ApothekenRechtTag online

Testangebote von Apotheken: Behörden dürfen flexibel sein!

Stuttgart - 10.05.2021, 17:05 Uhr

Dr. Timo Kieser zeigte beim ApothekenRechtTag auf, was Apotheken beachten müssen, wenn sie Coronatests anbieten. (Foto: Schelbert)

Dr. Timo Kieser zeigte beim ApothekenRechtTag auf, was Apotheken beachten müssen, wenn sie Coronatests anbieten. (Foto: Schelbert)


Seit Ende Januar können auch Apotheken mit der Durchführung von PoC-Antigen-Schnelltests betraut werden. Seit im März der sogenannte Bürgertest eingeführt wurde, mehrt sich die Zahl der Apotheken, die diese Testungen auch tatsächlich anbieten. Doch die Regelungen rund ums Testen sind nicht so präzise, wie man es sich wünschen würde – das machte der Stuttgarter Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser beim ApothekenRechtTag online deutlich. Ein Knackpunkt ist beispielsweise der Ort der Testung. Wichtig für Apotheken ist zudem: Sie dürfen sich nicht von Unternehmen oder Schulen zu „Bürgertestungen“ auf Staatskosten verleiten lassen.

Die Coronavirus-Testverordnung hat bereits einige Wandlungen hinter sich. Eigentlich enthält sie viele Vorgaben – zum Anspruch, zu den Leistungserbringern, der Vergütung, Abrechnung und Finanzierung. Dennoch stehen Apotheken, die die Tests anbieten wollen, mancherorts vor Problemen, erklärte Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser am vergangenen Donnerstag beim ApothekenRechtTag online – denn am Ende sind es die Behörden vor Ort, die entscheiden, was geht und was nicht. Zum Beispiel, wo die Tests durchgeführt werden dürfen.

Wer als Apotheke beauftragt ist, Testungen nach der Coronavirus-Testverordnung vorzunehmen, hat sicher kein Problem, wenn die Tests in Räumen durchgeführt werden, die im Sinne der Raumeinheit von der Apothekenbetriebsordnung erfasst sind. Dabei muss zugleich sichergestellt sein, dass die Arzneimittelversorgung nicht beeinträchtigt wird. Allerdings ist das nicht für alle Apotheken eine Option, gerade nicht für kleinere. Denn aus Infektionsschutzgründen muss eine gewisse Trennung vom normalen Apothekenbetrieb gewährleistet sein. Relativ unproblematisch dürfte es laut Kieser auch sein, wenn in Räumen getestet wird, die zwar von der Betriebserlaubnis erfasst sind, aber bei denen keine Raumeinheit mehr besteht. Solche Ausnahmen sieht die Apothekenbetriebsordnung etwa für Lager- oder Versandräume vor, wenn sie in „angemessener Nähe“ zu den übrigen Betriebsräumen liegen. Aus Kiesers Sicht spricht aus Infektionsschutzgesichtspunkten nichts dagegen, zum Beispiel in solchen Versand- oder Lagerräumen Tests anzubieten – nach der Devise: „Überall hin, nur nicht dorthin, wo andere Menschen sind“. Die allermeisten Behörden, so der Anwalt, legten den Apotheken hier auch keine Steine in den Weg.

Kritischer kann es werden, wenn außerhalb der von der Betriebserlaubnis erfassten Räumlichkeiten getestet werden soll, etwa in Zelten, extra angemieteten Räumlichkeiten oder sogar in Betrieben, Schulen oder Kindergärten (wobei bei Letzteren klar sein muss, dass dort keine „Bürgertestungen“ durchgeführt werden!). Wer als Apotheke ein solches Angebot machen will, muss – je nach Bundesland – ebenfalls mit einem gewissen Gegenwind und einem Hinweis auf die Raumbindung rechnen. 

