Millionenschaden für Krankenkassen

Betrug und Korruption im Gesundheitswesen

Stuttgart - 28.03.2023, 14:30 Uhr

Die hohen Millionenbeträge, die den Krankenkassen durch Betrug „abhandenkommen“, fehlen der Solidargemeinschaft. (Foto: Stockfotos-MG/AdobeStock).

Die hohen Millionenbeträge, die den Krankenkassen durch Betrug „abhandenkommen“, fehlen der Solidargemeinschaft. (Foto: Stockfotos-MG/AdobeStock).


Durch Fehlverhalten im Gesundheitssektor kommt es jedes Jahr zu Schäden in Millionenhöhe, die in circa der Hälfte der Fälle nicht zurückgefordert werden können. Der GKV-Spitzenverband hat nun seinen Fehlverhaltensbericht für 2020/2021 veröffentlicht. Trotz pandemiebedingt gesunkener Fallzahlen wurden Schäden im dreistelligen Millionenbereich erfasst. Auch im Apothekensektor wurde Betrug aufgespürt.

Der Vorstand des GKV-Spitzenverbandes hat seinen Bericht über die „Arbeit und Ergebnisse der Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ veröffentlicht, der die Zahlen der Krankenkassen zur rechtswidrigen Nutzung von Finanzmitteln im Gesundheitsbereich für 2020/2021 zusammenfasst und bewertet. 17 Prozent weniger Neufälle von Betrug und anderem Fehlverhalten wurden für den Berichtszeitraum verzeichnet und 6,5 Prozent weniger Fehlverhaltenshinweise sind eingegangen.

Grundsätzlich sind alle Leistungsbereiche der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung betroffen – etwa durch die Abrechnung nicht erbrachter oder nicht mit vertragsgemäßer Qualifikation erbrachter Leistungen, unzulässige Zusammenarbeit oder Urkundenfälschung. Sowohl die höchsten Forderungen (14,96 Millionen Euro), als auch die höchsten Schäden (29,60 Millionen Euro) sind bei der häuslichen Pflege entstanden.

Fast 27 Millionen Euro Schaden im Arzneimittelbereich

Bei den Arznei- und Verbandmitteln ist ein Schaden von etwa 26,86 Millionen Euro entstanden, wohingegen ungefähr 9,67 Millionen Euro zurückerlangt werden konnten. In den Leistungsbereichen Heilmittel und Hilfsmittel sind Schäden von 8,57 beziehungsweise 6,77 Millionen Euro erfasst worden, von denen 6,81 und 3,44 Millionen Euro zurückgefordert werden konnten. Im Bereich Apotheke wurden 521 nachgewiesene Fälle bestätigt, 1478 Verdachtsfälle wurden abgeschlossen, ohne dass ein Tatbestand erhärtet werden konnte. Insgesamt wurden 3256 Bestandsfälle bei Apotheken bearbeitet und Hinweisen nachgegangen (bzw. 2690 bereinigte Fälle bei der GKV-Gesamtsicht).

Durch die Corona-Pandemie wurden beispielsweise die Qualitäts- und Abrechnungsprüfung des medizinischen Dienstes ausgesetzt und die Verfahrensdauer für Bestandsfälle und die Ermittlung von Neufällen verzögerten sich. Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, erklärte in einer Pressemitteilung, dass die Dunkelziffer gerade im Berichtszeitraum 2020/2021 als groß einzuschätzen sei. Insgesamt seien 132 Millionen Euro Schaden durch Abrechnungsbetrug, Korruption und dergleichen entstanden. Davon konnte nur weniger als die Hälfte erfolgreich zurückgeholt werden. Die hohen Millionenbeträge fehlen der Solidargemeinschaft bei der Versorgung der Versicherten, stellte Kiefer fest.

Unabhängige Studie gefordert

Im Bericht wird gefordert, eine unabhängig geförderte kriminologische Studie zum Dunkelfeld von Abrechnungsbetrug und Korruption im Gesundheitswesen in Auftrag zu geben, wie es bei der Justizministerkonferenz im letzten Jahr einstimmig beschlossen wurde. Internationale Untersuchungen haben ergeben, dass monetäre Dunkelfeldschäden durch Abrechnungsbetrug und Korruption zwischen 5 und 10 Prozent der Gesamtausgaben im Gesundheitswesen betragen könnten. Das wäre in der Bundesrepublik Deutschland ein zweistelliger Milliardenbetrag, wie es im Fehlverhaltensbericht heißt.


Juliane Russ, Volontärin DAZ
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Abrechnungsbetrug

von Dorf-Apothekerin am 28.03.2023 um 21:05 Uhr

Wenn man die Leistungen gegenrechnen würde, die unentgeltlich in der Pflege und im Arzneimittelbereich erbracht werden, würde sich für die Kassen ein großes Plus ergeben.
Es bleibt strittig, was wirklich kriminell ist und wo man versucht hat erbrachte und nicht vergütete Leistungen auf dem 'kleinen Dienstweg' erstattet zu bekommen.

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Fehl-Verhalten im Gesundheitswesen

von Dorf-Apothekerin am 28.03.2023 um 20:52 Uhr

Das Fehlverhalten betrifft ja wohl auch die Kassen selber, wenn Mitarbieter gezwungen werden unnötige Brustvergrößerungen und -Verkleinerungen bei Flüchtlingen zu genehmigen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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