DAZ-Umfrage

Ressourcenfresser Retaxbearbeitung?

Stuttgart - 14.10.2022, 07:00 Uhr

Trotz Rezeptkontrolle kommt es immer wieder zu Retaxationen, oft auch zu Unrecht. (x / Foto: Schelbert) 

Trotz Rezeptkontrolle kommt es immer wieder zu Retaxationen, oft auch zu Unrecht. (x / Foto: Schelbert) 


Retaxationen sind in den Apotheken ein tägliches Ärgernis. Die erkleckliche Summe, die die Verbände jährlich zurückholen, zeigt, dass viele davon unberechtigt sind. Arbeit machen sie den Apotheken trotzdem. Wir würden gerne wissen, ob in ihrer Apotheke die Retaxbearbeitung signifikant Ressourcen bindet. Nehmen Sie an unserer Umfrage teil!

Die Apothekerverbände führen meist Statistiken darüber, in wie vielen Retaxfällen sie erfolgreich Einspruch erheben konnten. So konnte zum Beispiel der Landesapothekerverband Baden-Württemberg im Jahr 2021 knapp 62 Prozent der einbehaltenen Summe zurückholen. In Euro ausgedrückt, waren das 936.591. Auch der Apothekerverband Westfalen-Lippe kann bei seinen Einsprüchen bei den Retaxationen wegen fehlender Dosierungsangaben eine gute Erfolgsquote für sich und seine Mitglieder verbuchen. 

Das ist auf der einen Seite erfreulich, weil die Verbände einen guten Job machen. Auf der anderen Seite zeigt es auch die Dreistigkeit der Kassen, die ganz offensichtlich eine nicht unerhebliche Anzahl von Rezepten zu Unrecht retaxieren. Ob sie, wie bei einem Fall in Westfalen-Lippe, den Prüfaufwand scheuen und der Apotheke lieber 81.000 Euro Retax zumuten, als noch einmal genau nachzusehen, oder ob sie wissen, dass sie im Unrecht sind, aber hoffen, dass es keinem auffällt, ist schwer zu sagen.

Klar ist allerdings: Auch wenn die Apotheken ihr Geld zurückbekommen und der finanzielle Schaden so abgewendet wird, machen die retaxierten Rezepte in den Apotheken Arbeit. Nicht erst einer kam auf die Idee, dass man den Kassen den Aufwand bei unberechtigten Retaxationen in Rechnung stellen müsste. 

Wir würden gerne wissen, ob die Retaxbearbeitung in den Apotheken signifikant Ressourcen bindet, wie lange die Bearbeitung einer Retaxation im Schnitt dauert und ob es eine Bagatellgrenze gibt, unter der man die Sache einfach auf sich beruhen lässt, weil der Aufwand größer als der abgesetzte Betrag ist. Nehmen Sie an unserer Umfrage teil!


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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9 Kommentare

Fristüberschreitung

von Iris Teichmann am 14.10.2022 um 21:03 Uhr

Aber immer wieder schön: die AOK (Nds) verpasst regelmäßig die Retaxfrist. Ich prüfe eigentlich nicht mehr die Rechtmäßigkeit, sondern die Frist. Und bekomme auch gerechtfertigte Retax (Zuzahlung, ja, sollte nicht passieren, BotenPZN bei nicht Rx..) dann doch erstattet.

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Politisch gedeckt

von ratatosk am 14.10.2022 um 12:23 Uhr

Da ebenso wie bei der Abmahnmafia in Deutschland eine klare politische Rückendeckung erkennbar ist, wird sich nichts ändern.
Sehr wirksam ist es jede !! Reklamation , handschriftlich !! gerne auch schwer leserlich, zurückzusenden und auch bei Abhlehnungnen einfach nochmal zurückzuschreiben. Briefe einzeln zurücksenden, kostet einfach etwas Porto. Keine Klärung übers Telefon akzeptieren !!
Habe schon bei 2 Drückerkolonnen bestätigt bekommen, daß sich doch bei diesen kleinen Fällen das Verfahren nicht lohne ! seither ist bei denen erstaunlicherweise nichts mehr aufgefallen.
Klar ist, daß diese bei Hochpreisern sich wieder melden würden. Leider hat ja gerade die FDP wieder klargemacht, daß für die Einführung einen Rechtsstaatlichen Verfahrens andere Kürzungen erfolgen sollten. Die Juristen mögen aufschreien, da ja die jetzige Situation sicher nicht gerade verfassungswidrig sein mag, aber die nötigen Grundlagen für das Rechtsempfinden wird zerstört. Und kluge Juristen zumindest wissen, daß die Bevölkerung Rechtsnormen auch prinzipiell akzeptieren muß, man kann nicht überall einen Schupo aufstellen. GKV und Politik sind diese Grundsätze abhanden gekommen. Damit wird dann im Ergebnis Wahlwerbung für die Extremen gemacht, da die Loyalität zu unserer Demokratie untergraben wird.

