Arzneimittelwerbung

Engpassgesetz soll auch für gleichberechtigten Pflichttext sorgen

Stuttgart - 14.02.2023, 17:45 Uhr

Arzneimittelwerbung für Endkunden unterliegt strengen Regeln, der Pflichttext soll jetzt angepasst werden. (Foto: IMAGO / MiS)

Arzneimittelwerbung für Endkunden unterliegt strengen Regeln, der Pflichttext soll jetzt angepasst werden. (Foto: IMAGO / MiS)


Das „Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz“, dessen Entwurf seit dem heutigen Dienstag bekannt ist, soll das Management der derzeitigen Lieferengpässe erleichtern, vor allem aber künftigen Engpässen vorbeugen. Außerdem soll es sicherstellen, dass beim Pflichttext bei Arzneimittelwerbungen künftig Geschlechtergerechtigkeit herrscht. 

Das Gesundheitswesen ist weiblich. In Apotheken arbeiten überwiegend Frauen und auch in der Ärzteschaft haben sie mittlerweile die Mehrheit. Sprich: Die Wahrscheinlichkeit, auf eine Apothekerin oder eine Ärztin zu treffen, ist deutlich höher als die, es mit einem männlichen Kollegen zu tun zu haben. Der Pflichttext in der Arzneimittelwerbung außerhalb der Fachkreise – „zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker“, den das Heilmittelwerbegesetz vorgibt, spiegelt das aber nicht wider.

Noch nicht. Denn im heute vorgelegten Entwurf für ein „Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz“, ist neben zahlreichen anderen Gesetzesänderungen im Kontext mit Lieferengpässen auch eine Änderung des Heilmittelwerbegesetzes vorgesehen. Dort heißt es:


„In § 4 Absatz 3 Satz 1 des Heilmittelwerbegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3068), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Juli 2022 (BGBl. I S. 1082) geändert worden ist, werden die Wörter „und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ durch die Wörter „und fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt oder fragen Sie in Ihrer Apotheke“ ersetzt.“ 

Referentenentwurf Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen und Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln


Somit sollen also künftig bei Risiken und Nebenwirkungen die Ansprechpartner nicht mehr nur Arzt und Apotheker sein, sondern Ärztin, Arzt und das ganze Apothekenteam.

Auch ABDA für genderkonformen Pflichttext

Der Änderungsvorschlag kommt nicht aus dem Nichts. Bereits Ende vergangenen Jahres hatte ein Bündnis aus Gesundheitsverbänden, darunter die ABDA, sich dafür eingesetzt, den Pflichttext zu ändern. Der bisherige passe nicht mehr zur Realität in den Praxen und Apotheken, denn dort arbeiten viele Frauen, begründeten sie dieses Ansinnen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach reagiert damals zustimmend auf den Vorstoß der Verbände für genderkonforme Formulierungen des Pflichttextes. „Ich wäre sehr dafür, wenn Ärztinnen ausdrücklich genannt würden. Es entspricht der Realität der Versorgung“, sagte der SPD-Politiker der „Bild“.

Und auch die Tatsache, dass die geplante Änderung mit dem eigentlichen Ansinnen des geplanten Gesetzes –  Bekämpfung von Lieferengpässen und Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln – inhaltlich nichts zu tun hat, ist nicht ungewöhnliches. Man spricht in solchen Fällen von einem Omnibus. Nach demselben Verfahren wurde beispielsweise das künftige Schicksal der COVID-19-Impfungen geregelt, die mit dem ebenfalls sachfremden Gaspreisbremsegesetz in die Regelversorgung überführt wurden.

Davon, dass die geplante Änderung des Heilmittelwerbegesetzes schuld ist, dass die Fachwelt so lange auf das Engpassgesetz warten musste, ist wohl nicht auszugehen.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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6 Kommentare

T O L L !

von Apotex am 15.02.2023 um 15:28 Uhr

Na super,
gegen Gendern und alte/neue Realitäten abzubilden ist nichts einzuwenden.
Wenn allerdings die ABDA in einem Satz den jeder Normalbürger zitieren kann das Ansehen und die Kompetenzen des/der Apotheker(s)/innen bis zur Unkenntlichkeit schleift ist das schädlich und schändlich für unseren Berufsstand.
Ab sofort sind wir also "Arzneimittelverkäufer/innen".
Na T O L L !

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Das liegt daran..

von Dr. House am 15.02.2023 um 11:30 Uhr

....dass der Pflichttext ursprünglich mal von Erwachsenen verfasst wurde und nicht von einer hyperempfindlichen infantilen Dekadenzcommunity

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GEGENDERE USW

von Dr.Diefenbach am 15.02.2023 um 8:40 Uhr

So ein Schwachsinn!!Der Laden BRD hat wirklich echte Sorgen.....

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…oder fragen Sie in der Apotheke

von Holger Rummel am 14.02.2023 um 20:05 Uhr

Wen frage ich denn in der Apotheke? Die Putzfrau,die PKA,die Praktikantin oder den Kunden vor mir ? So spiegelt sich die Wertschätzung des Berufstandes. Dieser läuft gegen Null.

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Das ist nicht Gendern; das ist Buckeln vor der Ärzteschaft

von Michael Reinhold am 14.02.2023 um 19:54 Uhr

Die ABDA hat es jetzt wirklich geschafft, dass zukünftig abends im Werbefernsehen eine katastriophale Außenwirkung an die Patienten gesendet wird.
Ärztin und Arzt werden als Fachpersonen bei Fragen zu Arzneimitteln ausdrücklich genannt (sogar doppelt). Apothekerinnen und Apotheker werden als Fachpersonen nicht mehr genannt - genannt wird jetzt nur noch die Institution Apotheke (also das Gebäude bzw. das Geschäft).

Das ist nicht Gendern. Das ist ein völlig unnötiges Buckeln der Apothekerschaft vor der Ärzteschaft. Man suggeriert, dass alleine die Ärzteschaft der Ansprechpartner bei Fragen zu Arzneimitteln wäre.
Die ABDA hat durch ihr Abnicken dieser Formulierung allen in der Apotheke beschäftigten Frauen einen riesigen Bärendienst erwiesen.

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Ja, Geilomat...

von :IN am 14.02.2023 um 17:59 Uhr

... dann fehlen bald die Medikamente, weil der/die Beipackzettel neugedruckt und gepackt werden muss/müssen?! Die betroffenen nicht-gendergerechten Packungen können dann in Quarantäne oder werden verbrannt?! Toll. Das wird ein Fest! Ein ENDfest.

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