Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie

BPI fordert neue Formen des Inflationsausgleichs

Berlin - 24.11.2022, 17:00 Uhr

BPI-Vorsitzender Hans-Georg Feldmeier: Die Politik muss jetzt handeln! (Foto: BPI / Kruppa)

BPI-Vorsitzender Hans-Georg Feldmeier: Die Politik muss jetzt handeln! (Foto: BPI / Kruppa)


Preisdruck in der Grundversorgung, Kostensteigerungen in der Produktion und dazu noch immer hohe bürokratische Anforderungen – all dies macht den pharmazeutischen Unternehmen zu schaffen. Eine Folge sind Lieferausfälle bei Arzneimitteln. Nun kommt noch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hinzu. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie appelliert daher dringend an die Politik, nachzujustieren – unter anderem beim Inflationsausgleich.

Den Unternehmen der pharmazeutischen Industrie geht es ähnlich wie den Apotheken: In der Pandemie waren sie da, haben die Gesundheitsversorgung sichergestellt, einige haben erfolgreich Impfstoffe und Arzneimittel entwickelt und auf den Markt gebracht. Und was gibt es dafür von der Politik? Sparmaßnahmen. Die hält das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz nicht zu knapp bereit. Dabei geht es auch nicht nur um temporär höhere Abschläge, sondern auch um Nachsteuerungen im AMNOG-Verfahren, die aus Sicht der Unternehmen das etablierte System und die Patientenversorgung nur gefährden können.

Dabei hat die Industrie ebenso wie andere Branchen mit Problemen in den Lieferketten zu kämpfen, zudem mit den massiv gestiegenen Energiekosten. Das betonte heute Hans-Georg Feldmeier, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI), bei einer Pressekonferenz anlässlich der BPI-Hauptversammlung in Berlin. „Die Energiepreise waren im September 2022 im Durchschnitt rund 130 Prozent höher als im Vorjahresmonat, für Erdgas zahlt die Industrie beispielsweise mehr als dreieinhalbmal so viel wie im Vorjahr.“ 

Das, so Feldmeier, sei für jede Branche eine Herausforderung. Pharma treffe es jedoch besonders, weil der regulierte Markt es nicht ermögliche, die Preissteigerungen an Kunden – in erster Linie die Krankenkassen – weiterzugeben. Doch alle Signale, die man an die Politik gesendet habe, seien nicht gehört worden, so der BPI-Chef. Zwar gebe es seit 2018 die Möglichkeit eines Inflationsausgleichs – doch dieser gelte nur für wenige Arzneimittel und sei zu gering, um den höheren Rabatten etwas entgegenzusetzen. Feldmeier hält es daher für legitim, beispielsweise auch über einen Inflationsausgleich für Arzneimittel nachzudenken, die in zweijährigen Rabattverträgen stecken.

Denn die Konsequenzen dieser bedrängten Lage sind bekannt: Immer wieder kommt es zu Lieferengpässen, schlimmstenfalls drohen sogar Versorgungsengpässe. Die Unternehmen seien gezwungen, ihr Portfolio zu überprüfen – unwirtschaftliche Produkte müssten sie am Ende auslisten. Versorgungsrelevante Arzneimittel müssen daher aus BPI-Sicht von Preisregulierungen wie dem Preisstopp und den Festbeträgen ausgenommen werden.

Hoffnung auf angekündigtes Generika-Gesetz

Dass für das kommende Jahr nunmehr ein Gesetzgebungsverfahren angekündigt ist, in dem solche Aspekte geregelt werden könnten, begrüßt der BPI. Hier hofft man, die Forderungen realisieren zu können. Es müsse auch die Möglichkeit geschaffen werden, europäische Produktion bei der Vergabe von Rabattverträgen besonders zu honorieren, ohne den Zugang für Anbieter aus Drittstaaten einzuschränken. Auch sollten mindestens zwei Zuschläge bei Rabattverträgen vergeben werden. Dass derartige vergaberechtliche Fragen in die Hände des Bundeswirtschaftsministeriums gelegt werden sollen, sieht der BPI positiv.

Feldmeier betonte auch, dass es in Europa durchaus noch eine relevante Wirkstoffproduktion gebe, etwa in Norditalien und in Spanien, aber auch in Deutschland. Es gehe also nicht primär um ein Zurückholen der Produktion, sondern darum, weitere Abwanderung zu stoppen.

BMWK startet „Round Table Gesundheitswirtschaft“

Für den BPI steht fest: Eine gute und sichere Arzneimittelversorgung ist möglich – wenn der politische Wille da ist. Dabei müsse allen klar sein, dass Arzneimittel kein Kostentreiber seien, sondern vielmehr eine Lösung des GKV-Kostenproblems. Den Dialog will der Verband daher weiter suchen.

Erst am gestrigen Mittwoch startete der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck (Grüne), gemeinsam mit Spitzenvertreterinnen und -vertretern der pharmazeutischen Industrie den „Round Table Gesundheitswirtschaft“. Laut Ministerium geht es hier um einen Austausch, „wie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gestärkt, die Resilienz, Finanzierbarkeit und Nachhaltigkeit der Gesundheitsversorgung in Deutschland und Europa gewährleistet, die Standortbedingungen in Deutschland verbessert und die industrielle Gesundheitswirtschaft sichtbarer gemacht werden können“. Man darf also gespannt sein, wie sich die gewonnenen Erkenntnisse in einem nächsten Gesetz umsetzen lassen – und ob den Lieferengpässen, die auch den Apotheken derzeit viel Zeit und Nerven rauben, etwas entgegengesetzt werden kann.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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