Cannabis-Rückblick

Das Jahr der Legalisierung

Berlin - 03.01.2025, 17:50 Uhr

(Foto: IMAGO/Westend61)

(Foto: IMAGO/Westend61)


Das Jahr 2024 wird auch als Jahr der Cannabis-Legalisierung in die Geschichte eingehen. Für Konsument*innen, aber auch für die Apotheken hat sich einiges verändert. Eines der Hauptziele – die Austrocknung des Schwarzmarktes und der organisierten Kriminalität – konnte bisher nicht erreicht werden. 

Am 1. April 2024 ist das vom Bundesgesundheitsministerium auf den Weg gebrachte Konsumcannabisgesetz (KcanG) in Kraft getreten. Damit ist der Besitz von bis zu 50 g Cannabis-Blüten legal. Zudem dürfen Privatpersonen bis zu drei weibliche Pflanzen züchten und ernten. Im August wurde dann der THC-Grenzwert im Straßenverkehr angepasst. Fahrer*innen mit einem THC-Wert unter 3,5 ng/ml Blutserum müssen keine Sanktionen befürchten.

Erleichterte Cannabis-Abgabe in Apotheken

Auch für die Apotheken änderte sich durch die Teillegalisierung von Cannabis einiges. Zunächst fiel am 1. April der BtM-Status für Cannabis-Blüten und Dronabinol weg. Dadurch entfielen auch Dokumentationspflichten für Apotheken – ebenso wie der BtM-Zuschlag. Im Juli war auch der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei ärztlich verschriebenem Medizinalcannabis für viele Facharztgruppen weggefallen.

Ansturm auf Privatrezepte

In Folge der Teillegalisierung und der vereinfachten Abgabe von Medizinalcannabis kam es zu einem Ansturm der Cannabis-Privatrezepte, größtenteils ausgestellt über dubiose Online-Plattformen. Dort können Patient*innen gegen Gebühr ein Cannabis-Privatrezept erhalten – und das für ein sehr breites Spektrum an Erkrankungen, bis hin zu COPD. 

Infolge der verstärkten Nachfrage nach Medizinal-Cannabis wurde beschlossen, die Produktionskapazitäten in den drei deutschen Produktionsstandorten auszuweiten. Zudem stieg seit dem 1. April die Nachfrage und der Import von medizinischem Cannabis – insbesondere von Blüten – massiv an. Im August meldete das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einen Anstieg der Importe von Cannabis-Blüten um 40 Prozent nach dem ersten Quartal 2024. Vor allem der Anstieg bei Selbstzahlern war für die gestiegene Nachfrage verantwortlich. 

Daraufhin wurden auch Stimmen aus der Politik laut, den Bezug über Rezept-Plattformen zu erschweren. Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) kündigte an, rechtliche Schritte dagegen prüfen zu lassen. Der Medizinische Dienst Westfalen-Lippe forderte im September, die Abgabe von Medizinalcannabis auf Extrakte zu beschränken, um dem Missbrauch vor allem von Cannabis-Blüten zu Genusszwecken einen Riegel vorzuschieben.

Cannabis-Social-Clubs

Seit dem 1. Juli dürfen Cannabis Anbauvereinigungen für jeweils bis zu 500 Mitglieder legal Cannabis anbauen. Jedoch hängen die bürokratischen Hürden für die Zulassung hoch. Im niedersächsischen Ganderkeese konnte Anfang November bereits die erste Ernte durch eine Anbauvereinigung abgegeben werden. Ende November wurden in Baden-Württemberg die ersten Genehmigungen für zwei Cannabis Social Clubs erteilt. In Bayern gab es erst Mitte Dezember eine erste Anbau-Erlaubnis. Andere Clubs haben bereits aufgegeben. Grund sind die hohen administrativen Hürden, sowie datenschutzrechtliche Bedenken der Cannabis-Nutzer*innen.

Keine Eindämmung der Kriminalität

Im Oktober zogen die Kritiker*innen der Reform ein erstes Fazit. So konnte die Gewerkschaft der Polizei bisher keine Eindämmung des Schwarzmarktes beobachten. Stattdessen seien sogar Strukturen der organisierten Kriminalität gefördert worden. Auch der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) sieht das so. Durch die Cannabis-Legalisierung habe die Gewalt zwischen rivalisierenden Banden eine neue erschreckende Qualität erreicht. In NRW kam es im vergangenen Jahr zu einer Reihe von Gewalttaten, angeblich wegen des Diebstahls einer größeren Ladung Cannabis.

