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Was ist von der Honorierung der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen zu halten? Die Regeln sind vielschichtig und von Kompromissen geprägt. Naturgemäß gibt es dabei einige Schatten, aber auch viel Licht, meint DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn in einem Kommentar.
Bei den Entscheidungen zur Honorierung der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen sind zwei Bereiche zu unterscheiden, erstens die Höhe der Honorare und zweitens die Verteilung der gedeckelten Finanzmittel.
Mittelweg beim Arbeitspreis
Beim ersten Aspekt ist zu begrüßen, dass die Schiedsstelle Preise für die Leistungen ausweist, auch wenn nicht sicher ist, ob das Geld für alles reichen wird. Die Preise geben immerhin eine Orientierung. Der kalkulierte Arbeitspreis von 1,17 Euro pro Apothekerminute ist ein typischer Kompromiss. Die Schiedsstelle hat ökonomisch solide Begründungen gefunden, um ein Ergebnis zu rechtfertigen, das zwischen den Forderungen der Apotheker und der Krankenkassen liegt. Dennoch wurden die Preise nicht im Konsens verabschiedet.
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Die Schiedsstelle argumentiert, dass in 1,17 Euro pro Minute ein Gemeinkostenanteil für die Apotheke enthalten ist. Doch eine Vollkostenrechnung mit Gewinnzuschlag auf der Grundlage von Daten aus dem Apothekenwirtschaftsbericht führt zu höheren Beträgen. 1,17 Euro lassen sich als sehr knapp kalkulierte Vollkosten ohne Gewinnzuschlag interpretieren. Das ist ein Anreiz, um überhaupt beginnen zu können. Das wird aber nicht dem Anspruch gerecht, dass die neuen Leistungen zu einem neuen wirtschaftlichen Standbein für die Apotheken werden sollen. Denn so können sie nicht den gleichen Beitrag zum Erfolg leisten wie die Arzneimittelabgabe. So wichtig die neuen Dienstleistungen pharmazeutisch sein mögen, bieten sie doch bei dieser Honorierung nicht die ersehnte wirtschaftliche Perspektive.
Komplexe Verteilung schafft teilweise Planungssicherheit
Zudem ist nicht sicher, welcher Anteil der Leistungen überhaupt honoriert wird. Das betrifft den zweiten Aspekt. Die Vertragspartner standen hier vor einer sehr schweren Aufgabe. Begrenzte Mittel müssen auf prinzipiell unbegrenzte Leistungen verteilt werden. Es muss daher einen Plan für gekürzte Zahlungen geben. Diese Schattenseite ist angesichts der gesetzlichen Vorgaben unvermeidbar. Die helle Seite des Themas ist der Mechanismus, mit dem dieses Problem angegangen wird. Es gibt zwei Schritte mit einer ungekürzten und einer gekürzten Honorierung. Letztere teilt sich weiter in drei Prioritätsstufen. Das klingt kompliziert, aber es sorgt für ziemlich viel Planungssicherheit. Die Apotheken können Dienstleistungen für 1000 Euro pro Quartal erbringen und erhalten dafür eine sichere Honorierung. Auch wenn einige Apotheken in sehr großem Stil Dienstleistungen anbieten, bleiben allen jeweils die 1000 Euro pro Quartal mit den festlegten Preisen. Was darüber hinausgeht, kann gekürzt werden. Dabei ist das Kürzungsrisiko umso größer, je niedriger die Priorität der Leistung ist. Die verbliebenen Mittel werden also nicht gleichmäßig auf alle Leistungen verteilt. Damit soll ein Anreiz gesetzt werden, die höher priorisierten Leistungen zu erbringen. So schreibt es auch die ABDA.
Taktieren mit den Verteilungsregeln
Die Apotheken sollen ihre Leistungen also planen und gezielt einsetzen. Aus der gesicherten Honorarsumme von 1000 Euro könnte jede Apotheke 11 Patienten pro Quartal mit einer der komplexen Leistungen versorgen. Wenn die Apotheken insgesamt durchschnittlich mehr als 22 komplexe Leistungen pro Quartal erbringen, droht der Topf allerdings leer zu laufen. Dann gäbe es für die einfacheren Leistungen gar nichts mehr. Bei noch mehr komplexen Leistungen müsste sogar deren Honorierung gekürzt werden, soweit sie über der 1000-Euro-Grenze liegt. Das Angebot der Leistungen wird daher vom Taktieren mit dem Honorar überschattet. Das ist bedauerlich, folgt aber zwangsläufig aus der gesetzlichen Vorgabe der begrenzten Mittel. Die Vertragspartner haben einen guten Weg gefunden, mit diesem Problem umzugehen. Der Verteilungsmechanismus bietet vielfältige sinnvolle Anreize für kleine und für große Apotheken.
Allerdings bleibt zu fragen, wie der Leistungsanspruch der Patienten gemeint ist. Können die Anspruchsberechtigten ihren Anspruch einfordern und wenn ja, bei wem? Was bedeutet das für das Blutdruckmessen, wenn das System sogar bewusst einen Anreiz setzt, eher die anderen Leistungen zu erbringen?
Schnelles Handel bringt Vorteile
Daneben bleibt die Sorge, die Krankenkassen könnten den Schiedsspruch beklagen. Allerdings steht im Schiedsspruch, dass nur das Blutdruckmessen und die Preise nicht im Konsens entschieden wurden. Demnach dürften die übrigen Leistungen nicht grundsätzlich infrage stehen, sondern nur bezüglich der Preise. Darum gibt es jetzt offenbar keinen Grund zum Warten mehr – im Gegenteil. Denn noch ist der Honorartopf gut gefüllt. Wer jetzt schnell ist, hat zunächst einen Vorteil.
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