Ergänzung der Hilfstaxe

DAV und GKV einigen sich über Details der Biosimilar-Substitution

Berlin - 29.05.2024, 15:30 Uhr

Bei unmittelbar beim Arzt verabreichten Zubereitungen gibt es eine Substitutionspflicht für Biologika. (Foto: Pitchy / AdobeStock)

Bei unmittelbar beim Arzt verabreichten Zubereitungen gibt es eine Substitutionspflicht für Biologika. (Foto: Pitchy / AdobeStock)


Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband haben sich auf eine Ergänzungsvereinbarung zur Hilfstaxe geeinigt. Damit werden mit Wirkung zum 1. Juni Regelungen zur Biosimilar-Substitution in der Apotheke eingeführt. Was ändert sich?

Man ist es schon fast gewohnt, dass sich Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband bei ihren diversen Vertragsverhandlungen nicht einigen können und die Schiedsstelle herangezogen werden muss. Doch bei den Verhandlungen rund um die Anlage 3 Teil 2 der Hilfstaxe (Preisbildung für zytostatikahaltige parenterale Lösungen sowie parenterale Lösungen mit monoklonalen Antikörpern) ist es ihnen nun wieder gelungen, sich zusammenzuraufen. Darüber informieren derzeit die Landesapothekerverbände ihre Mitglieder, ebenso wie der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA). Die Verhandlungen seien nicht einfach gewesen, aber konstruktiv, ist aus dem Kreis der Verhandlungsteilnehmer zu hören.

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Die jetzt vereinbarte 32. Ergänzungsvereinbarung zur Hilfstaxe wird ab dem 1. Juni 2024 gelten. Auslöser der Neuerung war die neue Substitutionspflicht für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel in der Apotheke. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte entsprechend der gesetzlichen Vorgaben neue Hinweise zu einem solchen Austausch in der Arzneimittel-Richtlinie getroffen (§ 40b AM-RL). Anders als früher beabsichtigt, wird die Substitution erst einmal im überschaubaren Rahmen stattfinden: Die Pflicht besteht nur, wenn es sich um eine parenterale Zubereitung aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten handelt.

Rabattvertrag hat Vorrang

Nach diesen Vorgaben gilt zunächst, dass vorrangig ein Präparat mit Rabattvertrag nach § 130a Abs. 8c SGB V abzugeben ist – vorausgesetzt, es ist kein Aut-idem-Kreuz gesetzt. Es muss also ein einheitlicher Rabattvertrag zwischen Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen mit einem pharmazeutischen Unternehmen über ein Fertigarzneimittel geschlossen sein, das von Apotheken in parenteralen Zubereitungen eingesetzt wird. Allgemeine Rabattverträge über Fertigarzneimittel nach § 130a Abs. 8 SGB V sind bei der Herstellung von Parenteralia hingegen nicht verpflichtend zu beachten.

Besteht kein Rabattvertrag nach § 130a Abs. 8c SGB V – und bislang sind solche nicht bekannt –, hat die Apotheke ein verordnetes teureres Arzneimittel durch ein preisgünstiges Arzneimittel zu substituieren. Dieses Arzneimittel, das ein anderes ersetzen soll, muss mindestens über die gleiche(n) Indikation(en) sowie die gleiche Applikationsart wie das verordnete Arzneimittel verfügen. Damit die Apotheke das prüfen kann, müssen Ärztinnen und Ärzte hier konkrete Arzneimittel verordnen und nicht bloß Wirkstoffe.

Neu: feste mg-Preise

Was als „preisgünstiger Austausch“ gilt, haben DAV und GKV-Spitzenverband jetzt konkretisiert. So haben sie einen neuen Anhang 4 zur Anlage 3 Teil 2 der Hilfstaxe vereinbart, in dem für die austauschbaren Wirkstoffgruppen jeweils ein fester Preis je mg, ml oder I.E. festgelegt ist.  Konkret handelt es sich um Bevacizumab, Eculizumab, Infliximab, Rituximab, Tocilizumab und Trastuzumab – also eine überschaubare Zahl von Wirkstoffen. Künftig können es mehr werden, aber das werden die Verhandlungspartner dann wieder miteinander abstimmen müssen.

Mit diesen festen mg-Preisen ist die Forderung des G-BA zur Preisgünstigkeit erfüllt. Es gilt damit: Unabhängig, welches Arzneimittel eingesetzt wird, wird der feste Preis abgerechnet, die Apotheke ist frei, welches genau sie wählt. Die Anlage 4 selbst führt nur die jeweiligen Wirkstoffgruppen und die bezugnehmenden Original-/Referenzarzneimittel auf, nicht hingegen die in der Wirkstoffgruppe enthaltenen Biosimilars und Bioidenticals, die bezugnehmend auf das Referenzarzneimittel zugelassen worden sind. Doch die ABDATA wird dafür sorgen, dass die Apothekensoftware termingerecht mit den passenden Daten gespeist sein wird.

Besondere Fälle besonders berücksichtigt

Es gibt zudem eine Reihe wichtiger Sonderreglungen.

Ist etwa nur ein Fertigarzneimittel aus einer Wirkstoffgruppe nach Anhang 4 verfügbar oder darf nur das verordnete Arzneimittel abgegeben werden (z. B. weil das Aut-idem-Kreuz gesetzt ist), gilt statt des fixen mg-Preises der individuelle bisherige Preis des Arzneimittels mit einem Abschlag nach Anhang 2 für die dort aufgeführten Wirkstoffe.

Entsprechendes gilt im Fall der Nichtverfügbarkeit aller anderen aufgeführten Fertigarzneimittel. Die Nichtverfügbarkeit muss die Apotheke auf Anfrage der Krankenkasse durch zwei Bestätigungen (eine von einer auf onkologische Arzneimittel spezialisierten und eine von einer vollversorgenden Großhandlung) nachweisen.

Der VZA weist in seinem Mitgliederrundschreiben überdies auf Regelungen für Neueinführungen biotechnologisch hergestellter Arzneimittel hin. Ist für deren Wirkstoffgruppe in Anhang 4 bereits ein fester mg-Preis vereinbart, gilt dieser Preis auch für das neue Arzneimittel.

Für Bioidenticals, die neu in den Markt eingeführt werden, gilt ein in Anhang 2 für ein bioidentisches Arzneimittel gegebenenfalls festgelegter Abschlag. Für andere biotechnologisch hergestellte Wirkstoffe bzw. Fertigarzneimittel, die aufgrund einer erstmaligen Markteinführung die Voraussetzungen zur Zuordnung in Anhang 4 erfüllen, fällt bis zum Abschluss einer Vereinbarung zunächst kein Abschlag an – sie unterliegen dem biosimilaren Wettbewerb.

Und was ist bei einer Änderung des Listenpreises?

Weiterhin gibt es eine Regelung, die greift, wenn ein Hersteller seinen Listenpreis für ein nach § 40b AM-RL austauschbares biotechnologisch hergestelltes Fertigarzneimittel über zwei aufeinanderfolgende Meldetermine senkt oder erhöht. Dann wird den Vertragspartnern eine schnelle Anpassung auf Marktveränderungen ermöglicht. Können diese allerdings kein Einvernehmen erzielen, gilt zunächst der vorherige Preis. Dieser ergibt sich auf Basis des vor der Änderung gemeldeten Listenpreises im Preis- und Produktverzeichnis nach § 131 SGB V unter Berücksichtigung des in Anhang 2 genannten Abschlags.

Die Praxis muss nun zeigen, wie sich die neuen Regeln handhaben lassen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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