Kritik der ABDA-Mitgliedsorganisationen

„Patientenfeindliche Scheinreform“ und „Apothekenzerstörungsprogramm“

Berlin - 22.12.2023, 17:30 Uhr

Verbände der Apotheker und PTA lehnen die Eckpunkte zur Apothekenreform ab (Foto: imago-images / Bernd Günther)

Verbände der Apotheker und PTA lehnen die Eckpunkte zur Apothekenreform ab (Foto: imago-images / Bernd Günther)


Die Reaktionen der Apothekerverbände und -kammern auf die vorgestellten Eckpunkte zur Apothekenreform fallen einhellig aus: Die Pläne Lauterbachs werden die Lage der Apotheken weiter verschlechtern. Rückendeckung bekommen die Apotheker:innen vom Bundesverband der PTA und der bayerischen Gesundheitsministerin.

Die am vergangenen Mittwoch vom Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bekannt gegebenen „Eckpunkte“ zur Apothekenreform stoßen auf scharfe Kritik der Apothekerschaft und der PTA. Seitens der ABDA-Mitgliedsorganisationen ist man sich einig, dass die Pläne Lauterbachs eher zu weiteren Verschlechterungen hinsichtlich Patientenversorgung und Honorierung führen werden. Neben den Verbänden aus Niedersachsen, Hessen und Thüringen meldet sich auch die Apothekerkammer des Saarlandes zu Wort.

„Griff in die sozialistische Mottenkiste“

Das sei keine Strukturreform, sondern ein „Apothekenzerstörungsprogramm“, kommentierte Manfred Saar, Präsident der saarländischen Apothekerkammer. Die Pläne zur Förderung von Zweigapotheken insbesondere in ländlichen Regionen führen zu einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft“, bei der Menschen auf dem Land nicht dasselbe Leistungsangebot bekommen würden: „Im Ergebnis schaffen wir profane Arzneimittelabgabestellen, wie sie bereits in den letzten Tagen der DDR bestanden. Dass daneben in den nunmehr favorisierten Zweigapotheken ohne Anwesenheitspflicht eines Apothekers keine Betäubungsmittel mehr abgegeben werden können, spricht Bände.“ Die Umverteilungspläne Lauterbachs zur angeblichen Förderung der schwächeren Apotheken bezeichnet Saar als „Griff in die sozialistische Mottenkiste“. Die vorgesehenen Änderungen bei Honorierung und Fixbetrag liefen auf ein „Nullsummenspiel“ hinaus.

„Patientenfeindliche Scheinreform“

Holger Seyfarth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes, sieht das ähnlich. Er spricht von einer „patientenfeindlichen Scheinreform“ und kritisiert vor allem die Vorhaben zur Schaffung von Apotheken mit eingeschränktem Leistungsangebot. Nach Seyfarths Auffassung sei es problematisch, dass in diesen „Pseudo-Apotheken“ keine Betäubungsmittel abgegeben werden dürfen, weil dadurch Patient:innen nicht angemessen vor Ort versorgt werden können. Seyfarth verweist auf erste Berechnungen, die für die Apotheken einen weiteren Verlust von insgesamt 170 Millionen Euro voraussagen. Allein durch die Reduzierung des prozentualen Aufschlags würden jeder Apotheke im Schnitt jährliche Ertragseinbußen von 30.000 Euro bevorstehen.

Die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) seien eine „Missachtung des gesamten Berufsstandes“, sagt Berend Groeneveld, Vorstandsvorsitzender des Landesapothekerverbandes Niedersachsen. Geld könne nicht umverteilt werden, wenn keines vorhanden sei. Die Pläne zur Abgabe von Arzneimitteln ohne Apotheker nennt er „haarsträubend“.

