Das Spahn’sche Masken-Desaster

Die Geister, die ich rief

Berlin - 18.03.2021, 14:30 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat derzeit einen schweren Stand. (Foto: IMAGO / Future Image) 

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat derzeit einen schweren Stand. (Foto: IMAGO / Future Image) 


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die schlampig ausgestaltete Verordnung zur Ausgabe von Schutzmasken in den Apotheken offenbar gegen alle Bedenken seiner Ministerialbeamten durchgesetzt. Sein Werk fällt ihm ausgerechnet in einer Zeit noch einmal auf die Füße, in der man unionsintern äußerst dünnhäutig reagiert, wenn es um Geld und Masken geht. Leidtragende sind auch die Apotheken, die in der öffentlichen Wahrnehmung als Nutznießer des Spahn’schen Alleingangs dastehen, meint DAZ.online-Redakteurin Christina Müller.

Für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) läuft das Jahr 2021 bisher alles andere als rund. Testkonzept hakt, Google-Deal gescheitert, Impfstrategie stockt – nichts will ihm so recht gelingen. Und nun auch noch das: Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung haben seine Beamten im Bundesgesundheitsministerium ihn mehrfach gewarnt, seine Masken-Verteilaktion über die Apotheken sei zu teuer und er solle lieber davon abrücken. Doch Spahn zückte laut „Tagesschau“-Bericht den Grünstift und wies sein Ministerium dennoch an, eine entsprechende Verordnung auf den Weg zu bringen.

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Minister unter Druck

Die Kritik an Spahn und seiner hemdsärmeligen Masken-Verordnung, die er bekanntermaßen wegen des massiven öffentlichen und internen Drucks bereits Ende Januar überarbeiten lassen musste, ist nicht neu. Sie gewinnt aber an Brisanz mit der Erkenntnis, dass er all die Warnungen aus den Fachreferaten in den Wind schlug und sich bei der Preisfindung auf eine simple Internetrecherche bei Preisvergleichsportalen wie Idealo.de, geizhals.de, und restposten.de sowie Presseartikel beruft – die vermutlich auch noch viel Geld gekostet haben dürfte, denn namhafte Berater wie EY arbeiten bekanntlich nicht umsonst.

Zudem kommt die Berichterstattung für Spahn zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Erst kürzlich war einzelnen Unionsabgeordneten, darunter der Gesundheitspolitiker Georg Nüßlein (CSU), sogar die Immunität entzogen worden, weil sie in Verdacht gerieten, Geld für die Vermittlung von Masken-Deals kassiert zu haben. Korruption lautet der Vorwurf – und für die Union resultiert daraus ein ernster Imageschaden, der sich sogleich in sinkenden Umfragewerten niederschlug. In einem Superwahljahr wie diesem kommt das einer politischen Katastrophe gleich.

Bittere Folgen für die Apotheken

Ausgerechnet in eine Zeit, in der man bei CDU und CSU mehr als satt sein dürfte, wenn es um Masken-Mauscheleien geht, fällt nun also die Veröffentlichung der Rechercheergebnisse von NDR, WDR und SZ. Auch wenn der Minister schon vorher persönlich in der Kritik stand für seine verkorkste Masken-Verordnung, spitzt sich die Lage damit weiter zu für ihn. Inzwischen werden aus Politik und Gesellschaft immer mehr Stimmen laut, die ihn als Bundesgesundheitsminister für nicht mehr tragbar halten. Dennoch: Es erscheint mit Blick auf die Corona-Pandemie eher unwahrscheinlich, dass sich die Kanzlerin dazu hinreißen lässt, Spahn jetzt aus dem Amt zu schmeißen. Wen sollte sie stattdessen berufen, der praktisch ohne Einarbeitungszeit handlungsfähig wäre?

Für die Apotheken hat der Wirbel um Spahn übrigens einen höchst unangenehmen Nebeneffekt: Sie gelten als die Nutznießer seines Vorstoßes, die sich auf Kosten des Staats die Taschen vollmachen – und das, obwohl sie zu keinem Zeitpunkt finanzielle oder sonstige Forderungen in dieser Angelegenheit aufgestellt hatten. Im Gegenteil: Auch sie überrumpelte der Minister und brachte sie im Dezember organisatorisch an ihre Grenzen, als sie über das Wochenende Tausende von Masken beschaffen mussten, um ihren Auftrag zu erfüllen.

