Kinder und Jugendliche von 12 bis 17 Jahren

STIKO rät zu COVID-19-Impfung von Jugendlichen

Stuttgart - 16.08.2021, 13:45 Uhr

Seit dem 16. August 2021 rät die STIKO, dass Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren sich gegen COVID-19 impfen lassen sollen. (Foto: Africa Studio / AdobeStock) 

Seit dem 16. August 2021 rät die STIKO, dass Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren sich gegen COVID-19 impfen lassen sollen. (Foto: Africa Studio / AdobeStock) 


Die Politik war bereits vorgeprescht und sieht eine Impfung von ab Zwölfjährigen seit Anfang August vor. Nun rät auch die Ständige Impfkommission (STIKO), dass sich Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren gegen COVID-19 impfen lassen sollen. Derzeit sind in der EU die beiden mRNA-Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna für ab Zwölfjährige zugelassen.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt eine COVID-19-Impfung für Kinder und Jugendliche. Sie veröffentlichte am 16. August ihren Beschlussentwurf, dieser geht nun in das Stellungnahmeverfahren mit den Bundesländern und den beteiligten Fachkreisen. Die endgültige Impfempfehlung veröffentlicht die STIKO sodann „zeitnah“ im Epidemiologischen Bulletin.

Noch am 10. Juni hatte sich die STIKO gegen eine generelle Impfung aller Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren ausgesprochen. Stattdessen hatte sie nur vorerkrankten Kindern und Jugendlichen mit erhöhtem Risiko für schwere Corona-Verläufe und bei bestimmten Indikationen (vulnerable Personen ohne ausreichenden Immunschutz im persönlichen Umfeld, beruflicher Exposition gegen über SARS-CoV-2) eine Corona-Impfung nahegelegt. Zudem hatte sie die Möglichkeit eingeräumt, dass nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung, Kinder und Jugendliche geimpft werden könnten. Damals hatte sie ihre zurückhaltende Empfehlung auf vier Argumente gestützt: 

  • Kinder und Jugendliche hätten hierzulande nur „ein geringes Risiko“, schwerwiegend an COVID-19 zu erkranken, 
  • der Kenntnisstand über seltene Nebenwirkungen der neuen mRNA-Impfstoffe sei in dieser Altersgruppe „begrenzt“, 
  • es gebe erste Berichte zu Herzmuskelentzündungen im zeitlichen Zusammenhang mit mRNA-Impfungen, vor allem bei Jungen und jungen Männern, 
  • und die laut Modellrechnungen damals „geringen Auswirkungen“ der Jugendlichenimpfung zum Verlauf des Infektionsgeschehens.

Myokarditis verläuft unkompliziert

Nun hat sich die Datenlage geändert, und die STIKO kann ihre Empfehlung auf einen satteren Datensatz bauen: „Auf der Grundlage neuer Überwachungsdaten, insbesondere aus dem amerikanischen Impfprogramm mit nahezu zehn Millionen geimpften Kindern und Jugendlichen, können mögliche Risiken der Impfung für diese Altersgruppe jetzt zuverlässiger quantifiziert und beurteilt werden“, erklärt die STIKO. Die sehr seltenen, bevorzugt bei jungen männlichen Geimpften im Zusammenhang mit der Impfung beobachteten Herzmuskelentzündungen, müssten als Impfnebenwirkungen gewertet werden. Zwar seien in der Mehrzahl der Fälle die Patienten mit diesen Herzmuskelentzündungen hospitalisiert worden, doch hatten sie unter der entsprechenden medizinischen Versorgung einen unkomplizierten Verlauf, weiß die STIKO nun. Zudem gebe es mittlerweile Hinweise aus neueren Untersuchungen aus dem Ausland, dass auch COVID-19 unter Herzbeteiligungen verlaufen könnte.

