Verwaltungsgericht Leipzig

Keine Filialapotheke für OHG ohne Hauptapotheke

Berlin - 30.07.2021, 10:45 Uhr

Das Verwaltungsgericht Leipzig hat geurteilt: Der Betreiber eines Apothekenverbunds muss stets eine einheitliche Person sein. Eine Filiale, die von einer OHG ohne Hauptapotheke betrieben wird, ist nicht zulässig. (x / Foto: IMAGO / Steinach)

Das Verwaltungsgericht Leipzig hat geurteilt: Der Betreiber eines Apothekenverbunds muss stets eine einheitliche Person sein. Eine Filiale, die von einer OHG ohne Hauptapotheke betrieben wird, ist nicht zulässig. (x / Foto: IMAGO / Steinach)


Zwei Apothekeninhaber, die jeweils eine eigene Betriebserlaubnis für eine Apotheke beziehungsweise eine Haupt- und eine Filialapotheke besitzen, können nicht gemeinsam in einer OHG eine weitere Apotheke als Filiale betreiben. Das hat das Verwaltungsgericht Leipzig entschieden. Durch ein solches Konstrukt entstünden zwei verschiedene, sich nur teilweise überschneidende Apothekenverbünde – und dies sei dem Apothekengesetz fremd. Zudem würde es das Fremd- als auch das (eingeschränkte) Mehrbesitzverbot zumindest gefährden.

Das Verwaltungsgericht Leipzig hat sich mit dem Antrag zweier Apotheker beschäftigt, die gemeinsam eine Apotheke betreiben wollten – und zwar als „OHG-Filiale“. Was soll man sich darunter vorstellen? Ausgangspunkt war, dass beide Approbierte bereits eine eigene Betriebserlaubnis besitzen: Einer der Apotheker betreibt eine Haupt- sowie eine Filialapotheke in Leipzig, der andere lediglich eine Hauptapotheke. Im März 2019 gründeten die beiden eine Offene Handelsgesellschaft (OHG), um gemeinsam eine weitere Apotheke, deren vormaliger Leiter insolvent gegangen war, zu erwerben und diese gemeinsam als „OHG-Filiale“ fortzuführen. Sie beantragten bei der zuständigen Behörde also eine entsprechende Erlaubnis beziehungsweise eine Änderung ihrer vorhandenen Betriebserlaubnisse zum zusätzlichen Betrieb der neuen, gemeinsamen Filiale. Dabei gaben sie an, dass für die neue Betriebsstätte ein Filialleiter eingesetzt werden solle. Ihre Einzelapotheken sollten ausdrücklich nicht in die OHG eingebracht, sondern weiterhin jeweils allein und getrennt voneinander geführt werden.

Die Behörde lehnte das Ansinnen ab. Es bestehe kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb der Apotheke als gemeinsame OHG-Filiale, ohne dabei die Einzelapotheken in die OHG einzubringen. Ihre Begründung: § 8 Satz 1 Apothekengesetz (ApoG), wonach mehrere Personen zusammen eine Apotheke betreiben können (nur in der Rechtsform einer GbR oder einer OHG) und in diesen Fällen alle Gesellschafter der Erlaubnis bedürfen, sei hier nicht anwendbar.  Das Vorhaben der beiden Apotheker würde dazu führen, dass sie jeweils eine Erlaubnis als eingetragener Kaufmann und eine als OHG-Gesellschafter führen würden – doch das sei rechtlich nicht vorgesehen. Vielmehr dürfe jeder Apotheker nur eine Betriebserlaubnis erhalten. Denn jeder einzelne Apotheker sei nach § 7 ApoG zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung verpflichtet. Diese Verpflichtung habe der Gesetzgeber nicht nur dem selbstständigen Apotheker, sondern auch dem OHG-Gesellschafter auferlegt. Zudem gefährde das Modell das Fremd- und Mehrbesitzverbot – so werde dadurch eine Kettenbildung von Apotheken möglich.

Die beiden Apotheker legten Widerspruch ein, die Behörde blieb bei ihrer Meinung und erklärte noch ergänzend, dass die Gründung einer einzelnen Apotheke als Filialapotheke ohne dazugehörige Hauptapotheke nicht möglich sei. 

