GSK plant Zulassung in 2022

Erster RSV-Impfstoff für Ältere rückt näher

Stuttgart - 15.06.2022, 13:45 Uhr

Noch in diesem Jahr will GSK die Zulassung von seinem RSV-Impfstoffkandidaten beantragen. (Foto: PhotobyTawat / AdobeStock)

Noch in diesem Jahr will GSK die Zulassung von seinem RSV-Impfstoffkandidaten beantragen. (Foto: PhotobyTawat / AdobeStock)


Derzeit kann man gegen RSV aussschließlich passiv impfen und lediglich Kinder – mit Palivizumab in Synagis. GSK forscht aber an einer aktiven RSV-Immunisierung gegen das Respiratorische Synzytialvirus bei ab 60-Jährigen und will nach positiven Phase-3-Ergebnissen noch 2022 die Zulassung beantragen.

Palivizumab ist derzeit der einzige Impfschutz, der vor einer Infektion mit RSV (Respiratorisches Synzytialvirus) schützt. Allerdings: Als monoklonaler Antikörper stimuliert er nicht die Immunabwehr des Geimpften, sondern ist lediglich ein passiver Impfschutz. Zudem berücksichtigt die Zulassung ausschließlich Kinder, die ein hohes Risiko für schwere RSV-Erkrankungen haben – Geburt in der 35. Schwangerschaftswoche oder früher (und bei Beginn der RSV-Saison jünger als sechs Monate), Kinder unter zwei Jahren mit bronchopulmonaler Dysplasiebehandlung in den letzten sechs Monaten oder hämodynamisch signifikanten angeborenen Herzfehlern.

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Allerdings besteht ein erhöhtes Risiko für schwere RSV-Verläufe auch bei älteren Menschen. Eine aktive Immunisierungsmöglichkeit brächte überdies Vorteile gegenüber einem passiven Impfstoff, da die Immunantwort stimuliert wird und die Impfung so einen längerfristigen Schutz bietet. Unter anderem forscht GlaxoSmithKline an einem aktiven Impfstoff (RSVPreF3) gegen RSV und gibt nun positive Zwischenergebnisse seiner Phase-3-Zulassungsstudie bekannt. Noch in diesem Jahr will GSK die Zulassung beantragen. Die Studiendaten hat GSK bislang nicht veröffentlicht, das Unternehmen plant jedoch, diese in Kürze auf einer Fachkonferenz vorzustellen.

Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV)

Das Respiratorische Synzytial-Virus oder Respiratory-Syncytial-Virus (RSV) ist der häufigste Erreger für schwere und akute Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege im frühen Kindesalter und Hauptursache, weswegen Säuglinge im ersten Lebensjahr im Krankenhaus behandelt werden müssen. RSV zeichnet weltweit für jährlich etwa drei Millionen Krankenhauseinweisungen verantwortlich. Der WHO zufolge macht RSV mehr als 60 Prozent der akuten Atemwegsinfektionen bei Kindern und mehr als 80 Prozent der akuten Atemwegsinfektionen bei Säuglingen aus. Auch entfällt fast die Hälfte aller 60.000 weltweiten Todesfälle (46 Prozent) auf Säuglinge unter sechs Monaten darauf. Der Mensch ist das einzige relevante Reservoir für das humane RSV, die Übertragung erfolgt in erster Linie durch Tröpfcheninfektion.

Bei RSV handelt es sich um ein einzelsträngiges (ss), negativ orientiertes (-), unsegmentiertes RNA-Virus aus der Familie der Pneumoviridae, mitdoppelschichtiger Lipidhülle. In diese sind Glykoproteine eingelagert, darunter ein Fusions- und ein Adhäsions-Protein. Dem RKI zufolge gibt es zwei Gruppen von RSV, A und B, die sich in der Antigenstruktur des G-Proteins unterscheiden, aber gleichzeitig zirkulieren, wobei RSV A meist dominiert.

Der adjuvantierte Impfstoffkandidat RSVPreF3 konnte GSK zufolge den primären Studienendpunkt in der randomisierten, placebokontrollierten, beobachterverblindeten Studie AReSVi 006 sogar übertreffen. AReSVi 006 läuft in 17 Ländern und untersucht eine Einzeldosis des RSV-Impfstoffkandidaten bei ab 60-Jährigen. GSK zufolge konnte die klinische Wirksamkeit sowohl bei RSV-A- wie auch RSV-B-Stämmen gezeigt werden, auch bei ab 70-Jährigen. „Diese Daten haben das Potenzial, die Behandlung von RSV entscheidend zu beeinflussen und die 360.000 Krankenhauseinweisungen und mehr als 24.000 Todesfälle weltweit pro Jahr zu reduzieren“, sagt Dr. Hal Barron, Chief Scientific Officer und President, R&D, GSK.

Rekombinantes Fusionsprotein als Antigen im RSV-Impfstoff von GSK

Bei RSVPreF3 setzt GSK auf ein rekombinantes RSV-F-Glykoprotein als Antigen, das durch das von GSK entwickelte und bereits etablierte Adjuvans AS01 wirkverstärkt wird – GSK nutzt den Wirkverstärker bereits bei seinem Gürtelrose-Impfstoff Shingrix®, auch beim Malaria-Impfstoff und der Hepatitis-B-Vakzine setzt GSK auf dieses Adjuvans. Das Fusionsprotein (Antigen) ist beim natürlichen Virus neben dem Adhäsionsprotein in die Lipidhülle des Virus eingelagert und spielt eine wesentliche Rolle im Krankheitsgeschehen. So vermehrt sich RSV in den zilientragenden Epithelzellen der Schleimhäute der Atemwege. Das Fusionsprotein verursacht dort eine Verschmelzung (Fusion, Synzytienbildung) der Epithelzellen und schädigt diese – gemeinsam mit der körpereigenen Immunreaktion – reversibel. Die dadurch entstehenden Zelltrümmer sowie Immunzellen und Schleim verlegen die Bronchien.

Janssen forscht an einer Vektorvakzine gegen RSV

Neben GSK arbeitet auch das Pharmaunternehmen Janssen an einem aktiven Impfschutz gegen RSV. Ergebnissen der Phase-2b-Studie (CYPRESS) zufolge schützt die Vektorvakzine nach einmaliger Impfung ab 65-Jährige bis zu 80 Prozent vor einer symptomatischen RSV-verursachten Erkrankung der unteren Atemwege und das bei guter Verträglichkeit. Der prophylaktische RSV-Impfstoffkandidat nutzt die Adenovektor-Plattform (AdVac®) von Janssen, die das Unternehmen bereits bei anderen Impfstoffen anwendet – beim Ebola-Impfstoff sowie dem COVID-19-Impfstoff Janssen. Als Antigen dient beim RSV-Impfstoff das Gen von RSV, das für das Fusionsprotein des Virus codiert.

Daneben widmet sich auch Curevac der Forschung an einem RSV-Impfstoff, auf mRNA-Basis (präklinische Entwicklung). Ein Stück weiter, in Phase 1, ist Moderna mit seinem mRNA-Impfstoffkandidaten (mRNA-1345) gegen RSV, erst im August 2021 erteilte die FDA mRNA-1345 die Fast Track Designation, was eine beschleunigte Entwicklung erleichtern soll. Am weitesten bei den drei Konkurrenten von GSK ist wohl Pfizer bei RSV-Impfstoffen, das Unternehmen startete erst im September eine Phase-3-Studie.


Celine Bichay, Apothekerin, Redakteurin DAZ
redaktion@daz.online


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