Wenige Argumente, das Testen im Zelt oder auf dem Parkplatz zu verbieten

Kieser meinte allerdings: Die Raumbindung gelte nur für monopolisierte Tätigkeiten, also solche, die nur die Apotheke anbieten könne – und das sei beim Testangebot gerade nicht der Fall. Argumentieren könne man hier mit der Rechtsprechung. Angefangen mit rund 25 Jahre alten höchstrichterlichen Urteilen zu Schütten mit nicht apothekenpflichtigen Waren vor Apotheken: Wolle sich eine Apotheke hier als Dienstleister im Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern präsentieren, müsse man die Raumbindung etwas großzügiger auslegen, befanden seinerzeit Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof. Letztlich, so Kieser, gebe es nur wenige Argumente, einem Apotheker zu verbieten, Tests unter dem Logo seiner Apotheke außerhalb der Betriebsräume anzubieten – also etwa auf einem Parkplatz, im Einkaufszentrum oder auch in Unternehmen. Nach seiner Wahrnehmung setzt sich bei den Behörden zunehmend die Vernunft durch. Dazu trage wohl auch die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung bei: Bereits seit Ende März vergangenen Jahres lässt diese zu, dass Behörden von den Vorschriften des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung (z. B. zum Personaleinsatz und Räumlichkeiten) abweichen können, soweit dies zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, Medizinprodukten und weiteren apothekenüblichen Waren erforderlich ist. Das Problem sei auch hier der Föderalismus, so Kieser. Während es mancherorts großzügige Allgemeinverfügungen gebe, sähen andere Behörden die Sache eng. Kiesers Botschaft an die Apotheken lautet: Auch wenn die Behörde erst einmal nein sagt, sollte man nicht so schnell aufgeben. Es gebe Wege, zueinander zu finden.

Unternehmen und Schulen dürfen nicht auf Bürgertests ausweichen

Kieser ging überdies auf weitere Besonderheiten bei den Bürgertestungen ein. Wichtig sei, dass dieser Anspruch nach § 4a der Coronavirus-Testverordnung nur bestehe, wenn es keinen anderen Testanspruch gebe – etwa über Schulen oder Unternehmen. So bestimmt die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung mittlerweile, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten, die nicht im Homeoffice sind, zweimal die Woche einen Test anbieten müssen – und zwar auf eigene Kosten. Die Arbeitgeber müssen Nachweise über die Beschaffung der Tests oder eine Vereinbarung mit einem Dritten über die Testung der Beschäftigten bis zum 30. Juni 2021 aufbewahren. Sie können also durchaus Vereinbarungen mit Dritten, fachkundigen Personen oder Institutionen treffen – auch mit Apotheken. Aber dabei müsse man zwingend beachten, dass dies dann keine Bürgertests nach § 4a Testverordnung sind, die über die Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechnet werden können. „Da muss man genau schauen und mit dem Unternehmen eine separate Vergütungsvereinbarung treffen“, betonte Kieser. Die Pflichten der Unternehmen dürften hier nicht auf einen anderen Kostenträger abgewälzt werden.

Ähnlich ist es bei den Schulen: Nach den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes (§ 28b Abs. 3 IfSG) ist Präsenzunterricht nur zulässig, wenn Schüler:innen und Lehrer:innen zweimal die Woche getestet werden. Diese Tests sind von den Schulträgern zu stellen und zu bezahlen. Zwar ist es auch hier grundsätzlich möglich, die Schüler von Apotheken testen zu lassen – sei es in oder außerhalb der Schule. Aber dies geht ebenfalls nur mit einer separaten Vergütungsvereinbarung und einer Bezahlung aus dem Schulhaushalt – die Schüler einfach zum kostenlosen Bürgertest zu schicken, ist keine Option für die Schulen.

Bürgertests gibt es jetzt für alle – auch für Ausländer auf der Durchreise

Kieser wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass es mit Blick auf den Bürgertest in der vergangenen Woche eine Änderung der Testverordnung gab: Es bleibt dabei, dass asymptomatische Personen mindestens einmal die Woche einen solchen Test in Anspruch nehmen können – aber sie müssen nun nicht mehr gegenüber dem Leistungserbringer darlegen, dass sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Getestet werden kann jetzt also jeder, mag er in Deutschland auch nur auf der Durchreise sein. Die Apotheke hat hier keine Prüfpflichten mehr.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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