Leider gelingt es auch den Autoren der „Tagesschau“ nicht, hier zu differenzieren. Mit der Schlagzeile „Dumm und dämlich verdient“ setzen sie in ihrem Beitrag nicht auf die Qualität ihrer journalistischen Recherche, sondern entscheiden sich für eine reißerische Aufmachung, die völlig zu Unrecht ein zweifelhaftes Licht auf jene Berufsgruppe wirft, die die Konsequenzen aus dem Schnellschuss des Ministers unmittelbar ausbaden durfte. Einem Medium wie der „Tagesschau“, das einen gewissen Qualitätsanspruch für sich geltend macht, hätte ein wenig mehr Sachlichkeit gut zu Gesicht gestanden.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

Dumm und Dämlich verdient

von Heinrich Banßhaf am 18.03.2021 um 19:43 Uhr

Das Maskenverteilen war völlig unterbezahlt wenn man bedenkt dass wir innerhalb von 3 Tagen die Umsetzung bewältigen müssten. Den Kommentar der Kunden anhören müssten und jetzt noch durch die Medien gezogen werden. Dann möchte ich noch an die AOK erinnern die zum Ablaufdatum von Voucher 1 diese noch versendet hat. Wer spricht eigentlich über diesen Schwachsinn?

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...das liebe Geld...

von Impfapotheker am 18.03.2021 um 19:14 Uhr

Da bin ich jetzt aber mal gespannt, ob die Tagesschau auch einmal über die Entlohnung der Ärzte in den Impfzentren berichtet....!
Der Fragebogen, den sie ausfüllen müssen ist schon extrem anspruchsvoll, wofür die 130 € pro Stunde eher unterbezahlt sind. Hat die KV gut ausgehandelt!
Die Apothekerkammer war und ist da nicht präsent, weshalb Apotheker in Impfzentren für MFA-Gehalt arbeiten! Niemand hat auf dem Schirm, dass mit der Qualität in der Impfstoff-Aufbereitung der Impferfolg steht oder fällt. Aber dass es einige wenige Apotheker gibt, die trotzdem um der Sache Willen weitermachen - noch zumindest - wird wenigstens akzeptiert.

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AW: ...das liebe Geld

von Thomas Kerlag am 19.03.2021 um 9:34 Uhr

Die Apotheker müssen sich endlich endlich mal
emanzipieren

Kopfschütteln

von Karl Friedrich Müller am 18.03.2021 um 16:32 Uhr

Es geht nur noch darum, Spahn fertig zu machen. Positiver Nebeneffekt: die Apotheken durch den Kakao ziehen. Von "investigativen" Journalisten wie Grill. U.a. bei NDR und WDR. Von dort kommen nur noch unsachliche Angriffe gegen uns.
Warum ist es überhaupt so interessant, was wir verdienen oder Umsatz machen? Wird das bei irgendeiner Berufsgruppe nachgefragt?
Leiden nicht auch wir unter den Verhältnissen? Der Versand boomt (und macht trotzdem Miese), bei uns gehen Frequenz und Umsatz zurück.
Evtl werden wir das Geld aus dem Maskenumsatz bitter nötig haben. Wieso dann manche noch meinen, sich auf Kosten ihrer Kollegen profilieren zu müssen, erschließt sich mir gar nicht, Überheblichkeit? Den angegebenen Maskenabgaben nach haben die so das 10fache einer "normalen" Apotheke. Dann hab ich den Umsatz nicht nötig? Hätten ja nicht mitmachen müssen.
Es wird immer mal wieder der Vorschlag gemacht, dass das Honorar nach Umsatz gestaffelt wird. Also je mehr Packungen, desto kleiner das Honorar. Bisher fand ich das nicht so toll, nun aber schon. Vielleicht vermindert sich auch die Überheblichkeit und Großkotzigkeit.

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Qualität?

von Stefan Haydn am 18.03.2021 um 15:56 Uhr

"Einem Medium wie der „Tagesschau“, das einen gewissen Qualitätsanspruch für sich geltend macht"

Der Drops ist schon lange gelutscht. Wer an der GEZ-Brust trinkt hat scheinbar schon lange jede Bodenhaftung verloren.
Wenn man Qualität dann nur in der eigenen Blase definiert kann das ja nichts werden.
Mit seriösem Journalismus hat die Tagessschau inzwischen so viel zu tun wie die BILD-Zeitung.

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Masken

von Michael Zeimke am 18.03.2021 um 14:33 Uhr

Bitte ersparen sie uns die fiesiogonomie (orthografie ist ok)
dieser unfähigen Type.

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