Pläne der Bundesregierung

DAT erteilt Gesundheitskiosken eine Absage

München - 16.09.2022, 16:15 Uhr

Gabriele Regina Overwiening kritisiert die Pläne der Bundesregierung zu Gesundheitskiosken scharf. Auch die Delegierten des DAT lehnen diese ab. (Foto: Schelbert / DAV)

Gabriele Regina Overwiening kritisiert die Pläne der Bundesregierung zu Gesundheitskiosken scharf. Auch die Delegierten des DAT lehnen diese ab. (Foto: Schelbert / DAV)


Auf der Suche nach den Versorgungsmodellen der Zukunft blickt die Bundesregierung auch abseits der etablierten Strukturen. Im aktuellen Koalitionsvertrag ist von Gesundheitskiosken die Rede. Sollten sich die Apothekenteams auf diesem neuen Gebiet fortbilden und engagieren? Nein, sagen die Delegierten des Deutschen Apothekertags.

In einem immer komplexer und teurer werdenden Gesundheitssystem liegt es nahe, dass sich die Verantwortlichen mehr Vernetzung wünschen. Patientinnen und Patienten sollten bestmöglich informiert werden und koordiniert an die Leistungserbringer herangeführt werden. Die aktuelle Ampelkoalition hat sich zu Beginn der Legislaturperiode dafür ausgesprochen, sogenannte Gesundheitskioske als Teil der Regelversorgung zu etablieren.

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In ihrer Eröffnungsrede zum Deutschen Apothekertag 2022 kritisierte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening die Pläne der Bundesregierung scharf. Overwiening fürchtet, dass teure Parallelstrukturen entstehen, die dazu führten, dass das Geld bei den etablierten Leistungserbringern dann fehle: „Die Vergütung der Apotheken vor Ort befindet sich seit Jahren im Sinkflug. Nahezu zeitgleich kündigt die Politik eine Investitionsbereitschaft von 750 Millionen Euro pro Jahr für den Aufbau von sogenannten Gesundheitskiosken an, in denen Menschen gesundheitliche Versorgungen und soziale Betreuung erhalten sollen. Statt in die Etablierung einer überflüssigen Parallelstruktur so viel Geld zu investieren, wäre es klüger, bestehende, niederschwellige Strukturen wie Apotheken zu stärken.“ Sie teile die Einschätzung der verfassten Ärzteschaft: Mit der Einrichtung von Gesundheitskiosken werde Geld verbrannt, das in der bestehenden Struktur dringend gebraucht wird.

Keine Abstimmung über Ausbildungskonzept für Apotheken

Auch in der nachfolgenden Antragsberatung waren die Gesundheitskioske ein Thema. Auf Initiative der Apothekerkammer Berlin wurde ein Antrag diskutiert, wonach ein Ausbildungskonzept für Apothekenteams entwickelt werden soll. So könnten Gesundheitslotsinnen und -lotsen zukünftig in Apotheken tätig sein und damit die Apotheke als Gesundheitszentrum stärken. Gleichzeitig würde man so die Apothekenberufe wie PKA und PTA aufwerten und verhindern, dass Parallelstrukturen entstehen, die Dienstleistungen und Produkte anbieten, die bisher in Apotheken zu finden waren. 

In der Diskussion über diesen Antrag wurde die Befürchtung laut, dass man durch eine Abstimmung der Politik einen voreiligen Gehorsam signalisiere und die Schaffung der Gesundheitskioske mit eigenem Personal akzeptiere. Per Antrag zur Geschäftsordnung wurde erreicht, dass über diesen Antrag aus Berlin nicht abgestimmt werden musste.

Apotheker:innen lehnen Gesundheitskioske ab

Nachfolgend wurde jedoch ein Ad-hoc-Antrag, initiiert durch Apothekerkammer und -verein aus Berlin, der Hauptversammlung präsentiert. Darin ging es nicht darum, Ausbildungskonzepte für die Apothekenteams zu entwickeln und damit die Konzepte der Bundesregierung gewissermaßen voreilig abzunicken, sondern den Plänen eine Absage zu erteilen. 

Unter dem Titel „Etablierte Strukturen der ambulanten Gesundheitsversorgung stärken – keine Finanzierung unnötiger und teurer Parallel-Strukturen (Gesundheitskioske)“ soll der Gesetzgeber aufgefordert werden, die ambulanten Strukturen der Gesundheitsversorgung, wie Praxen, Apotheken und ambulante Pflegeeinrichtungen, nachhaltig zu stärken. Dagegen sollen die „ohnehin knappen finanziellen Ressourcen gesetzlicher Krankenkassen und der Kommunen“ nicht für den Aufbau und den Unterhalt von Parallelstrukturen wie Gesundheitskioske eingesetzt werden.

Viele der Leistungen, die sich die Politik zukünftig in den Gesundheitskiosken vorstellt, würden schon heute durch die Leistungserbringer erbracht, heißt es zur Begründung. Dabei seien auch die Apotheken eingebunden. Darüber hinaus könnten neuartige Leistungen auch kurzfristig durch diese erbracht werden. 

Diesem Antrag stimmte eine große Mehrheit der Delegierten zu. Damit lehnt die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker die Pläne der Bundesregierung ab, Gesundheitskioske zu schaffen, in denen sogenannte Gesundheitslotsinnen und -lotsen arbeiten sollen. 


Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@daz.online


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