Abhängigkeiten in der Arzneimittelherstellung

BfArM: Engpässe führen zu enormen Aufwendungen auf allen Seiten

Stuttgart - 16.03.2022, 16:45 Uhr

Alle sind sich einig: Wir brauchen mehr Produktion in Europa. Aber auch das globale Netzwerk kann die Resilienz der Lieferketten stärken. (Foto: ParamePrizma / AdobeStock)

Alle sind sich einig: Wir brauchen mehr Produktion in Europa. Aber auch das globale Netzwerk kann die Resilienz der Lieferketten stärken. (Foto: ParamePrizma / AdobeStock)


Pharmafirmen: Gesundheitspolitik nicht ohne Industriepolitik betrachten

Dr. Marco Penske (Head Market Access & Health Affairs, Boehringer Ingelheim Pharma) sprach in seinem anschließenden Vortrag ebenfalls von der Konzentrierung auf wenige Wirkstoffhersteller und begrüßte die erweiterten „Management-Möglichkeiten“ des BfArM hinsichtlich Lieferengpässen. Jedoch würden diese nicht bei der Ursache des Problems ansetzen: „Wir brauchen mehr Produktion in Europa“, wobei das globale Netzwerk zusätzlich die Resilienz stärke – man brauche also beides. Dabei solle man die Wirkstoffproduktion in Europa auch als Standortpolitik verstehen, sie bringe Arbeitsplätze und Wachstum. 

Was Instrumente wie Rabattverträge angehe, müsse man reflektieren, wie viel die Hersteller tatsächlich in die Sicherheit investiert haben. Die Liefersicherheit dürfe also keine Formalie im Rabattvertrag sein. Auch hohe Strafen bei nicht Lieferfähigkeit nützten den Patient:innen nichts: „Dann ist das Kind schon in den Brunnen gefallen“, sagte Penske. Er ist der Meinung: Für Verlässlichkeit braucht es auch Verbindlichkeit. 

Zudem muss man laut Penske Marktwirtschaft richtig verstehen: Höhere Standards würden eben auch zu höheren Kosten führen. In Fällen wie Antibiotika würden allerdings die Marktmechanismen versagen. Außerdem plädierte Penske für einen Bürokratieabbau, den auch der Moderator der Veranstaltung Prof. Dr. Stefan Huster, unparteiischer Vorsitzender der AMNOG-Schiedsstelle, begrüßen würde. Er sagte in der Diskussion mit den drei Vortragenden, dass viele Ebenen nicht gut abgestimmt seien, und dass sie eventuell sogar gegeneinander ausgespielt würden.

„Wir stehen nicht kurz vor dem Abgrund“

Auch Dr. Stefan Kentrup (Vice President Public Affairs, Sanofi) machte wie Penske auf die notwendige Attraktivität des Pharmastandorts aufmerksam. Man müsse Pharma- und Industriepolitik zusammen denken, und dürfe nicht singulär über Gesundheitspolitik sprechen. Man müsse zudem den harten internationalen Wettbewerb verstehen, dabei sei auch Innovation entscheidend. Denn die Wetschöpfungskette beginne in der Forschung und Entwicklung. Zudem sagte Kentrup: „Wir müssen auch eine Energierevolution meistern.“

Horn betonte abschließend, dass Versorgungsengpässe in Deutschland keineswegs an der Tagesordnung seien: „Wir stehen nicht kurz vor dem Abgrund“. Jetzt würden aber die Weichen neu gestellt, man müsse jetzt handeln. Dabei solle man sich nicht auf den Minimalkonsens berufen, sondern mutige Schritte nach vorne machen.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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