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Dass die vorgestellten Eckpunkte den Wert der Apotheken im Gesundheitswesen erneut nicht anerkennen, musste auch der Vorsitzende des Thüringer Apothekerverbandes Stefan Fink feststellen. Die geplante Erhöhung der Notdienstpauschale sieht er als „Feigenblatt“ einer apotheken- und patientengefährdenden Politik. Durch die Pläne zur Umverteilung würden die Apotheken nur noch weiter von der allgemeinen Preisentwicklung abgekoppelt werden. Fink verweist auf Zahlen der Treuhand Steuerberatungsgesellschaft: Demzufolge schreiben 11 Prozent der Apotheken rote Zahlen.

Freie Apothekerschaft kritisiert ABDA-Führung

Auch die Freie Apothekerschaft meldete sich zu Wort. Die Vorsitzende Daniela Hänel spricht von „Taschenspielertricks“. Sie beklagt insbesondere die Kürzung der Vorfinanzierung des Warenlagers und erwartet keine finanzielle Entlastung durch die Reformpläne. Deutliche Kritik äußerte Hänel auch in Richtung der ABDA-Führung: „Ab sofort dürfen Gespräche zum Honorar/Festzuschlag nur noch durch professionelle Verhandlungsführer erfolgen, um derart massive Entscheidungen des Gesundheitsministers zu verhindern, denn die Berufsvertretung scheint dazu offensichtlich nicht in der Lage zu sein. Im Fußball würde bei so vielen Niederlagen der Trainer ausgetauscht!“

PTA wollen sich nicht „verheizen“ lassen

Rückendeckung bei ihrer Abwehrhaltung gegen die Eckpunkte zur Apothekenreform bekamen die Apotheker:innen auch vom Bundesverband der PTA: „Wir sind keine Apotheker und wir lassen uns nicht gegen unsere approbierten Kolleginnen und Kollegen ausspielen. Für „Apotheke light“ und „Filialleitung light“ stehen wir nicht zur Verfügung!“ Lauterbach traue dem Berufsstand zu, „die Kuh vom Eis zu holen“, verweigere aber ein direktes Gespräch. Der BVPTA zeigte sich bereit mehr Verantwortung bei der Patient:innenversorgung zu übernehmen, unter welchen Voraussetzungen das jedoch umgesetzt werden kann, sei völlig ungeklärt. Die PTA beklagen zu geringe Gehälter. Das Fazit zu Lauterbachs Reformplänen fiel also auch hier deutlich aus: „Und für dieses Gehalt sollen wir Schrumpfapotheken leiten? Nicht mit uns. Wir lassen uns nicht verheizen.“

Gerlach unterstützt Kritik der Verbände

Auch Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach stellt sich weiterhin hinter die Forderungen der Apotheker und kritisiert die vorgestellten Reformpläne. Sie versteht weiterhin den Unmut der Apotheker:innen. Zwar sei zu begrüßen, dass die Möglichkeit investorengeführter Apothekenketten vom Tisch ist, jedoch würde das Vorhaben zur Schaffung von Apotheken mit eingeschränktem Leistungsangebot die Patientenversorgung gefährden. Sie sieht zudem keinerlei Verbesserungsaussichten hinsichtlich der Finanzierungsprobleme: „Eine angemessene Honorierung der Apothekerinnen und Apotheker mit einem Ausgleich der massiv gestiegenen Kosten ist nicht in Sicht, stattdessen werden vorhandene Mittel lediglich umverteilt. Darüber hinaus wird eine bloße Umverteilung keinesfalls ausreichend sein.“


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Alles gut geplant - Apothekensterben ist kein Problem für Karl sondern Ziel !

von ratatosk am 27.12.2023 um 16:59 Uhr

Um seine Gönner zufriedenzustellen passt das schon. Die problematischen Arzneimittel wie BTM bei den letzten richtigen Apotheken, alles was schnell gehen kann zu den Versendern.
Deshalb diese Pläne von Karl und Bfarm.
Die Versorgung mit allem ist kein Anliegen von Karl.

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