Modellregionen könnten Versorgungsproblem lösen

Die Anbau-Vereinigungen haben sich bisher nicht als flächendeckende Anbau- und Abgabestellen etabliert können. Mit den am Jahresende auf den Weg gebrachten Cannabis-Modellregionen könnte sich hinsichtlich der Versorgungsproblematik etwas ändern. Nachdem bereits im Vorfeld 27 Kommunen in Deutschland ihre Absicht bekundet hatten, in wissenschaftlich betreuten Projekten die Abgabe von Cannabis in Fachgeschäften oder Apotheken erproben zu wollen, wurde von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir nun eine dafür notwendige Verordnung erlassen. In Frankfurt am Main und Hannover sowie zwei Bezirken in Berlin soll die Abgabe in Fachgeschäften abwickelt werden. In Wiesbaden und Groß-Gerau ist eine Abgabe in Apotheken geplant. 

Ob die Legalisierung Bestand haben wird, ist ungewiss. Die Union hat bereits angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs die Reform wieder rückgängig machen zu wollen. Das dürfte im Rahmen der erwartbaren Mehrheitsverhältnisse schwierig werden. 


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Falsche Behauptungen

von Johannes am 03.01.2025 um 21:08 Uhr

Die Behauptung, die Legalisierung habe den Schwarzmarkt nicht eingedämmt, greift zu kurz. Studien aus Kanada und den Niederlanden zeigen, dass ein legaler Markt Zeit braucht, um den Schwarzmarkt zu verdrängen. Deutschland hat hier Nachholbedarf – insbesondere durch hohe bürokratische Hürden für Cannabis Social Clubs und schleppende Genehmigungen, wie das Beispiel Bayern zeigt.

Der Anstieg von Privat-Rezepten ist weniger ein Problem der Legalisierung als des bisherigen restriktiven Zugangs zu medizinischem Cannabis. Statt Kritik an Rezept-Plattformen braucht es klare Standards und eine Entstigmatisierung dieser Therapieform.

Die Legalisierung ist ein wichtiger Schritt für Jugendschutz, Entkriminalisierung und zusätzliche Steuereinnahmen. Probleme entstehen weniger durch die Reform selbst, sondern durch deren unzureichende Umsetzung. Ein flächendeckendes Netz legaler Bezugsstellen ist der Schlüssel zur Eindämmung des Schwarzmarktes.

Bitte recherchieren Sie besser und schreiben hier keine Unwahrheiten, auch wenn die deutsche Ärztekammer sich gegen die Legalisierung ausspricht.

MfG
Johannes

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Falsche Behauptungen

von Hans Olo am 04.01.2025 um 8:10 Uhr

Reul behauptet nur.
Die GdP behauptet nur.
Es gibt noch keine Belege, ob die Cannabis Legailisierung zu mehr Kriminalität führen. Im Gegenteil. In anderen Ländern ist Cannabis illegal und es gibt viel mehr Mafia Kriminalität.

"Der Anstieg von Privat-Rezepten ist weniger ein Problem der Legalisierung als des bisherigen restriktiven Zugangs zu medizinischem Cannabis. Statt Kritik an Rezept-Plattformen braucht es klare Standards und eine Entstigmatisierung dieser Therapieform."

Ich widerspreche! Cannabis auf Rezept war genauso restriktiv wie andere BTMs. Bisher haben Ärtze eben ganz streng nach Indikation verordnet.
Doch die Telemedizin, wie sehr ich sie verachte, führt nur dazu, dass der Patient selbst über seine Therapie und sein Medikament entscheidet. Zahlt man genug, ist Verschreibungspflicht egal. Ich denk mir einfach eine Erkrankung aus, passt schon.
Stigmatisierung gibt es keine. Standards gibt es. Kurz gesagt: Für die allermeisten Erkrankungen gibt es keine Evidenz. Aber das scheint ja egal zu sein.
So wird nämlich sogar mit Plakaten Werbung gemacht: "Klick, klick, klick - Weed. Ganz leicht an medizinisches Cannabis gelangen". So ählich lautet eine Werbung auf Plakaten. Das ist ganz hart gegen das HWG. Aber hey, hauptsache Weed. Patientenschutz egal.

Und die DAZ gibt hier keine Unwahrheiten wieder. Sie zitiert Reul, die GdP und andere Institutionen. Wenn Sie Kritik üben wollen, dann daran, dass die DAZ hier keine Einordnung vornimmt. Keinen Kommentar. Lediglich die Aussagen wurden hier Wiedergegeben. Das ist erstmal keine Unwahrheit.

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