- DAZ.online
- News
- Politik
- Treuhandkonten-Pflicht f...
Stellungnahme der ABDA
Treuhandkonten-Pflicht für Abrechner könnte Kosten für Apotheken erhöhen
Die ABDA begrüßt in ihrer Stellungnahme zu den Änderungsanträgen zum Entwurf eines Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetzes (GVWG) das Vorhaben des Gesetzgebers, eine Treuhandkonten-Pflicht für Apothekenrechenzentren einführen zu wollen. Doch inwiefern eine solche Pflicht tatsächlich dazu beiträgt, dass sich Skandale wie jener um die Pleite des Abrechners AvP künftig nicht wiederholen, bleibt in der ABDA-Stellungnahme unberücksichtigt. Branchenkenner sind hier bekanntlich kritisch.
Die ABDA begrüßt den Plan der Regierung, eine Treuhandkonten-Pflicht für Apothekenrechenzentren einzuführen. Das geht aus der Stellungnahme der Bundesvereinigung zu den Änderungsanträgen von Union und SPD zum Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (GVWG) hervor, das derzeit als Referentenentwurf vorliegt. „Die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Versorgung der Versicherten durch die im GKV-System tätigen Leistungserbringer bedingt aus unserer Sicht auch, dass für die Leistungserbringer verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen und erhalten werden“, schreibt die ABDA in ihrer Stellungnahme. „Bei der Ausgestaltung dieser Rahmenbedingungen sind neben qualitativen und strukturellen auch wirtschaftliche Belange zu berücksichtigen, um die Leistungserbringer auch finanziell in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben zum Wohle der Versicherten erfüllen zu können.“
Mehr zum Thema
Reaktion auf AvP-Insolvenz
Bundesregierung will Pflicht zu Treuhandkonten bei Rezeptabrechnung
Konsequenz aus der AvP-Pleite
FDP will Treuhandkonten-Pflicht für Rechenzentren
Reaktion auf AvP-Pleite
Gesetzentwurf sieht künftig mindestens zwei Geschäftsleiter für Factoringinstitute vor
Hintergrund des Vorhabens ist die Insolvenz des Abrechners AvP, die im vergangenen September das Vertrauen der Apotheker:innen in das etablierte Abrechnungssystem schwer erschüttert hatte. Manch eine der 2.900 betroffenen öffentlichen Apotheken hat der Skandal in existenzielle Not gebracht. Gesundheits- und Finanzausschuss im Bundestag kamen jeweils zu Sondersitzungen zusammen, um über den Fall zu beraten. Echte Hilfe bekamen die finanziell stark belasteten Apotheken allerdings nicht. Die Bewilligung der angekündigten KfW-Kredite scheiterte mehrheitlich an den hoch gesteckten Hürden.
Mitte März signalisierte die Große Koalition zumindest, das Thema präventiv anpacken zu wollen: Per Änderungsantrag zum Referentenentwurf soll eine Treuhandkonten-Pflicht für Apothekenrechenzentren im geplanten Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz verankert werden. Diesen Schritt hatte auch die FDP-Fraktion im Bundestag in einem Antrag gefordert, der DAZ.online bereits im November vorgelegen hatte.
Apotheken vor Insolvenzen der Rechenzentren schützen
In ihrer Stellungnahme zum ersten Paket Änderungsanträge zum GVWG lobt die ABDA die Initiative von Union und SPD. „Wir begrüßen, gerade auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen des letzten Jahres, die Absicht, die den öffentlichen Apotheken zustehenden Geldbeträge, die im Rahmen ihrer Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen (und anderen Kostenträgern) zwischenzeitlich auf Konten der nach § 300 SGB V beauftragten Apothekenrechenzentren überwiesen werden, besser vor dem Risiko der Insolvenz des Rechenzentrums zu schützen“, schreibt sie.
