetzigen Fassung die Arzneimittelversorgung sichern oder gar stärken kann. In seiner Stellungnahme legt er unter anderem dar, warum der prozentuale Apothekenzuschlag nicht abgesenkt werden darf und Nullretaxationen vollständig abgeschafft werden müssen.

Diesen Freitag ist die Frist für Stellungnahmen zum Referentenentwurf eines Apotheken-Reformgesetzes abgelaufen. Auch der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) ließ es sich nicht nehmen, die Pläne zu kommentieren. Detailliert hat er zu einigen der Regelungen, die speziell auch Parenteralia herstellende Apotheken betreffen, Stellung bezogen.

So lehnt der VZA – bei grundsätzlich positiver Einstellung zur Telepharmazie – die angedachten Möglichkeiten, Apotheken auch ohne anwesende Pharmazeutinnen und Pharmazeuten zu betreiben, aus Gründen der Arzneimitteltherapiesicherheit ab. Zwar wäre es auch nach dem Referentenentwurf nicht möglich, PTA die Herstellung parenteraler Zubereitungen verantwortlich zu übertragen. Jedoch würden in der onkologischen Versorgung zunehmend auch orale Zytostatika mit hohem Risikopotential abgegeben. Auf die Beratung, den Wechselwirkungscheck und die Sicherheitsaufklärung bei der Abgabe solcher Präparate würden PTA in ihrer Ausbildung nicht vorbereitet. Der persönliche Einsatz der Pharmazeuten sei daher „unverzichtbar“.

Was die geplante Umschichtung beim Apothekenhonorar angeht, weist der VZA auf die besondere Situation von Apotheken mit vielen Hochpreisern hin – die es im Übrigen genauso auf dem Land wie in der Stadt gibt. Für diese hochpreisigen Rx-Arzneimittel liege der Rohertrag schon heute nur noch bei 3,1 Prozent. Werde die prozentuale Vergütung von 3 auf 2 Prozent gesenkt, werde der Wert auf 2,23 Prozent fallen. Damit rangierten Apotheken abgeschlagen hinter jeder anderen Branche im Einzelhandel.

Hinzu kommen die Risiken der Vorfinanzierung, des Verlusts durch Verfall oder Bruch sowie der Nullretaxation. „Nicht ohne Grund laufen Patienten heute schon mit Verordnungen über hochpreisige Arzneimittel von Apotheke zu Apotheke“ schreibt der VZA. „Das wirtschaftliche Risiko wird schlicht und ergreifend nicht mehr getragen. Für den Verband ist daher klar: Beim Apothekenzuschlag, auch dem prozentualen, kann es nur nach oben, aber keinesfalls nach unten gehen.

Retax-Einschränkungen gehen noch nicht weit genug

Und so nutzt der VZA zudem die Gelegenheit, die Abschaffung der Nullretaxation einzufordern. Zwar waren im Sommer vergangenen Jahres mit dem Lieferengpassgesetz (ALBVVG) (Null-)Retaxationen eingeschränkt worden. Aber: „Die bisherige Regelung geht nicht weit genug, da sie wiederum nur exemplarisch einige Fälle der unberechtigten Nullretaxationen durch Krankenkassen aufgreift“, konstatiert der VZA. Die Krankenkassen lassen von Vollabsetzungen nicht ab – auch wenn die Versicherten versorgt sind und der Kasse bestenfalls ein geringer Nachteil entstanden ist. Besonders dramatisch sei dies auch deshalb, weil die Kassen in der Regel zwölf Monate Zeit haben, eine Retaxation auszusprechen. Gerade bei Apotheken, die Patienten über mehrere Zyklen mit hochpreisigen Arzneimitteln versorgten, könnten sich Nullretaxations-Begehren dann zu enorm großen Beträgen aufsummieren.

Der VZA schlägt daher vor, den Retax-Ausschluss in § 129 Abs. 4 Sozialgesetzbuch V (SGB V) ganz klar zu regeln: Hat ein Versicherter das verordnete Arzneimittel erhalten und ist die Krankenkasse von ihrer Leistungspflicht befreit worden, sollen Nullretaxationen grundsätzlich unzulässig sein. Dies soll auch dann gelten, „wenn die Krankenkasse einen formalen Fehler oder einen Fehler im gesetzlich oder vertraglich vorgesehenen Abgabevorgang gegenüber dem Apotheker geltend macht“. Dann müsse die Kasse der Apotheke „zumindest den auf die Ware entfallenden Teil der Abrechnung“ vergüten. Bei geringfügigen formalen Fehlern, die geheilt werden können, sollten Beanstandungen der Krankenkassen vollständig ausgeschlossen sein.

Kassen sollen Schaden beziffern

Der VZA weist darauf hin, dass der Rahmenvertrag bereits ein Sanktionsregime vorsehe, wenn Apotheker*innen Verstöße vorzuwerfen sind. „Einer zusätzlichen Bestrafung durch eine Nullretaxation bedarf es in aller Regel nicht“. Zudem plädiert der VZA dafür, dass Kürzungen nur zulässig sein sollen, wenn die Krankenkasse im Einzelfall darlegt und beweist, welcher konkrete zu beziffernde Schaden ihr durch einen etwaigen Abgabe- oder Abrechnungsfehler der Apotheke entstanden ist. „Die gegenteilige, derzeit nach wie vor gelebte Praxis führt zu Intransparenz und eröffnet Tür und Tor für willkürliche Rechnungskürzungen.“

Hilfstaxe: Transparenz für alle Beteiligten!

Transparenz ist zudem das Stichwort bei den geplanten Änderungen im Zusammenhang mit der Hilfstaxe. Schon jetzt können GKV-Spitzenverband und Krankenkassen von den Apotheken und den pharmazeutischen Unternehmen Nachweise über Bezugsquellen, verarbeitete Mengen und vereinbarte Preise für Fertigarzneimittel abfragen, die in patientenindividuell hergestellten Zubereitungen verwendet werden. Weil die Abfragen aber uneinheitlich, bürokratisch und zeitverzögert laufen, will das BMG in § 129 Abs. 5c SGB V nachjustieren: Für den Auskunftsanspruch sollen die Kassen demnach dem GKV-Spitzenverband die Institutionskennzeichen der Apotheken sowie die Angabe, ob es sich dabei um eine herstellende Apotheke handelt, übermitteln. Zudem sollen pharmazeutische Unternehmen und Apotheken die erforderlichen Nachweise künftig elektronisch übermitteln und werden zur Teilnahme am elektronischen Auskunftsverfahren verpflichtet.

Grundsätzlich findet der VZA mehr Transparenz gut, aber die sei für alle Partner nötig. Im Hinblick auf die Verhandlung des von den Apotheken gegenüber den Krankenkassen abrechenbaren Wirkstoffpreises müsse daher der GKV-Spitzenverband verpflichtet werden, dem Deutschen Apothekerverband Einsicht in die Abfrageergebnisse zu gewähren. „Ohne diese Transparenz ist eine vertragspartnerschaftliche Verhandlung nicht möglich, weil der DAV die vom GKV-Spitzenverband in den Verhandlungen behaupteten Abfrageergebnisse mangels eines eigenen Auskunftsanspruchs weder nachvollziehen noch überprüfen kann“.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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