Keine schweren Nebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen nach mRNA-Impfung

Auch kann die STIKO jetzt hinsichtlich schwerwiegender Nebenwirkungen im Zusammenhang mit mRNA-Impfstoffen beruhigen: Es seien bisher „keine Signale für weitere schwere Nebenwirkungen nach mRNA-Impfung aufgetreten, insbesondere auch nicht bei Kindern und Jugendlichen“, schreibt die STIKO in ihrer heutigen Stellungnahme.

Delta-Variante erhöht Risiko für SARS-CoV-2 – auch bei Kindern und Jugendlichen

Auch auf die mittlerweile dominierende Delta-Variante geht die STIKO ein: Aktuelle mathematische Modellierungen, die die nun dominierende Delta-Variante berücksichtigten, hätten gezeigt, dass für Kinder und Jugendliche ein deutlich höheres Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion in einer möglichen vierten Infektionswelle bestehe.

Long-COVID-Risiko noch unklar

Immer noch wenige Daten gibt es hingegen zu Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung bei Jugendlichen. Die STIKO erklärt deswegen: „Unsicher bleibt, ob und wie häufig Long-COVID bei Kindern und Jugendlichen auftritt“.

Die STIKO kommt nach „sorgfältiger Bewertung dieser neuen wissenschaftlichen Beobachtungen und Daten“ zu der Einschätzung, dass nach „gegenwärtigem Wissenstand die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen“. Und weiter: „Daher hat die STIKO entschieden, ihre bisherige Einschätzung zu aktualisieren und eine allgemeine COVID-19-Impfempfehlung für Zwölf- bis 17-Jährige auszusprechen“.

Impfung soll nicht Voraussetzung zur sozialen Teilhabe sein

Man ziele damit in erste Linie auf den direkten Schutz der geimpften Kinder und Jugendlichen vor COVID-19 und den damit assoziierten psychosozialen Folgeerscheinungen ab. Unbenommen davon solle die Impfung nach ärztlicher Aufklärung zum Nutzen und Risiko erfolgen. Wichtig ist der STIKO auch dieser Punkt: „Die STIKO spricht sich ausdrücklich dagegen aus, dass bei Kindern und Jugendlichen eine Impfung zur Voraussetzung sozialer Teilhabe gemacht wird“.

Politik hatte Jungendlichenimpfung bereits beschlossen

Dieser STIKO-Empfehlung geht eine turbulente Vorgeschichte voraus, hatten sich doch die Gesundheitsminister der Länder in ihrer Konferenz am 2. August über die damalige wissenschaftliche Einschätzung der STIKO hinweggesetzt, Kinder- und Jugendlichenimpfungen gegen COVID-19 den Weg geebnet und sich explizit für COVID-19-Impfungen von Zwölf -bis 17-Jährige ausgesprochen. Die Sächsische Impfkommission SIKO hatte die Jugendlichenimpfung bereits am 1. August empfohlen. Derzeit können für Kinder- und Jugendlichenimpfungen ab zwölf Jahren die beiden mRNA-Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna angewendet werden.

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Wie wichtig jedoch die wissenschaftliche Einschätzung der STIKO ist, zeigt eine Studie „Familien in der Krise“ der Pronova BKK (Befragung von 1.000 Menschen mit mindestens einem Kind im Haushalt). Deren Ergebnisse zufolge wollen 43 Prozent der Eltern ihr Kind erst nach STIKO-Empfehlung impfen lassen. Derzeit sind laut RKI 24,3 Prozent der ab Zwölfjährigen mindestens einmal geimpft, 15,1 Prozent verfügen über einen vollständigen Impfschutz.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Mathematische Modellierungen...

von Alex D am 16.08.2021 um 18:51 Uhr

Gibt es diese auch für den Fall, dass es irgendwelche Langzeitfolgen der Impfung geben sollte?
Sollte es so sein, wie mit der Schweinegrippe und Narkolepsie, wie würde da denn eine Modellrechnung aussehen?

Vielleicht könnte sich da mal ein Mathematiker oder "Modellrechner" mit beschäftigen...

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