Gleichzeitig warnt sie aber auch vor der finanziellen Mehrbelastung, die dadurch auf die Apotheken zukommen könnte. „Die vorgesehene Gesetzesänderung ist ein geeigneter Weg, dieses Ziel zu erreichen, auch wenn wir feststellen müssen, dass die Verpflichtung der Apothekenrechenzentren zur Nutzung offener Treuhandkonten die Finanzierungskosten der Apotheken voraussichtlich erhöhen wird.“
Zweifel an Nutzen einer Treuhandkonten-Pflicht
Was den Nutzen einer Treuhandkonto-Pflicht für Abrechner betrifft, hat Werner Dick vom Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) allerdings eine andere Meinung als die ABDA: Im Interview mit DAZ.online wies er im Dezember des vergangenen Jahres auf den Unterschied zwischen offenen und verdeckten Treuhandkonten hin. Während nach aktueller Gesetzeslage verdeckte Konten den Apotheken keine erkennbar größere Sicherheit böten als bisher, sei das Einführen offener Konten mit Blick auf den organisatorischen Aufwand „absolut unrealistisch“. Sein Vorschlag: „Die andere Alternative aus unserer Sicht ist die gesetzliche Verankerung, dass verdeckte Treuhandkonten im Fall einer Insolvenz grundsätzlich ausgesondert werden können.“
Mehr zum Thema
AvP-Insolvenz
VDARZ: Rabattverfälle in Millionenhöhe unrealistisch
Tatsächlich stellt sich die Frage, ob die Pflicht zur Abrechnung über Treuhandkonten ein Problem wie bei der AvP-Insolvenz hätte verhindern können. Diese Hoffnung stützt sich auf die Erkenntnis, dass bei AvP Abrechnungsgelder und eigene Gelder des Unternehmens offenbar vermischt wurden. Eine offene Flanke, auf die in einem DAZ-Beitrag auch die beiden Juristen Daniel Trowski und Sascha Borowski im Oktober 2020 hinwiesen: „Allerdings besteht bei Treuhandkonten jedweder Art das Risiko, dass eine Vermischung der Treugelder, vorliegend mit dem Vermögen von AvP, den Treuhandcharakter zerstört und das Guthaben mithin der Insolvenzmasse zugeordnet wird“, so die Experten.
Im Fall der AvP-Pleite hatte Insolvenzverwalter Jan-Philipp Hoos bereits kurz nach Übernahme seiner Aufgabe berichtet, dass er keine Treuhandkonten vorgefunden habe. Somit können die Gelder nicht sicher voneinander getrennt werden. Doch selbst wenn eine eindeutige Zuordnung möglich gewesen wäre, hätte die erfolgte Vollabtretung der Forderungen an AvP einer Aussonderung entgegengestanden.
Zweiter Geschäftsführer für Factoring-Institute soll Pflicht werden
Neben der Treuhandkonten-Pflicht im GVWG will der Gesetzgeber übrigens noch an einer zweiten Stellschraube drehen: Im Entwurf eines sogenannten Schwarmfinanzierungs-Begleitgesetzes ist vorgesehen, dass Anbieter von Factoringleistungen oder Finanzierungsleasing einen zweiten Geschäftsführer bestellen müssen. Geplant ist eine Änderung von § 33 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes (KWG). Dieser sieht bereits jetzt vor, dass Kreditinstitute und bestimmte Finanzdienstleistungsinstitute mindestens zwei Geschäftsleiter haben müssen, die nicht nur ehrenamtlich tätig sind.
FDP-Finanzexperte Schäffler: Vollzugs- statt Regelungsdefizit
Diese Vorschrift soll künftig auf einen größeren Kreis von Finanzdienstleistern ausgedehnt werden: auf Anbieter von Factoring und von Finanzierungsleasing. Dem liegt gemäß Gesetzesbegründung die Annahme zugrunde, dass ein zweiter Geschäftsleiter die Kontrolle erhöhe und „dolose Handlungen“ seitens eines Geschäftsleiters erschwere. Zudem verringere ein zweiter Geschäftsleiter „die personengebundene Abhängigkeit eines Unternehmens von der Geschäftsleitung“. Die AvP-Insolvenz wird in der Begründung nicht erwähnt, eine solche Vorschrift hätte aber auch für AvP gegolten. Apothekenrechenzentren und andere Abrechnungsunternehmen, die kein Factoring anbieten, werden davon nicht betroffen sein. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler äußerte sich gegenüber DAZ.online kritisch zur geplanten Neuregelung. Schäffler erklärte: „Der Bundestag darf jetzt nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Es gibt weniger ein Defizit an Regeln, sondern ein Vollzugsdefizit. Bei AvP haben die Wirtschaftsprüfer und die BaFin zu lange weggeschaut oder zu langsam agiert.“
1 Kommentar
AVP? Da war doch noch was.
von Thomas Eper am 09.04.2021 um 15:30 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.