Mehr Geld gefordert

Hausärzte wettern gegen Grippe-Impfvergütung für Apotheken

Berlin - 14.10.2022, 10:45 Uhr

Unter dem Strich ist festzuhalten, dass die Apothekerinnen und Apotheker gegenüber der Ärzteschaft keinesfalls übervorteilt werden bei der Impfvergütung – im Gegenteil. (Foto: picture alliance/dpa | David Inderlied)

Unter dem Strich ist festzuhalten, dass die Apothekerinnen und Apotheker gegenüber der Ärzteschaft keinesfalls übervorteilt werden bei der Impfvergütung – im Gegenteil. (Foto: picture alliance/dpa | David Inderlied)


Das Impfen gegen Grippe wird zur Regelleistung in der GKV. Je Impfung sollen Apotheken dabei 11 Euro bekommen – der Deutsche Hausärzteverband ist empört. Denn damit übersteige das apothekerliche das ärztliche Honorar für diese Leistung – auch die Praxen sollten daher mit 11 Euro je Grippeimpfung entlohnt werden. Bei genauerer Betrachtung ist diese Forderung jedoch kaum haltbar.

Es hat um einiges länger gedauert, als vom Gesetzgeber vorgesehen, doch letztlich waren Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband erfolgreich: Sie haben sich auf die Details zur Grippeimpfung in den Apotheken geeinigt. Eine Kernfrage war, wie viel Geld die Apotheken je Impfung bekommen sollen – nun steht fest, dass es 11 Euro je Grippeimpfung sein werden.

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Der Deutsche Hausärzteverband (DHÄV) empfindet diese Höhe allerdings offenbar als Affront gegen die Ärzteschaft: „Dass die Apothekerinnen und Apotheker mehr Geld für die Impfungen erhalten sollen als die Ärztinnen und Ärzte, ist absolut inakzeptabel“, sagt der Bundesvorsitzende des Verbands, Markus Beier, laut einer Pressemitteilung des DHÄV vom Mittwoch. „Dafür gibt es keinen sachlichen Grund. Warum sollte eine Ärztin oder ein Arzt, die/der das Impfen und den Umgang mit möglichen Impfreaktionen in Aus- und Weiterbildung gelernt hat, weniger Vergütung erhalten als Apothekerinnen und Apotheker, die hierzu lediglich einen kurzen Workshop besucht haben? Das kann niemand nachvollziehen.“

Beschaffungskosten im Apothekenhonorar enthalten

Aktuell erhalten Ärztinnen und Ärzte laut „ÄrzteZeitung“ für die Influenza-Impfung je nach Impfvereinbarung auf KV-Ebene zwischen 7,50 Euro und 9,50 Euro. Damit will sich Beier nicht mehr zufriedengeben: „Wir erwarten, dass unverzüglich die Vergütung der Ärztinnen und Ärzte angepasst wird.“ Keine Impfung durch Ärztinnen und Ärzte sollte künftig mit weniger als 11 Euro vergütet werden, meint der DHÄV-Chef. Dabei vergisst er jedoch, dass in den 11 Euro für die Apotheken unter anderem die Beschaffungskosten von 1 Euro je Impfdosis enthalten sind. Klammert man diesen Posten aus, bleiben lediglich noch 10 Euro übrig.

Darüber hinaus schlagen bei den Apotheker:innen laut ABDA-Newsroom 2,40 Euro „für Nebenleistungen wie Verbrauchsmaterial“ zu Buche. Dieser Posten beinhaltet übrigens auch das mögliche Verfallrisiko, wie eine ABDA-Sprecherin auf Nachfrage der DAZ erläutert. Für die reine Impfleistung gibt es lediglich 7,60 Euro – damit bewegt sich die apothekerliche Vergütung bereits am unteren Ende des ärztlichen Impfhonorars.

Grundlegende Unterschiede in den Vergütungssystematiken

Zudem lassen sich die ärztliche und die apothekerliche Vergütung für diese Leistung nicht unmittelbar miteinander vergleichen, wie DAZ-Wirtschaftsexperte Thomas Müller-Bohn bereits vor dem Hintergrund der Modellprojekte im Juli 2020 dargelegt hat. Die Ärzte erhalten seinen Ausführungen nach eine Patientenpauschale, die „sinnvollerweise die Fixkosten der Praxis decken und den Aufwand für die grundlegenden Kontakte abgelten sollte. Dann bräuchten konsequenterweise weitere Leistungen wie das Impfen nur noch mit den Teilkosten plus Gewinnzuschlag honoriert zu werden“, erläutert Müller-Bohn. Dabei sei auch zu bedenken, dass sich das Impfen in den normalen Arbeitsablauf der Praxen einfügt und dafür keine neuen Strukturen aufgebaut werden müssen.

Anders sieht die Situation bei den Apotheken aus: Sie haben dem DAZ-Wirtschaftsexperten zufolge beim Impfen höhere Kosten als die Praxen, weil Apothekerinnen und Apotheker selbst impfen, vorher eine Schulung nötig ist, ein spezieller Raum bereitstehen muss und eine komplett neue Organisation mit zusätzlichen Arbeitsabläufen aufgebaut werden muss. „Außerdem erhalten Apotheken kein Pauschalhonorar pro Patient, sondern ihre Fixkosten, beispielsweise für Räume und Ausstattung, müssen auf jede einzelne Leistung umgelegt werden. Sie müssen daher stets Vollkosten und einen Gewinnzuschlag kalkulieren. Dies ist sowohl im Konzept als auch beim ermittelten Betrag der größte Unterschied in den Kostenrechnungen der Ärzte und Apotheken.“

Preis: In den Praxen kommen pro Impfung 30 bis 40 Euro zusammen

Auch der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, betont gegenüber der DAZ, dass sich ärztliches und apothekerliches Honorar nicht ohne weiteres miteinander vergleichen lassen. „Ein großer Unterschied ist, dass in den Apotheken tatsächlich der Heilberufler impft, während in den Arztpraxen die Impfung auch durch das Assistenzpersonal durchgeführt werden kann", sagt er der Redaktion. „Auch dies sollte sich im Honorar abbilden. Außerdem muss man bedenken, dass die Ärzte durch weitere Untersuchungen weiteres Honorar abrechnen dürfen. Pro Patient kommen so in Summe durchschnittlich 30 bis 40 Euro zusammen.“

Unter dem Strich ist festzuhalten, dass die Apothekerinnen und Apotheker gegenüber der Ärzteschaft keinesfalls übervorteilt werden bei der Impfvergütung – im Gegenteil: Letztlich bleibt ihnen vom Honorar im Vergleich wohl sogar deutlich weniger übrig.


Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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