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Hilfsmittelbürokratie in Apotheken
Präqualifizieren trotz Betriebserlaubnis?
Apotheken, die Hilfsmittel zulasten der GKV abgeben, müssen bekanntlich präqualifiziert sein. Dies soll der Qualitätssicherung in der Hilfsmittelversorgung dienen – die Bürokratie wird dabei von den Krankenkassen auf die Leistungserbringer abgewälzt. Doch viele Anforderungen der Präqualifizierung erfüllen die Apotheken ohnehin bereits auf Grundlage ihrer Betriebserlaubnis. Daher stellt sich die Frage, weshalb Apotheken überhaupt den Formalien des Hilfsmittelmarkts nachkommen müssen.
Der Bürokratiewahnsinn im Hilfsmittelbereich der Krankenkassen erreichte zum Jahreswechsel einen neuen Höhepunkt: Ende Oktober 2021 informierten die Präqualifizierungsstellen darüber, dass ab dem Jahr 2022 Trink- und Sondennahrungen im Kriterienkatalog der Präqualifizierung (PQ) aufgeführt werden. Eingruppiert wurden sie in den Bereich 03-Applikationshilfen. Trink- und Sondennahrungen galten bis dato als Arzneimittel und konnten ohne besondere Auflagen an GKV-Versicherte abgegeben werden. Nun ist auch für diesen Bereich eine PQ erforderlich und Apothekerverbände sowie Inhaberinnen und Inhaber sind über diese Neuregelung mehr als irritiert.
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Für Trink- und Sondennahrung künftig Präqualifizierung erforderlich
Bei der Begründung für diese Entscheidung verweist der GKV-Spitzenverband auf den §31 Abs. 5 Satz 6 SGB V. In diesem Paragraph (der übrigens „Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung“ heißt) steht im erwähnten Satz 6: „Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend.“ § 126 bezieht sich auf die Pflicht zur PQ, § 127 auf das Schließen von Hilfsmittelverträgen.
Warum stehen Nicht-Hilfsmittel im Kriterienkatalog für Hilfsmittel?
Warum man aber Produkte, bei denen es sich nicht um Hilfsmittel handelt (wie der GKV-Spitzenverband selbst einräumt), in den Kriterienkatalog aufnimmt, erschließt sich aus den zu lesenden Begründungen des Spitzenverbands nicht wirklich. Fest steht, dass Apotheken nun folgendes beachten müssen: Bei Arzneimittelverträgen, in denen Trink- und Sondennahrungen aufgeführt werden, besteht keine Notwendigkeit, aktiv zu werden. Denn in diesen Verträgen ist keine Pflicht zur PQ fixiert.
Anders sieht es bei aktuell gültigen Hilfsmittelverträgen aus, in denen neben den Hilfsmitteln zur Applikation auch Trink- und Sondennahrungen stehen. Enthalten diese Verträge einen Passus, wonach für alle in diesem Vertrag geregelten Produkte § 126 gilt (also die Pflicht zur PQ), so muss hier seit Januar 2022 die PQ beantragt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Kostenträger die Leistung wegen fehlender Präqualifizierung nicht vergüten – auch wenn ihre Versicherten mit den jeweiligen Produkten versorgt wurden.
Viele Nachweise bereits für die Betriebserlaubnis erbracht
Dieser ganze Vorgang wirft mal wieder die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Formalien des Hilfsmittelmarkts auf. Das Ziel der Einführung einer PQ war, für (noch) mehr Qualität in der Versorgung der GKV-Versicherten zu sorgen. Allerdings wurde dabei nicht berücksichtigt, dass viele Anforderungen der PQ von Apotheken bereits bei der Beantragung ihrer Betriebserlaubnis erfüllt sein müssen. Ein Beispiel: Als apothekenübliche Hilfsmittel sind Lanzetten für Pens (Produktgruppe 03), Inhaliergeräte aus der Gruppe 14 sowie Blutdruckmessgeräte aus der Gruppe 21 anzusehen. Folgende Nachweise werden schon bei der Beantragung einer Betriebserlaubnis benötigt, aber zusätzlich auch für die PQ:
- Approbation
- Mietvertrag oder Auszug aus dem Grundbuch
- Führungszeugnis
- Fotonachweis Lagermöglichkeit
- Fotonachweis getrennte Lagermöglichkeit (rein/unrein)
- Fotonachweis abgetrennter Beratungsbereich
- Skizze über Grundriss
- Eigenerklärung über Beachtung des § 128 SGB V (unzulässige Zusammenarbeit).
Damit kommt es zu erheblichen Überschneidungen und unnötiger Bürokratie. Absurderweise wird für Apotheken bei der Beantragung der Präqualifizierung sogar noch die Betriebserlaubnis selbst gefordert.
DAT-Antrag: Präqualifizierung nur für bestimmte Versorgungsbereiche
Ob durch all die Anforderungen zur Erlangung der Präqualifizierung wirklich die Qualität in der Patientenversorgung gesteigert wird, ist also mehr als fraglich. Beim Deutschen Apothekertag 2019 wurde ein Antrag angenommen, dessen Kernforderung ist, dass mit Erteilung einer Apothekenbetriebserlaubnis automatisch einige bestimmte Hilfsmittel durch die Apotheken abgegeben werden dürfen. Eine Präqualifizierung würde dann nur noch für speziellere Versorgungsbereiche notwendig werden. Doch eine Reaktion auf diese Forderung seitens ABDA oder Gesetzgeber ist bisher nicht erfolgt bzw. öffentlich nicht bekannt.
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Schon im Jahr 2015 hatte die ABDA beim GKV-Spitzenverband interveniert und auf diesen Umstand hingewiesen. Letztlich erfolglos, wie Hilfsmittelexperte Thomas Platz in seinem aktuellen DAZ-Beitrag erläutert. Der Sinn einer Präqualifizierung werde seiner Meinung auch dadurch in Frage gestellt, dass eine ganze Reihe von Hilfsmitteln wie saugende Inkontinenzprodukte, Inhaliergeräte, Pen-Nadeln, Blutdruck-Messgeräte rechtlich konform ohne Einweisung von präqualifizierten Vertragspartnern der Krankenkassen versendet werden. Bei diesen Versendern sei es laut Platz mehr als fraglich, ob beispielsweise jemals ein Patient in den Räumen des Leistungserbringers war.
In der aktuellen DAZ Nr. 6 finden Sie den gesamten Artikel „Warum eigentlich präqualifizieren? Über den Sinn und Unsinn bei der Hilfsmittelversorgung durch Apotheken“ von Thomas Platz.
5 Kommentare
Gleich lange Spiesse
von Thomas B am 14.02.2022 um 8:21 Uhr
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Des Wahsinns fette Beute
von Tilman Hecht am 12.02.2022 um 11:26 Uhr
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Präqualifizierung - Inhaltlich leer
von Jochen Müller am 10.02.2022 um 21:53 Uhr
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Präqualifiz.
von Wolfgang Steffan am 10.02.2022 um 9:18 Uhr
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von Olaf Rose am 10.02.2022 um 8:44 Uhr
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