Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen

BVDAK: Schnelles Boostern geht nur mit Apotheken

Berlin - 15.11.2021, 11:00 Uhr

BVDAK-Chef Stefan Hartmann fordert die Politik auf, die Auffrischimpfung gegen COVID-19 auch in den Apotheken zu ermöglichen. (b/Foto: BVDAK)

BVDAK-Chef Stefan Hartmann fordert die Politik auf, die Auffrischimpfung gegen COVID-19 auch in den Apotheken zu ermöglichen. (b/Foto: BVDAK)


Viele Risikopatienten und Senioren müssen derzeit auf einen erneuten Impftermin gegen COVID-19 warten. Während Spahn versucht, die Ärzteschaft mit mehr Geld dazu zu bewegen, das Tempo bei den Auffrischimpfungen zu erhöhen, ist für den Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen klar: Schnelles Boostern wird nur klappen, wenn die Apotheken mitimpfen dürfen. Verbandschef Hartmann fordert die Politik auf, den Weg dafür freizumachen.

Am heutigen Montag meldet das Robert Koch-Institut einen traurigen Rekord: Erstmals steigt die Sieben-Tage-Inzidenz hierzulande auf mehr als 300. Umso wichtiger dürfte es werden, der Impfkampagne neuen Schwung zu verleihen und den COVID-19-Impfschutz besonders vulnerabler Personen aufzufrischen. Doch was das Tempo bei den Boosterimpfungen betrifft, bleibt noch viel Luft nach oben.

Wie kann es gelingen, jetzt schnellstmöglich zumindest den Risikogruppen eine Auffrischimpfung anzubieten? Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) versucht es mit Geld: Wie er bereits am vergangenen Freitag vor Journalisten in Berlin ankündigte, wird es eine saftige Honorarerhöhung für die Ärzteschaft geben. Statt wie bisher 20 Euro bekommen Ärztinnen und Ärzte demnach künftig pro COVID-19-Impfung 28 Euro, am Wochenende sind es sogar 36 Euro. Eine entsprechende Anpassung der Corona-Impfverordnung soll bereits morgen wirksam werden.

Unter den möglichen Ampel-Koalitionären mehren sich dagegen die Stimmen, die Impfung auch in den Apotheken verabreichen zu lassen – immerhin laufen vielerorts bereits Modellprojekte zur Grippeimpfung in den Apotheken, das Personal ist entsprechend geschult. Neben dem Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sprach sich auch SPD-Experte Karl Lauterbach für diesen Weg aus. Zuletzt dachte zudem seine Parteikollegin und gesundheitspolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im Bundestag, Sabine Dittmar, laut darüber nach. Alle drei sind übrigens Ärzte.

Jetzt meldet sich auch der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) zu Wort. Aus Sicht des Verbands steht fest: Schnelles Boostern wird nur mit den Apotheken möglich sein. Und dass Apotheken impfen, ist laut einer Pressemitteilung des BVDAK vom heutigen Montag gar nicht mal ungewöhnlich: „In zehn europäischen Ländern dürfen Apotheken schon sehr erfolgreich und seit Jahren gegen Grippe und in acht Ländern gegen COVID impfen“, betonen die Kooperationsapotheker.

Infektionsdynamik mit Apotheken-Impfungen brechen

In vielen Ländern helfen viele Heilberufe bei der Bekämpfung der Pandemie mit – das sei auch in Deutschland möglich, betont der BVDAK-Vorsitzende Stefan Hartmann. „Für schnelles Handeln zur Beschleunigung der Booster-Impfungen stehen viele Apotheken mit ihren Teams bereit“, ist er sich sicher. Damit könne die Infektionsdynamik noch gehemmt werden. Und bisher sei aus den Modellprojekten zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken keine negativen Rückmeldungen zu hören gewesen.

Lange Wartezeiten in den Praxen

In den Praxen würden die nächsten Boostertermine vielerorts erst für Mitte Dezember vergeben, heißt es in der Mitteilung. Die Ärzte arbeiteten am Rande ihrer Belastungsgrenze. Hartmann verwies auf das Beispiel Südtirol, wo es ebenfalls am Impftempo fehlte. Dort habe man die Lösung gefunden. „Mit den Apotheken hat uns noch ein wichtiger Partner für ein flächendeckendes Impfangebot gefehlt und ich bin froh, dass wir diesen Schritt nun machen konnten“, zitiert der BVDAK den dort zuständigen Gesundheitslandesrat.

