Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts

Zunehmend Myokarditis-Meldungen nach COVID-19-Impfungen

Stuttgart - 14.06.2021, 17:50 Uhr

Das PEI hat bislang 90 Meldungen zu Herzmuskelentzündungen nach COVID-19-Impfungen erhalten, noch erkennt das Paul-Ehrlich-Institut kein Risikosignal. (Foto: jijomathai / AdobeStock)

Das PEI hat bislang 90 Meldungen zu Herzmuskelentzündungen nach COVID-19-Impfungen erhalten, noch erkennt das Paul-Ehrlich-Institut kein Risikosignal. (Foto: jijomathai / AdobeStock)


Was sagt das PEI zu Herzmuskelentzündungen nach COVID-19-Impfungen? 90 Fälle sind mittlerweile auch in Deutschland berichtet, das PEI sieht allerdings bislang kein Risikosignal. Am häufigsten trifft die potenziell seltene Nebenwirkung junge Männer, auch verläuft sie meist mild – das ist bereits aus Israel und von der CDC bekannt.

Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC untersucht derzeit einen möglichen Zusammenhang zwischen Corona-Impfungen und dem Auftreten einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis). Zum ersten Mal gab es bereits Ende April aus Israel Hinweise auf Myokarditiden nach einer Impfung mit der Biontech/Pfizer-Vakzine Comirnaty®. Anfang Juni schien sich dieser Verdacht zu erhärten, nachdem im Fachjournal „Science“ israelische Wissenschaftler erklärten, Comirnaty® „scheint junge Männer einem erhöhten Risiko für eine Herzmuskelentzündung“ auszusetzen. Sie sprachen von „seltenem“ Auftreten und von „milden“ Verläufen. Nun hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am 10. Juni seinen aktuellen Sicherheitsbericht veröffentlicht – wie schätzt das PEI das Risiko einer Myokarditis nach COVID-19-Impfung ein?

„In den vergangenen Wochen erhielt das Paul-Ehrlich-Institut zunehmend Meldungen über den Verdacht einer Myokarditis oder Perimyokarditis im zeitlichen Zusammenhang mit der Verabreichung von COVID-19-mRNA-Impfstoffen, insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“, erklärt das PEI. Es spricht von 92 Fällen, die das PEI seit Beginn der COVID-19-Impfungen (27.12.2020) erreicht haben (Datenstand 31. Mai 2021) – 69 Fälle traten nach Impfung mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff Comirnaty® auf, dieser wurde bislang in Deutschland auch mit 36.865.276 Impfungen am häufigsten verimpft. Sieben Fälle sind nach einer Impfung mit der mRNA-Vakzine von Moderna berichtet (bei bislang 3.972.764 Impfungen) und 14 Fälle nach Vaxzevria®-Impfung (bei bislang 9.230.103 Impfungen). Keine Meldung liegt dem PEI derzeit zu einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung) und/oder Perikarditis (Herzbeutelentzündung) nach Impfung mit dem Vektorimpfstoff Janssen vor, dieser erhielt als vorerst letzter COVID-19-Impfstoff die Zulassung und wurde 472.941-mal verabreicht. Zwei Fälle hat das PEI zwar erfasst, doch in der Datenanalyse nicht weiter aufgeführt – einmal gab es widersprüchliche Angaben zum verabreichten Impfstoff, ein anderes Mal hatte eine Frau nach der ersten Impfdosis COVID-19 sowie eine Myokarditis entwickelt.

Myokarditis und Perikarditis

Unter Myokarditis versteht man eine Entzündung des Herzmuskels, die sowohl Kinder als auch Erwachsene treffen kann, wobei junge Männer häufiger betroffen sind als junge Frauen. Ursächlich können einer Herzmuskelentzündung virale Infektionen oder Autoimmunerkrankungen (z. B. systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis) zugrunde liegen oder auch die Anwendung bestimmter Arzneimittel oder Gifte. Dem PEI zufolge hat die Erkrankung „eine hohe Selbstheilungsrate“, kann sich aber auch in einigen Fällen zu einer dilatativen Kardiomyopathie (Erkrankung, bei der sich die Struktur des Herzmuskels verändert und sich die Herzkammern erweitern) entwickeln. 

Bei einer Perikarditis liegt eine Entzündung des Herzbeutels vor, auch hier scheinen Männer zwischen 20 bis 50 Jahren das höchste Risiko zu haben. Meist – bei 40 bis 85 Prozent der Fälle – bleibt die Ursache unklar, doch auch hier seien Infektionen (meist viral, seltener bakteriell) oder Autoimmunerkrankungen ursächlich bekannt. Wie bei einer Myokarditis kann dem PEI zufolge auch eine Perikarditis „selbstlimitierend“ sein, doch auch Komplikationen (Perikarderguss) seien möglich.

Die meisten der vom PEI erfassten Patienten (61) hatten eine isolierte Myokarditis entwickelt, das heißt: Die Entzündung betraf „nur“ den Herzmuskel. Wenige Patienten – fünf – litten an einer isolierten Entzündung des Herzbeutels – Perikarditis – und bei 24 Patienten lag eine Mischform vor, eine Peri-Myokarditis.

Mehr Männer als Frauen

Den Daten des PEI zufolge – die mit internationalen Daten übereinstimmen – betreffen die meisten Meldungen zu Herzmuskelentzündungen männliche Jugendliche und junge Männer ab 16 Jahren: In 52 von 90 gemeldeten Fällen war der Geimpfte männlich, in 38 Fällen weiblich. Diese Beobachtungen hatten auch die CDC beschrieben. Die israelischen Wissenschaftler konnten sogar 90 Prozent der in Israel berichteten Fälle Männern zuordnen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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