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Betrug mit Corona-Tests
Vergütung für Bürgertests soll sinken
Angesichts des Verdachts auf Abrechnungsbetrug bei Corona-Teststellen planen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern schärfere Vorgaben. Dafür werden kurzfristig Neuregelungen in der Testverordnung angestrebt. Auch die Vergütung soll gesenkt werden, kündigte Gesundheitsminister Jens Spahn gestern bei „Anne Will“ in der ARD an.
Die Recherchen des WDR, NDR und der „Süddeutschen Zeitung“ zu dubiosen Abrechnungen von Corona-Testzentren haben am Wochenende weitere Kreise gezogen und auch die Politik aufgerüttelt. Bekannt wurden bislang Verdachtsfälle in Nordrhein-Westfalen und Bayern, die Staatsanwaltschaft Bochum hat bereits Ermittlungen aufgenommen.
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Recherchen von WDR, NDR und SZ
Keine Kontrolle: Testzentren rechnen offenbar nie durchgeführte Tests ab
Nun planen Gesundheitsminister von Bund und Ländern schärfere Vorgaben. Mit den kommunalen Spitzenverbänden solle beraten werden, wie Betrug weiter erschwert werden könne, meldet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Ansatzpunkte sollen demnach etwa sein, dass Sachkosten zur Zahl der Testkits von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) mit den abgerechneten Tests abgeglichen werden. Die Teststellen könnten den KVen ihre Steuer-Identifikationsnummer angeben müssen, damit Finanzämter abgerechnete Tests mit angegebenen Umsätzen abgleichen können. Die Zentren könnten eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes vorlegen müssen, dass sie Tests ordnungsgemäß vornehmen. Hanno Kautz, Pressesprecher des Bundesgesundheitsministeriums, bestätigte eine entsprechende Einigung von Bund und Ländern heute in der Regierungssprecherkonferenz. Er kündigte eine „sehr kurzfristige“ Änderung der Coronavirus-Testverordnung an – dabei spreche er von „Tagen, nicht von Wochen“.
Spahn: Gesundheitsämter in der Pflicht
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte am heutigen Montagmorgen im Deutschlandfunk, dass er bei der Kontrolle von Corona-Teststellen vor allem die Gesundheitsämter in der Pflicht sieht – sie sind schließlich vor Ort für die Beauftragung der Test-Anbieter zuständig. Wenn die Kommune vor Ort keine freien Kapazitäten habe, dann solle sie auch keine Einrichtungen damit beauftragen, die sie noch nicht genau angeschaut habe. „Der Bund setzt den Rahmen, der Bund gibt die Regeln vor, der Bund übernimmt die Kosten, aber der Bund kann nicht die Teststellen vor Ort kontrollieren“, sagte Spahn. Er betonte weiter, dass für die Tests generell nur das bezahlt wird, was auch im Einkauf bezahlt worden sei. Das sieht die Coronavirus-Testverordnung schon jetzt vor. Für die Beschaffungskosten sind demnach „höchstens“ 6 Euro pro Test zu zahlen. „Und das kann man kontrollieren und wir werden darüber sprechen, wie man das besser kontrollieren wird.“
„Unter 10 Euro“ für die Dienstleistung „Corona-Test“
Bereits am Sonntagabend hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei „Anne Will“ in der ARD erklärt, dass die Testzentren künftig auch weniger abrechnen können, weil die Marktpreise gesunken seien – dies sei auch schon vorher geplant gewesen. In welcher Höhe die Vergütung künftig liegen wird, dazu werde man jetzt eine Analyse machen. „Es gibt jetzt Tests für 2 Euro, für 4 Euro“, sagte Spahn. Für die Sachkosten könne er sich daher eine Erstattung einer Größenordnung von 3 bis 4 Euro vorstellen. Was die Dienstleistung an sich betrifft – für die Apotheken und andere „Dritte“ derzeit 12 Euro erhalten und Ärzte 15 Euro –, will Spahn auch weiterhin unterscheiden zwischen medizinischen und nicht-medizinischen Personal. Der Minister wollte sich von Anne Will nicht konkret festnageln lassen, sagte aber: „es wird unter 10 Euro sein“.
Außerdem erklärte Spahn, er wolle mit dem Bundesfinanzministerium sprechen, wie eine Rückkopplung mit den Finanzämtern möglich ist. „Denn mein Eindruck ist: Vor dem Finanzamt haben die meisten noch mal einen anderen Respekt als vor dem Gesundheitsamt“, sagt der CDU-Politiker.
Generell verteidigte der Minister aber die Bürgertests. Er warnte davor angesichts der bekannt gewordenen Einzelfälle, alle Anbieter über einen Kamm zu scheren. Spahn verwies zudem darauf, dass es in Deutschland gelungen sei, schnell eine funktionierende Testinfrastruktur mit vielen seriösen Anbietern aufzubauen, wie kaum andere Länder auf der Welt sie haben.
Lauterbach: Nur Stichproben möglich
Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte sich heute im ZDF-Morgenmagazin zum Thema: Er hält es für schwierig, das Geschäftsgebaren der Anbieter von Corona-Teststellen flächendeckend zu kontrollieren. „Ich glaube, es wird nur stichprobenweise überprüfbar sein“. Die Gesundheitsämter in den Kommunen seien überlastet, man könne aber auch die KVen noch mehr einbinden. Von einem Sonderermittler, wie ihn die FDP vorgeschlagen hatte, hält Lauterbach nichts. Außerdem muss aus seiner Sicht nicht nur die Abrechnungspraxis, sondern auch die Test-Qualität im Blick behalten werden.
Ullmann (FDP): Keine Überraschung
Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann forderte, die Corona-Test in die Hände von medizinischem Personal zu legen. Daneben kritisierte er die Bundesregierung. „Dass Schnelltests kommen würden, war keine Überraschung“, sagt er der „Augsburger Allgemeinen“ (Montag). „Deshalb ist es so erschreckend, dass die Bundesregierung sich offenbar keine Gedanken über die Abrechnungen gemacht hat. Verantwortlicher Umgang mit Geld spielt offenbar keine Rolle mehr.“
Dahmen (Grüne): Spahn und Scheuer in der Verantwortung
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sieht die Verantwortung bei der Task-Force der Bundesminister Spahn (CDU) und Andreas Scheuer (CSU), die für den Aufbau der Testzentren zuständig war. „Es war und ist richtig, dass wir sehr zügig und flächendeckend, kostenlose Schnelltests verfügbar gemacht haben. Aber es hätte nicht nur Schnelligkeit, sondern auch Sicherheit und Seriosität gebraucht“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Montag). „Es wäre Aufgabe der Task-Force der Minister Scheuer und Spahn gewesen, eine sichere und seriöse Testinfrastruktur zu gewährleisten.“
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