Regeln für die Digitalisierung

Mecking plädiert für Telepharmazieverordnung

Stuttgart - 23.03.2022, 12:15 Uhr

Dr. Bettina Mecking, Justiziarin und stellvertretende Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein. (c / Foto: Moritz Hahn)

Dr. Bettina Mecking, Justiziarin und stellvertretende Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein. (c / Foto: Moritz Hahn)


Die Apotheken sollten sich so schnell wie möglich für eine Telepharmazieverordnung einsetzen. Dies war die zentrale Botschaft der stellvertretenden Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein, Dr. Bettina Mecking, beim ApothekenRechtTag. Denn damit könnten fachliche Standards gesetzt werden, die problematischen Gerichtsentscheidungen zuvorkommen. Allerdings ist dafür noch viel zu tun.

Als wichtigen Schritt in die Telepharmazie erinnerte die Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, Dr. Bettina Mecking, an die Novelle der Apothekenbetriebsordnung von 2019. Die Regelung ermöglicht eine Beratung über Telekommunikation und damit einen Botendienst durch nicht-pharmazeutische Boten in Verbindung mit einer solchen Beratung.

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Den Vorsprung ausbauen

Diese Beratung müsse durch die Apotheke erfolgen, betonte Mecking. Doch die Telepharmazie umfasst weit mehr als die Beratung zur Arzneimittelabgabe. Es gehe auch um zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen, beispielsweise zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit oder zur Förderung der Therapietreue. Zur Telepharmazie könnten auch neue honorierte Dienstleistungen gehören, für die die Politik möglicherweise noch weitere finanzielle Mittel bereitstelle. 

Auch beim kürzlich aktualisierten Perspektivpapier für die „Apotheke 2030“ sei die Telepharmazie als online erbrachte Dienstleistung mitgedacht worden, erklärte Mecking. Dabei müsse die Telepharmazie mit der Apotheke verbunden werden. Die persönliche Beratung im Rahmen der Telepharmazie dürfe nicht von der Apotheke als Institution gelöst werden. Denn dies könnte die Apotheke in ihren Grundfesten erschüttern, fürchtet Mecking.

Risiken durch Plattformen

Trotz dieser Sorge sieht Mecking die Telepharmazie sehr positiv. Sie sei eine Chance, in der digitalen Welt näher an die Kunden zu rücken. Doch Mecking verwies auch auf die Risiken durch apothekenfremde Plattformen und logistikorientierte Anbieter. Dabei könnten Apotheken in Plattformen „verschwinden“. Denn sie seien für die Kunden nicht mehr zu sehen. Besonders problematisch sei es, wenn die Plattform über eine preisabhängige Provision honoriert werde. 

Während Rechtsanwältin Dr. Svenja Buckstegge kurz zuvor in ihrem Vortrag beim ApothekenRechtTag Provisionen für einzelne Packungen nicht als Umsatzbeteiligung eingestuft hatte, widersprach Mecking und erklärte, solche Provisionen seien „virtueller Fremdbesitz“ und damit unzulässig.

Durchdachtes System statt Gerichtsentscheidungen

Dies ist nur einer von vielen Gründen, weshalb Mecking eine Telepharmazieverordnung fordert. Sie argumentierte: „Wir brauchen ein durchdachtes System rechtlicher Vorgaben, in das telepharmazeutische Angebote eingepasst werden.“ Anderenfalls drohe eine Entwicklung wie bei den Ärzten. Bei einer Klage gegen ein Angebot zur digitalen Krankschreibung habe das Gericht Schwierigkeiten gehabt, einen fachlichen Standard für die übliche Vorgehensweise zu finden. 

So bestehe die Gefahr, dass die Fernbehandlung als Normalfall betrachtet werde. Mecking erklärte, Verfahren zu pharmazeutischen Themen würden bereits Fahrt aufnehmen. Darum müssten die Apotheker den Gerichten zuvorkommen und fachliche Standards setzen. Dafür gelte es Verbündete zu generieren und das Thema gemeinsam mit Ärzten und Patientenvertretern anzugehen.

Um welche Dienstleistungen geht es?

Dr. Christian Rotta (Foto: Moritz Hahn)

In der Diskussion wurde deutlich, dass für eine Telepharmazieverordnung noch viel zu klären ist, angefangen bei der Definition für telepharmazeutische Leistungen. Im Vortrag wurden die Beratung und weitergehende Dienstleistungen mit einer Kommunikation über elektronische Medien angesprochen. Doch es kann auch um grundlegend neue Leistungen mit digitalen Instrumenten gehen, beispielsweise das Monitoring der Arzneimittelanwendung.

Gastgeber und Verleger Dr. Christian Rotta betonte in der Diskussion, bei den zu regelnden Leistungen sei der Bezug zum Arzneimittel entscheidend. Denn dieser begründe die Zuständigkeit der Apotheke. Dabei gehe es um die Definition der Leistungen als pharmazeutische Tätigkeiten. Dies sei von der Frage nach der Honorierung der Leistungen zu unterscheiden.

Wann sind Plattformen zulässig?

Diskutiert wurde auch über die Frage, ob Plattformen für Arzneimittellieferungen apothekenrechtlich überhaupt zulässig sind. Rotta fasste das Ergebnis in zwei Punkten zusammen. Wenn die Apotheke sich auf der Plattform als solche präsentiere, bestehe kein Widerspruch zum Fremdbesitzverbot. Außerdem komme es auf die Regelung der Vergütung an.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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