Seit dem Jahr 2019 habe der BVDAK in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium das Thema „Modellprojekte Grippeimpfungen in Apotheken“ vorangetrieben – gegen große Vorbehalte der eigenen Standesführung. Möglich wurden solche Projekte mit Inkrafttreten des Masernschutzgesetzes im März 2020. „Nun fordern wir die Politik auf, schnellstmöglich die laufenden Modellprojekte in den Regelbetrieb zu überführen. Die stationären Apotheken in Deutschland sollen impfen dürfen und aktuell beim Boostern zur Beschleunigung beitragen“, fordert Hartmann.

Bürokratismus vermeiden

Das könne sofort und ohne zusätzlichen großen bürokratischen und organisatorischen Aufwand geschehen. Apothekenteams seien in ihrer Vielzahl in dieser Notlage wirklich agile, zusätzliche Unterstützer der Politik. Das konnten die Apotheken beim Antigenschnelltesten, bei der Digitalisierung von Impfzertifikaten und vielen Dingen mehr während der Pandemie „eindrucksvoll und beachtenswert“ unter Beweis stellen, schreibt der Verband. „Der BVDAK spricht sich in dieser neuen Legislaturperiode dafür aus, dass Apotheken gegen Grippe und COVID-19 aber mittelfristig auch andere Impfungen – im Rahmen des Regelbetriebs – vornehmen dürfen und bittet die ABDA um nachhaltige Unterstützung bei der schnellen Etablierung eines niedrigschwelligen Angebots“, so Hartmann. „Zuviel Bürokratismus ist zu vermeiden.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Covid-Booster

von Joachim Sievers am 16.11.2021 um 10:12 Uhr

Alle Fachleute sind sich einig: Wir brauchen deutschlandweit ein qualifiziertes, niedrig-schwelliges Impfangebot - besser gestern als heute.
Was spricht dafür, unsere öffentlichen Apotheken mit dieser Aufgabe zu betreuen?
Apotheken sind über die gesamte Republik verteilt, jeder Betrieb verfügt mit seinem Notdienstzimmer über einen diskreten Raum mit Liege, eine Rezeptur zur aseptischen Vorbereitung des Impfstoffs, einen mit Thermometer überwachten Kühlschrank und eine etablierte Beziehung zum pharmazeutischen Großhandel zwecks Anlieferung der Injektionen.
Das pharmazeutische Personal besitzt ohne weiteres die Kompetenz zur Impfberatung - einschließlich der Qualifikation, Schwangere, Mutimorbide, Allergiker etc. an ärztliche Kollegen zu verweisen. Die korrekte Lagerung, Zubereitung und Impfdokumentation sind gelebter Arbeitsalltag. Allerdings bedurfte es einer Schulung des pharmazeutischen Personals zum Erlernen der Impftechnik im Oberarm, für das ich pauschal eine 3 stündige Einweisung durch einen benachbarten ärztlichen Kollegen kalkuliere.
Es fehlt an ausreichend Personal; da der Arbeitsmarkt leer gefegt ist, ließe sich das Problem durch eine zeitlich begrenzte, sehr gut bezahlte Verlängerung der Öffnungszeiten (z.B. von 6:00 - 9:00, über die Mittagszeit oder in verlängerten Abendstunden) in vielen Fällen lösen.
Für die Bereitstellung von Raum, Personal und Qualifikation schlage ich pro Stunde pauschal, dass heißt unabhängig von den tatsächlich appliziert Impfdosen, eine Entlohnung von 500,- vor, sämtliches Material wird nach Aufwand abgerechnet.
Ich gehe jede Wette ein, dass dieses Vorschlag effektiver und wesentlich kostengünstiger als jedes Alternativmodell mit Impfbussen sein wird - allerdings wird er nicht zum Zuge kommen, da in den Vorstandsköpfen der Verbandsfunktionäre nicht sein werden darf, was so leicht gelänge.

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