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Retaxunsicherheit bei Entlassrezepten
Privatliquidation bei unheilbaren Formfehlern empfohlen
Entlassrezepte sollen die Versorgung erleichtern. Stattdessen schafft die spezielle Bürokratie zusätzliche Hürden. Widersprüchliche Regelungen zwischen den Beteiligten haben dies so zugespitzt, dass der Deutsche Apothekerverband bei unheilbaren Formfehlern die Privatliquidation empfiehlt.
Die Apotheken sind bei Entlassrezepten Kummer gewohnt. Die speziellen Regeln zur Ausstellung dieser Rezepte sind eine naheliegende Ursache für Formfehler. Im vorigen Jahr wurde alles noch schlimmer – durch neue Vereinbarungen, die nicht für alle Beteiligten gelten.
Widersprüchliche Vereinbarungen
Der Apothekerverband Schleswig-Holstein hatte kurz vor dem Jahreswechsel in einem Rundschreiben die Situation zusammengefasst. Demnach hatten der GKV-Spitzenverband, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in der 10. Änderungsvereinbarung zu den „Rezepten im Entlassmanagement“ beschlossen, dass die Betriebsstättennummer für Krankenhäuser mit „77“ und für Reha-Einrichtungen mit „75“ beginnt.
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte diese Änderungsvereinbarung jedoch im Frühjahr 2023 nach einem einstimmigen Votum der Mitgliedsverbände abgelehnt – wohl wegen anderer Inhalte der Vereinbarung. Der Apothekerverband Schleswig-Holstein folgert, dass durch die Ablehnung der Neufassung der Anlage 8 zum Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V die bisherigen Regelungen weiter Anwendung finden. Diese würden sich oftmals auf frühere Fassungen des Rahmenvertrags zum Entlassmanagement nach § 39 Abs. 1a SGB V beziehen. Eine gesonderte Kündigung der Anlage 8 sei nicht möglich.
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Weiter heißt es, der GKV-Spitzenverband, die KBV und die DKG hätten nun im Rahmenvertrag nach § 39 Abs. 1a SGB V vereinbart, welche neuen Kriterien Entlassverordnungen erfüllen müssen, um als ordnungsgemäß ausgestellt zu gelten. Erfahrungsgemäß sei damit zu rechnen, dass Krankenhausärzte „weiterhin und sehr zahlreich“ Entlassverordnungen ausstellen würden, die diesen von der DKG mitunterzeichneten Formvorgaben nicht in vollem Umfang entsprechen.
Bei Standortkennzeichen „77“ sehr hohes Retaxrisiko
Daraufhin empfiehlt der Apothekerverband Schleswig-Holstein: „Für den Fall, dass Sie ab dem 1. Januar 2024 Entlassrezepte erhalten, die in der Codierzeile sowie im Personalienfeld ein Standortkennzeichen beginnend mit der ‚77‘ enthalten, müssen diese Rezepte leider privatliquidiert werden.“ Denn die für Apotheken verbindliche Anlage 8 sehe diese Kennzeichnung nicht vor. Sie seien daher nicht abrechnungsfähig.
Weiter heißt es, auch Verordnungen, die anderweitig nicht heilbar seien und eine Änderung durch den Arzt vorsehen würden, könnten und sollten privatliquidiert werden. Bei Entlassrezepten mit dem genannten Standortkennzeichen werde das Retaxrisiko solange als sehr hoch eingeschätzt, bis sich die Krankenkassen verpflichten, auf solche Retaxationen zu verzichten. Im Rundschreiben erklärt der Verband weiter, die knappen personellen Ressourcen der Apotheken dürften nicht länger damit beansprucht werden, ohne Honorierung die Einhaltung krankenhausärztlicher Verpflichtungen anhand komplexer Regelwerke zu prüfen – und das „immer verbunden mit dem Damoklesschwert der Retaxation“.
DAV weiter in Gesprächen
In dieser Woche erklärte der DAV auf Anfrage der DAZ, dass sich in den vorigen Wochen keine neuen Entscheidungen zu Entlassrezepten ergeben hätten. Der DAV stehe weiter in Gesprächen mit dem GKV-Spitzenverband, könne aber wegen der Vertraulichkeit keine Details dazu benennen. Zu den Zielen erklärt der DAV-Vorsitzende Dr. Hans-Peter Hubmann: „Wir fordern die Krankenkassen auf, bei fehlerhaft ausgestellten Rezepten keine Beanstandungen und Rechnungskürzungen gegenüber Apotheken auszusprechen.“
Außerdem fordere der DAV die Krankenhäuser auf, die Regelungen umsetzen, die sie selbst verhandelt hätten. Zum Vorgehen in den Apotheken erklärt Hubmann: „Der Deutsche Apothekerverband muss derzeit den Apotheken leider weiterhin empfehlen, die Entlassrezepte bei unheilbaren Formfehlern als Privatrezepte mit ihren Patientinnen und Patienten abzurechnen.“
Doch lieber Rezept vom Hausarzt?!
In der Praxis erweist sich eine solche Privatliquidation allerdings erfahrungsgemäß oft als kaum umsetzbar. Einfacher als die Suche nach dem ausstellenden Krankenhausarzt und die Korrektur im Krankenhaus dürfte vielfach die Ausstellung eines neuen Rezeptes durch den Hausarzt sein. Doch dies sollte durch das Entlassmanagement gerade vermieden werden.
6 Kommentare
Hausarzt
von C. Rühlemann am 15.01.2024 um 15:14 Uhr
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Fassungslos, wie patientenfeindlich...
von Henning Kruse am 15.01.2024 um 10:52 Uhr
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Standortkennzeichen 77....
von Michael Hahn am 13.01.2024 um 11:03 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Standortkennzeichen 77
von Dr. Thomas Müller-Bohn am 15.01.2024 um 18:25 Uhr
Zwei Ziffern
von Ein trauriger Bürger am 13.01.2024 um 6:19 Uhr
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Entlassrezepte nur privat - ...
von Alfons Neumann am 13.01.2024 um 2:24 Uhr
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