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Vorsätzlicher Betrug!

von Thomas Eper am 14.10.2022 um 11:44 Uhr

Und ich dachte, wir leben in einem Rechtsstaat!?

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Zechpreller

von Karl Friedrich Müller am 14.10.2022 um 10:12 Uhr

für mich hat die Art und Weise der Retaxationen das Wesen einer kriminellen Vereinigung. Es wird auf Biegen und Brechen nach winzigsten Gründen gesucht, sich vor der Bezahlung zu drücken. Wir sind die Fachleute vor Ort, die die Situation zu beurteilen haben und nicht eine Software oder Fuzzy der Retaxfirmen, die sich auch noch damit eine goldene Nase verdienen wollen,
Den Kassen entsteht NIE ein Schaden - nur uns.
Das Schlimmste ist, das der Staat in Form von Politik und Sozialgerichten dieses Unrecht auch noch unterstützen.
Da verliert man jedes Vertrauen, in der Beziehung ein Unrechtsstaat.

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Aufwand und Frust

von Dr. Ralf Schabik am 14.10.2022 um 8:40 Uhr

Es ist ja nicht nur der Aufwand, den man mit diesen verdammten Retaxationen hat. Auf Dauer schlimmer ist der Frust, den der Kampf gegen diese Hydra hat. Je besser die Rezeptvorprüfung in Apotheke und Rechenzentrum sind, desto perfider die "Gründe" , die an den Haaren herbeigezogen werden. Und selbst die Bearbeitung von Einsprüchen folgt mittlerweile einem kriminellen Muster: Die Ablehnung geht schnell. Aber wenn man sich selber die Mühe macht, nochmal nachzuhaken und Paragraphen anfordert - dann dauert alles plötzlich seeeehr lange.
Für mich waren die Retaxationen ein gewichtiger Grund, unsere Apotheke(n) zu verkaufen. Schnauze voll.

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AW: Aufwand und Frust

von Conny am 14.10.2022 um 9:08 Uhr

…und der Käufer war wahrscheinlich ein langjähriger Mitarbeiter unerschrocken und voller Pläne:)

AW: Aufwand und Frust

von Conny am 14.10.2022 um 9:19 Uhr

@Conny : ich hätte vorher lesen sollen. Herr Restle hat die Apotheken der Liebe wegen gekauft. Nicht zur einer Frau, sondern zum Städtchen. Sorry

AW: Aufwand und Frust

von Dr. Ralf Schabik am 14.10.2022 um 10:33 Uhr

@ Conny: "unerschrocken und voller Pläne" mit Sicherheit. Ich denke, "Apotheke" hat durchaus Zukunft. Vor allem, wenn die Basis grundsolide ist und der Mikrokosmos passt. Aber man muss bereit sein, die heutigen Rahmenbedingungen mitzugehen. Eine Mitarbeiterin sagte mir mal "Chef, gräme Dich nicht um uns - wir kennen es nicht anders". Eine durchaus hilfreiche Einstellung. Ich für meinen Teil will diese Verbürokratisierung unseres wundertollen Berufes nicht mitgehen, und ich mag auch nicht akzeptieren, dass das Kassen-Unrecht siegt.

Retax

von Ingrid Schierle am 14.10.2022 um 8:06 Uhr

Die Ressourcen werden bereits im Vorfeld aufgefressen, bei den Bemühungen, die Retaxe zu vermeiden. Es geht wahnsinnig viel Zeit für die Bearbeitung und Kontrolle der Rezepte drauf , um diese retaxsicher überhaupt einzureichen.

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