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Kein Token-Versand per E-Mail
KV Schleswig-Holstein steigt aus E-Rezept-Rollout aus
Die Kassenärzte in Schleswig-Holstein machen nicht mehr mit beim geplanten E-Rezept-Rollout ab 1. September. Nur wenige Tage vor dem Start informiert die KVSH jetzt darüber, dass sie sich aus dem Projekt zurückzieht. Hintergrund ist, dass die Landesdatenschutzbeauftrage das Weiterleiten des Tokens per E-Mail an die Versicherten für unzulässig erklärt hat. Sind Apotheken-Apps schuld an der Misere?
Der Start des E-Rezepts war in der Vergangenheit immer wieder verschoben worden. Nun sollte es wirklich losgehen, wenn auch zunächst nur in Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe: In diesen Bezirken sollten die elektronischen Verschreibungen Schritt für Schritt das Muster 16 ablösen, eng begleitet von der Gematik. Doch jetzt droht das Projekt im hohen Norden zu scheitern: Wie die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) in einer Pressemitteilung bekannt gibt, zieht sie sich aus dem ab 1. September geplanten Rollout zurück.
Hintergrund ist demnach, dass die Landesdatenschutzbeauftragte Marit Hansen das Verschicken des E-Rezept-Tokens per E-Mail an die Versicherten untersagt habe. „Damit ist der für Patienten praktikabelste Transportweg versperrt“, schreibt die KVSH. Der Arztsoftware-Hersteller medisoftware hat bereits darüber informiert, dass die Funktion kurzfristig deaktiviert werden wird. „Wir bedauern diese Entwicklung sehr, zumal dieser komfortable Übermittlungsweg zu den meistgenutzten in den Praxen gehört“, betont das Unternehmen, dessen Produkt nach Angaben des Unternehmens etwa 1.200 Arztpraxen, MVZ und Krankenhäuser in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern nutzen. Einem Sprecher der KVSH zufolge dürfte mit dieser Entscheidung auch das Weiterleiten per SMS hinfällig sein. Eine Anfrage der DAZ an die Landesdatenschutzbeauftragte selbst blieb bisher unbeantwortet.
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Die KVSH will unter den gegebenen Umständen nun nicht mehr am E-Rezept-Rollout mitwirken. „Der Nutzen des E-Rezepts liegt für Arztpraxen im Komfort der bürokratiearmen Erstellung und für Patienten in der Einsparung mehrfacher Wege, was insbesondere für Menschen in ländlichen Bereichen vorteilhaft wäre“, erläutert dazu KVSH-Chefin Monika Schliffke. „Beides kann momentan nicht erreicht werden.“
Datenschützer: Transfer-QR-Codes sind Gesundheitsdaten
Laut einer Nachricht des Landesdatenschutzes seien auch die vom Praxisverwaltungssystem erzeugten datenlosen Transfer-QR-Codes als Gesundheitsdaten einzustufen, berichtet die KV weiter. Denn es sei zu berücksichtigen, dass „auf dem Markt frei erhältliche Apps aus dem Apothekenumfeld jeder Person, die befugt oder unbefugt im Besitz des QR-Codes ist, die Kenntnisnahme von Daten einer Verordnung ermöglicht“. Beim Hochladen in solche Apps würden die Daten ermittelt und dem App-Nutzenden angezeigt.
In der analogen Welt ende die formale Arzthaftung mit der Übergabe des Rezepts an den Patienten, erklärt die KVSH. Ob dieser damit Medikamente abholt oder nicht, das Rezept verliert, verkauft oder bei Facebook einstellt, liege nicht im Verantwortungsbereich des Arztes. „Das ist in der digitalen Welt offenbar sehr anders“, sagt Schliffke. „Wir lassen die Praxen nicht in eine Falle laufen, denn die Praxen würden für diesen Missbrauch haften. Die Funktionalität, einen datenlosen Code als Anhang zu versenden, ist firmenseitig umgehend unterbunden worden.“
KV findet Argumentation des Datenschutzes formal nachvollziehbar – aber nicht inhaltlich
Die Argumentation des Datenschutzes, den die KVSH selbst eingeschaltet hatte, sei zwar formal, aber nicht inhaltlich nachvollziehbar, denn sie beeinträchtige das Selbstbestimmungsrecht des Patienten zum Umgang mit seinen eigenen Daten. „Das Gesetz ist offenbar so zu lesen, dass kein Versicherter a. einer digitalen Übertragung eines datenlosen QR-Codes an sich selbst, b. an einen bevollmächtigten Dritten oder c. an die Apotheke seiner Wahl zustimmen kann“, fasst die KVSH zusammen.
Es sei zwar gut, wenn im Vorweg des Rollouts auch „die absurdesten Problemstellungen“ erkannt würden. Dies hätte nach deren Einschätzung aber schon in der Testphase der Gematik geschehen müssen, denn die schleswig-holsteinischen Praxen hätten wesentlich zum Erreichen der Gematik-Quote beigetragen. Nun hoffe man, dass nicht auch noch das von der KV Westfalen-Lippe initiierte eGK-Verfahren dem Datenschutz zum Opfer fällt, weil auch elektronische Gesundheitskarten fehlerhaft oder missbräuchlich verwendet werden könnten.
Damit gibt es noch drei Optionen digitaler Wege: die Gematik-App, das Einstellen in die elektronische Patientenakte (ePA) und das Übermitteln des Tokens an eine Apotheke via KIM. „Die Gematik-App kann momentan kaum genutzt werden, weil es aufgrund fehlender Chips an NFC-fähigen Gesundheitskarten mangelt, nur wenige Patienten die geforderten Smartphone-Typen haben und die Einrichtung der App durch Verbot des Video-Ident-Verfahrens der Krankenkassen erschwert wird“, kritisiert die KVSH.
99 Prozent Papierausdrucke
Das Einstellen in eine ePA scheitere an deren minimalem Vorhandensein und die Code-Übertragung per Kommunikationsdienst KIM an Apotheken an der Tatsache, dass in Schleswig-Holstein nur eine Handvoll Apotheken bisher mit KIM-Modulen und -Adressen ausgestattet seien. Es könnten nur einzelne Praxen diesen Weg nutzen, sofern ein Patient dies gestatte. KIM in Apotheken ist keine politische Vorgabe für die Bezeichnung E-Rezept-ready. „Das läuft auf 99 Prozent Papierausdrucke hinaus, was keinem unserer Ziele zur Digitalisierung auch nur annähernd nahekommt. Die Zählung der Gematik zu E-Rezepten zeigt dann auch keinen Digitalisierungsgrad an“, resümiert die KV-Vorsitzende.
Die KVSH wird nach eigenen Angaben die bereits terminierten Schulungen abschließen, ihre Erreichbarkeit zu speziellen E-Rezept-Fragen aufrechterhalten und sich unterstützend einschalten, falls durch Gesetzesanpassungen und/oder technische Gematik-Aktivitäten eine praxis- und patientengerechte Alltagstauglichkeit absehbar ist.
4 Kommentare
eRezept-Aus, Schleswig-Holstein
von Scarabäus am 23.08.2022 um 17:00 Uhr
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E-Rezept Entwicklungsmängel
von Martin Gansheimer am 23.08.2022 um 9:08 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: E-Rezept Entwicklungsmängel
von Thilo Braun am 23.08.2022 um 10:43 Uhr
Nanu?
von Karl Friedrich Müller am 22.08.2022 um 22:09 Uhr
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