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Weitere Klage in Vorbereitung
Freie Apothekerschaft hinterfragt Länderliste
In der „Länderliste“ ist festgelegt, aus welchen EU-Staaten Humanarzneimittel nach Deutschland versendet werden dürfen. Sie war für deutsche Apotheken schon immer ein Stein des Anstoßes – vor allem, weil auf ihr die Niederlande zu finden sind. Nachdem die Diskussion um die Liste zuletzt abgeebbt war, wird jetzt die Freie Apothekerschaft aktiv und bereitet eine Klage gegen das Bundesgesundheitsministerium vor.
Seit mehr als 20 Jahren ist der Arzneimittelversandhandel in Deutschland erlaubt. Ebenso lange ist dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) aufgegeben, „in regelmäßigen Abständen“ eine Liste zu veröffentlichen, auf der die EU-Mitgliedstaaten und EWR-Staaten aufgeführt sind, „in denen für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen“ (§ 73 Abs. 1 Satz 3 Arzneimittelgesetz).
Die erste „Länderliste“ wurde im Jahr 2005 bekannt gemacht und startete mit den Niederlanden und Großbritannien. Bis 2011 kamen Island, Schweden und Tschechien hinzu. Teilweise gibt es zu den Ländern Präzisierungen: So besteht die Vergleichbarkeit mit den Niederlanden, „soweit Versandapotheken gleichzeitig eine Präsenzapotheke unterhalten“. Aus Schweden dürfen nur Rx-Arzneimittel versendet werden, aus Tschechien nur OTC.
Stillstand seit Juli 2011
Seit 2011 hat sich an dieser Liste nichts mehr geändert – auch wenn sie immer wieder infrage gestellt wurde. Nach wie vor ist ihre Rechtsnatur nicht ganz geklärt. Vor allem aber weiß niemand so recht, wer ihre Vorgaben wie überwacht. Wer stellt sicher, dass die niederländischen Versender beispielsweise die Temperaturvorgaben einhalten, die für hiesige Apotheken gelten? Zuständig fühlt sich offenbar weder die deutsche noch die niederländische Aufsicht. Der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wollte die Liste im Zuge des Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken schon einmal ersatzlos streichen. Doch dieser Plan ging schon im frühen Stadium wieder unter.
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Nun hat die Freie Apothekerschaft (FA) angekündigt, eine Klage gegen das BMG zu prüfen. Der Verein ist offenbar im Fluss, denn erst kürzlich hat er Klage erhoben, weil das BMG das Fixhonorar seit Jahren nicht überprüft und anpasst. Hier wie dort sieht die FA das Ministerium aber in der Pflicht. So müsse auch die Länderliste geprüft werden – zumal die FA überzeugt ist, dass das niederländische Recht in puncto Versandapotheken nicht den deutschen Sicherheitsanforderungen genüge.
Von der Rechtsanwaltskanzlei Brock Müller Ziegenbein hat der Verein jetzt eine „Gutacherliche Kurzstellungnahme“ zur Thematik erstellen lassen, die genau zu diesem Fazit kommt. Argumentativ stützen sich die Juristen Fiete Kalscheuer und Nicolas Harding nicht zuletzt auf eine „Ausarbeitung“ der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2020. Sie stellen unter anderem fest, dass es keine speziellen niederländischen Regelungen zur Qualitätssicherung beim Arzneimittelversand gibt. „Vielmehr vertraut der niederländische Gesetzgeber auf eine freiwillige Selbstkontrolle, die dem deutschen Arzneimittel- und Apothekenrecht wesensfremd ist“. Wegen des fehlenden Fremdbesitzverbotes könnten sich in den Niederlanden überdies große Apothekenketten in Form von Kapitalgesellschaften bilden.
Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz
Problematisch sei insbesondere, dass die deutschen Behörden die Vereinbarkeit des niederländischen mit dem deutschen Arzneimittelrecht wegen der „Länderliste“ gar nicht erst überprüfen – gerichtlich anerkannt ist nämlich deren „positive Bindungswirkung“. Aber nach 13 Jahren ohne Aktualisierung hegen die beiden Rechtsanwälte große Zweifel an der Liste. Sie sind überzeugt: „Deutsche Apotheken werden durch die Aufführung der Niederlande in der ‚Länderliste‘ in erheblicher Weise schlechter gestellt. Dies geht mit einem Eingriff in ihre Wettbewerbsfreiheit und einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz einher“.
Ausländische Versender bevorzugt?
Daniela Hänel, 1. Vorsitzende der FA, erklärt in einer Pressemitteilung vom vergangenen Freitag: „Schon als juristische Laien fällt uns auf, dass es zwischen den Ländern deutliche Unterschiede im Apothekenwesen gibt. Die Zulassung zum Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach Deutschland z. B. aus den Niederlanden hat zudem mittlerweile Ausmaße angenommen, dass man den Eindruck gewinnen muss, die hiesigen Apotheken würden bewusst aufs Heftigste diskriminiert. Nicht nur jüngst bei den technischen Möglichkeiten des E-Rezepts über das sogenannte CardLink-Verfahren hat es den Anschein, dass das Bundesgesundheitsministerium ausländische Versender bevorzugt.“
Erst einmal hat die FA nun über ihre Anwälte beim BMG einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (§ 1 Abs. 1 Satz 1 IFG) gestellt. Sie will unter anderem wissen, welche Rechtsnatur die Länderliste besitzt und ob niederländische Großversandapotheken in kapitalgesellschaftsrechtlicher Organisation durch niederländische Behörden überwacht werden. Zudem fragt sie nach, auf welche Weise überprüft wird, ob die Länder dieser Liste das Arzneimittel- und Apothekenrecht einhalten.
Eine Antwort steht noch aus. Der Antrag – gestellt am 8. Mai 2024 – muss grundsätzlich aber innerhalb eines Monats beantwortet werden. Hänel: „Wir werden die Antwort des Ministeriums abwarten. Im Augenblick geht der Vorstand allerdings davon aus, dass wir auch in diesem Fall eine Feststellungsklage auf den Weg bringen werden.“
2 Kommentare
OHA!
von Christina D am 27.05.2024 um 10:15 Uhr
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Klage der FA
von Wolfgang Steffan am 14.05.2024 um 9:04 Uhr
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