USA und Deutschland sind nicht vergleichbar

COVID-19-Impfung: Kinderärzte wollen EMA und STIKO-Empfehlung abwarten

Stuttgart - 27.10.2021, 10:45 Uhr

Es sei für den Erfolg der Impfkampagne bei Kindern zu hoffen, dass die Politik nicht erneut öffentlich Druck auf die STIKO ausübe, meint der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske. (x / Foto: Rawpixel.com / AdobeStock)

Es sei für den Erfolg der Impfkampagne bei Kindern zu hoffen, dass die Politik nicht erneut öffentlich Druck auf die STIKO ausübe, meint der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske. (x / Foto: Rawpixel.com / AdobeStock)


Sowohl die EMA als auch die FDA prüfen bereits die Zulassung des COVID-19-Impfstoffs Comirnaty (Pfizer/Biontech) für Kinder ab fünf Jahren. Auch Moderna strebt danach, seinen mRNA-Impfstoff bei ab Sechsjährigen einzusetzen. In den USA könnten Corona-Impfungen für Kinder ab fünf Jahren nun Anfang November beginnen – in Deutschland müssen sich impfwillige Eltern voraussichtlich aber auf einen späteren Start einstellen.

In den USA sollte am Dienstag ein Beratergremium der Arzneimittelbehörde FDA über eine mögliche Notfallzulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer bei Kindern diskutieren, das berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Es geht um eine geringere Dosis, 10 µg statt 30 µg pro Dosis, als bei Jugendlichen und Erwachsenen. Die endgültige FDA-Entscheidung könnte innerhalb von Stunden oder Tagen nach der Empfehlung der Berater folgen, hieß es. Im Anschluss muss sich formell zwar auch noch die Gesundheitsbehörde CDC damit befassen – Corona-Impfungen für Kinder ab fünf Jahren könnten in den USA demnach dennoch schon Anfang November beginnen. 

Anders in Deutschland: Der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, rechnet mit einer Zulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer durch die EU-Arzneimittelbehörde EMA frühestens Mitte November. „Wir werden dann auf die STIKO-Empfehlung warten.“ Für Deutschland sei die Frage der Bewertung des Impfstoffs für Fünf- bis Elfjährige noch offen, sagte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO), Professor Thomas Mertens. Auch die DAZ berichtete erst kürzlich darüber, wie es laut STIKO nun mit den Corona-Impfungen bei (Klein)kindern voraussichtlich weitergehen wird. 

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„Wir haben noch keine Datengrundlage für unsere Bewertung und Empfehlung“, sagte Mertens. Erst einmal sei die Zulassung durch die EMA wichtig. „Die STIKO hat die Daten aus der Zulassungsstudie zur Sicherheit und Wirksamkeit noch nicht gesehen und bewertet.“ Klar sei aber, dass eine solche Studie mit weniger als 3.000 Probanden das Risiko seltener Nebenwirkungen nicht erfassen könne. Dabei bezieht er sich auf die klinische Studie, die nach Angaben von Biontech/Pfizer zeigt, dass der Impfstoff für Kinder dieser Altersgruppe „gut verträglich“ ist und eine „starke Immunantwort“ einen Monat nach der zweiten Dosis hervorruft. An der Studie nahmen 2.268 Kinder der Altersgruppe teil.

Für das Gremium stelle sich das gleiche Problem wie vor der Impfempfehlung für die 12- bis 17-Jährigen, sagte Mertens. „Kinder haben eine sehr geringe Krankheitslast durch SARS-CoV-2. Es gilt deshalb, erwartbare positive Effekte und denkbare unerwünschte Wirkungen durch die Impfung sehr genau gegeneinander abzuwägen.“ Die STIKO werde wieder eine eigene Datenanalyse durchführen.

Kinder in den USA erkranken häufiger schwer an COVID-19

Die Ausgangslage in den USA ist für Mertens nicht mit der hiesigen vergleichbar. „Kinder dort erkranken offenbar deutlich häufiger schwer an COVID-19. Möglicherweise liegt das an dem dortigen Gesundheitssystem und dem höheren Anteil von Kindern mit Risikofaktoren wie zum Beispiel metabolischem Syndrom oder schlecht eingestelltem Diabetes.“

Kinderärzte-Sprecher Maske rechnet wie bei den 12- bis 17-Jährigen zunächst mit einer STIKO-Empfehlung für chronisch kranke Kinder und eventuell mit einer „Kann-Regelung“, die auch Impfungen aller anderen Kinder ermöglicht. „Die Schwierigkeit ist, dass bisher Erfahrungswerte anderer Länder fehlen.“ Bestimmte Vorerkrankungen gelten als Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf.

Kinder im Off-Label-Use impfen – eine Option?

Es gebe großen Druck von einem Teil der Eltern, die ihre Kinder möglichst bald impfen lassen wollen, berichtete Maske. Es gebe Ärzte, die gezielt Impfungen im sogenannten Off-Label-Use anbieten, also auch ohne Zulassung für die Altersgruppe. Dies sei nicht illegal, aber letztlich eine Frage der Sicherheit. Insgesamt geht Maske davon aus, dass die Anzahl der auf diesem Weg Geimpften sehr gering ist.

Es sei für den Erfolg der Impfkampagne bei Kindern zu hoffen, dass die Politik nicht erneut öffentlich Druck auf die STIKO ausübe, sagte Maske. „Bei den 12- bis 17-Jährigen hat das viel Verwirrung gestiftet und uns Kinderärzte viel Überzeugungsarbeit gekostet.“

SARS-CoV-2 wird in Deutschland derzeit insbesondere bei Kindern und Jugendlichen nachgewiesen. Die Sieben-Tage-Inzidenz bei 5- bis 14-Jährigen gab das Robert Koch-Institut (RKI) am Dienstag (26. Oktober 2021) mit 207,4 an, Tendenz steigend. Über alle Altersgruppen hinweg sprach das RKI von 113 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche, vor einer Woche waren es 75,1.


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