Zwei Digitalisierungsgesetze in Arbeit

Das sind Lauterbachs Digitalisierungspläne

Berlin - 06.03.2023, 15:15 Uhr

Karl Lauterbach bei seiner Ankunft auf Schloss Meseberg. (Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen)

Karl Lauterbach bei seiner Ankunft auf Schloss Meseberg. (Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen)


Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will jetzt bei der Digitalisierung Tempo machen. Die bislang bestehenden Hürden zur Nutzung der elektronischen Patientenakte und zum E-Rezept sollen abgebaut und die bislang in den „Silos“ der einzelnen Gesundheitsbereiche gesammelten Daten zusammengeführt und für die Forschung nutzbar gemacht werden. 

Gleich zwei große Digitalisierungsgesetze will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) jetzt aufgleisen: Bei einem steht die beschleunigte Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) und des E-Rezepts im Mittelpunkt. Das andere soll Daten, die bislang in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens isoliert gesammelt werden, zusammenführen und nutzbar machen – das sogenannte Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Beide Vorhaben sind bereits im Koalitionsvertrag der Ampel angelegt. Aus dem Bundesgesundheitsministerium heißt es, man arbeite schon seit Monaten an den Entwürfen für die Gesetze. Am heutigen Montag wollte Lauterbach die Pläne im Rahmen der Klausurtagung in Meseberg seinen Kabinettskolleg:innen vorstellen.

Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) hat der Minister schon einmal angekündigt, worum es im Wesentlichen gehen wird – und eine zeitliche Ansage gemacht: „Ende kommenden Jahres wird die elektronische Patientenakte für alle verbindlich.“ Die Patienten würden damit endlich Herr ihrer Daten und bekämen eine geordnete Übersicht über Arztbriefe, Befunde, Medikamente.

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Eigentlich müssen die Krankenkassen die ePA ihren Versicherten schon seit Januar 2021 anbieten – doch bekanntlich ist das Projekt noch lange nicht in der Realität angekommen. Mit dem E-Rezept sieht es kaum besser aus. Lauterbach erklärt: „Das deutsche Problem mit der Digitalisierung ist: Wir machen viele Dinge zu kompliziert. Das will ich vermeiden.“ Damit es nun endlich schneller geht, setzt der Minister bei der ePA auf die Opt-Out-Lösung: „Jeder, der nicht ausdrücklich widerspricht, ist automatisch mit dabei.“ Dann haben jedenfalls die Leistungserbringer schon einmal Einblick in Befunde, Arzneimittelverordnungen etc. Wer auch als Patient:in Zugang zur eigenen ePA haben will, muss allerdings nochmals aktiv werden. Zwingend ist dieser Zugang nicht, aber er kann durchaus sinnvoll sein – dann kann man sich etwa an Impfungen erinnern lassen oder über einen „Medical Messanger“ sicher mit dem Arzt oder der Ärztin kommunizieren. Und Lauterbach verspricht: Wer die Akte für sich selbst freischalten will, soll nur einmal einen Identifikationsprozess durchlaufen müssen. Ist dies geschehen, stehen auch das E-Rezept und andere digitale Ge­sundheitsanwendungen offen. „Das macht das System schon mal viel übersichtlicher“, sagt Lauterbach.

Der Bundesgesundheitsminister will bei der ePA auch nicht warten, bis es für alle Befunde eine standardisierte Datenstruktur gibt. „Für den Anfang wird es möglich sein, ganz einfach PDF- oder Word-Da­teien einzuspeisen. Bereits das ist schon ein riesiger Fortschritt“, sagt er. Und bei den Arzneimitteln werde es von Anfang an systematisierte Einträge geben, damit Ärzte und Apotheker einen schnellen Überblick haben und auf das elektronische Rezept zugreifen können.

ePA-Nutzung muss einfacher werden

Vom Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber will sich Lauterbach offensichtlich ebenfalls nicht stoppen lassen – auch wenn dieser bereits Bedenken gegen den Opt-Out-Weg angemeldet hat. Man sei in regelmäßigem Austausch, betont der Minister. Und weiter: „Herr Kelber weiß, dass wir Patientendaten schützen, aber gleichzeitig die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen wollen. Aber das geht nicht über Systeme, in denen der Zugang zur elektronischen Patientenakte so kompliziert ist, dass er nie begangen wird“. Anderenfalls würden Befunde weiter per E-Mail, Fax oder Post verschickt – und das sei viel un­sicherer. „Ich möchte, dass jeder eine Patientenakte bekommt und jeder die Chance erhält, sie auch zu nutzen, ohne vorher zum IT-Experten zu werden“, so Lauterbach.

Datenschutzrechtliche Hürden sind auch beim geplanten Gesundheitsdatennutzungsgesetz zu überwinden. Hier sollen schließlich hochsensible Daten unter anderem der Forschung, auch Arzneimittelherstellern, zur Verfügung gestellt werden. Doch Lauterbach ist offensichtlich auch hier zuversichtlich. Den Hintergrund des Vorhabens erklärt er der FAS wie folgt: „Wir haben schon jetzt eine Menge Daten, die aber in getrennten Silos liegen und nicht miteinander verknüpft werden können: in den Krankenhäusern, bei den Krankenkassen, dem Krebsregister, in Genom-Datenbanken, künftig aus der digitalen Patientenakte. Der Grund­gedanke ist, dass diese Daten in pseudonymisierter Form für Forschungszwecke kombiniert werden können“. Weil das bisher nicht möglich sei, falle Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern zu­rück. Das sei auch der Grund, warum Biontech für die Studien Deutschland verlassen habe. „Wenn wir da nicht wirklich etwas bewegen, spielen wir in der pharmazeutischen Forschung bald keine Rolle mehr“, so der Minister.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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