Daraufhin zogen die Pharmazeuten vor Gericht. In ihrer Klage führten sie aus, dass die apothekenrechtlichen Normen ihr Vorhaben durchaus zuließen. Dem Wortlaut des § 8 Satz 1 ApoG könne nicht entnommen werden, dass mehrere Apotheker, wenn sie eine Apotheke gemeinsam als OHG betreiben wollten, alle ihre Apotheken in die Gesellschaft einbringen müssten.  

Nun hat das Verwaltungsgericht Leipzig die Klage in erster Instanz als unbegründet abgewiesen. Sie folgen der Argumentation der beklagten Behörde, wonach das Vorhaben nach dem Apothekengesetz nicht zulässig sei. Ein Anspruch auf Erteilung einer apothekenrechtlichen Erlaubnis bestehe daher nicht. 

Kettenbildung möglich

In ihrem Urteil weisen die Richter darauf hin, dass das Apothekengesetz lediglich zwei Möglichkeiten der Erlaubniserteilung vorsehe. So sei sie nach § 2 Abs. 1 ApoG zu erteilen, wenn der Antragsteller gewisse Voraussetzungen erfülle. Die Absätze 4 und 5 nennen zudem die Voraussetzungen für den Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken – einer Hauptapotheke mit bis zu drei Filialapotheken. Hieraus folge die Möglichkeit für den einzelnen Kaufmann, eine Apotheke beziehungsweise einen Apothekenverbund als alleiniger Inhaber zu betreiben. Diese Voraussetzungen erfüllten die Kläger und betrieben auch jeweils bereits eine Hauptapotheke, einer von ihnen zudem eine Filialapotheke.

Daneben eröffne § 8 ApoG eine weitere Möglichkeit. Danach können mehrere Personen zusammen eine Apotheke betreiben, jedoch nur in der Rechtsform einer GbR oder einer OHG; in diesen Fällen bedürfen alle Gesellschafter der Erlaubnis. Die Vorgaben für den Betrieb mehrerer Apotheken gelten entsprechend – also kann auch ein Apothekenverbund als OHG geführt werden. 

Gemischte Erlaubnis vom Gesetz nicht vorgesehen

Die beiden Kläger wollten aber „eine Art ‚gemischte‘ Erlaubnis“, konstatiert das Gericht: Neben ihren getrennt geführten Einzelapotheken möchten sie zusätzlich eine weitere Filiale in der Rechtsform der OHG betreiben. „Dieses Vorhaben ist jedoch vom Apothekengesetz nicht vorgesehen.“ Aus den beiden Normen folge gerade nicht, dass ein Apothekenverbund teilweise durch die Einzelinhaber und teilweise durch eine OHG beziehungsweise deren Gesellschafter betrieben werden könne. § 8 ApoG ändere nichts an der Notwendigkeit eines einheitlich geführten Verbunds. Das Vorhaben der Kläger würde zu zwei verschiedenen, sich nur teilweise überschneidenden Apothekenverbünden führen, was dem Apothekengesetz fremd sei.

Das Gericht sieht durch das von den Apothekern geplante Konstrukt zudem sowohl das Fremd- als auch das (eingeschränkte) Mehrbesitzverbot zumindest gefährdet. Es  würde zum einen dazu führen, dass die Verantwortung und Verfügungsgewalt über den begehrten Apothekenverbund in den Händen von drei Betreibern – den Klägern als einzelne Betreiber sowie der OHG – liegen würde. Einen einheitlichen Betreiber gäbe es nicht und somit wäre nicht erkennbar, wer der für den Verbund konkret verantwortliche Ansprechpartner ist. „Eine Teilung der Verantwortlichkeiten durch verschiedene Inhaber wollte der Gesetzgeber vermeiden“, so die Richter. Zudem könnten alle drei Betreiber  jeweils bis zu drei weitere Standorte öffnen wollen. Es könnte sich also Kette bilden. Allein die Gefahr sei bereits ausreichend, selbst wenn die Kläger erklärten, sie wollten keine weitere Filiale eröffnen.

Eine Berufung gegen das Urteil hat das Gericht nicht zugelassen, weil es die hierfür nötigen Voraussetzungen für nicht gegeben sieht. 

Verwaltungsgericht Leipzig, Urteil vom 17. Juni 2021, Az.: 5 K 1793/19 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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