1.000 Euro „Garantiezusage“ pro Quartal

Pharmazeutische Dienstleistungen sollen zweistufig vergütet werden

Stuttgart - 09.06.2022, 12:15 Uhr

(Foto: Schelbert)

(Foto: Schelbert)


Für die Erbringung pharmazeutischer Dienstleistungen werden die Apotheken nach einem ganz neuartigen Modell vergütet. Laut dem Deutschen Apothekerverband (DAV) sollen die Honorare den Betriebsstätten zweistufig ausgeschüttet werden. Um welche Beträge es im jeweiligen Quartal konkret geht, hängt unter anderem davon ab, ob eher einfache oder komplexe Dienstleistungen erbracht wurden.

Medikationsanalysen, Inhaler-Schulungen und Blutdruckmessen – seit einigen Wochen kristallisiert sich heraus, mit welchen Tätigkeiten die Apotheken ins Zeitalter der honorierten, pharmazeutischen Dienstleistungen starten könnten. Nachdem die Verhandlungen zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband Mitte 2021 gescheitert waren, rief die Standesvertretung der Apotheker die Schiedsstelle an, um in diesem Prozess zu vermitteln und zu entscheiden. Nach Informationen der DAZ wird der Schiedsspruch heute Abend oder Freitag erwartet.

Neben den konkreten Dienstleistungen war auch die Frage zu klären, wie die Apotheken für die Erbringung der jeweiligen Tätigkeit vergütet werden. Dem Vernehmen nach stehen für Medikationsanalysen, Inhaler-Schulungen und Blutdruckmessen 90, 20 und 11,50 Euro in Aussicht. Neben der Höhe spielt aber besonders die Verteilungssystematik eine entscheidende Rolle. Auch hierüber wurde bisher nicht öffentlich gesprochen. Vor genau einem Jahr hatte DAZ-Redakteur und Apothekenwirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn ein entsprechendes zweistufiges Abrechnungskonzept zum Dienstleistungshonorar vorgeschlagen („So könnte es laufen – Vorschlag für ein Abrechnungskonzept zum Dienstleistungshonorar“, DAZ 2021, Nr. 22, S. 20). Eine Grundidee dieses Konzepts ist, dass die Apotheken selbst die Zahl der Leistungen steuern können müssen. In der ersten Stufe sollte ihnen eine „gesicherten Honorarsumme“ ausgezahlt werden. Die Unsicherheit über die Zahl der erbrachten Leistungen wird in einen anschließenden zweiten Honorierungsschritt verschoben.

Zweistufiges Konzept setzte sich durch

Aus einer Präsentation des DAV geht nun hervor, dass sich die Idee eines zweistufige Abrechnungskonzept offenbar durchgesetzt hat. Demnach sollen alle Apotheken eine quartalsweise Abrechnung ihrer erbrachten pharmazeutischen Dienstleistungen erstellen. Die Apothekenrechenzentren reichen die Sammelbelege aller im Quartal erbrachten Dienstleistungen beim Nacht- und Notdienstfonds (NNF) ein. Entspricht die eingereichte Summe genau dem zur Verfügung stehenden Verteilungsbetrag (oder ist kleiner), zahlt der NNF diese voll an alle Apotheken aus. Sollte es aber – und damit rechnen Experten – zu einer höheren Abrechnungssumme kommen, als Geld im Dienstleistungstopf ist, würde ein zweistufiges Vergütungsmodell in Kraft treten:

1.      Der NNF zahlt nach der Prüfung die Garantiezusage in Höhe von bis zu 1.000 Euro an jede Apotheke aus, die in diesem Quartal pharmazeutische Dienstleistungen erbracht und ihren Beleg zu Abrechnung eingereicht hat.

2.      Bei über der Garantiezusage liegenden Forderungen würde es zu anteiligen Kürzungen kommen, wenn nur „einfache“ Dienstleistungen erbracht worden sind. Komplexe Dienstleistungen bekämen die Apotheken aber komplett bezahlt.

Frühwarnsystem soll kommen

Darüber hinaus soll ein Frühwarnsystem zeitnah eingerichtet werden, das dem DAV bzw. den Apotheken signalisiert, falls der Honorartopf für die Dienstleistungen droht „leerzulaufen“.

Der zur Verfügung stehende Verteilungsbetrag in jedem Quartal setzt sich zusammen aus den Fondseinnahmen, also dem Geld, das die Apotheken je abgegebener Rx-Packung in den Topf einzahlen. Hinzu kommen mögliche Reserven aus Vorquartal(en). Abgezogen werden Verwaltungsgebühren des NNF.

Nachdem in der ersten Stufe die Garantiezusagen in Höhe von bis zu 1.000 Euro allen Apotheken, die im aktuellen Quartal Dienstleistungsbelege eingereicht hatten, ausgezahlt wurden, würden die sogenannten Restmittel übrigbleiben, von denen die „einfachen“ Dienstleistungen (anteilig gekürzt) und die komplexen Dienstleistungen (komplett) bezahlt würden, wenn die Forderungen der Apotheken über den Garantiezusagen liegen.

Was sind einfache, was sind komplexe Dienstleistungen?

Interessant und diskussionswürdig könnte die Definition von „einfachen“ und komplexen Dienstleistungen werden. Eine Medikationsanalyse wird für die Apotheken mit Sicherheit aufwendiger zu bewerkstelligen sein als eine Blutdruckmessung. Doch die drei eingangs erwähnten Tätigkeiten sollen sich, laut DAZ-Informationen, einreihen in ein erstes Starterpaket von insgesamt fünf Dienstleistungen. Die anderen beiden Leistungen sollen dem Vernehmen nach von Krankenkassenseite eingebracht und gefordert worden sein und aus dem Gebiet der Spezialversorgung stammen.


Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@daz.online


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