- DAZ.online
- News
- Spektrum
- Cochrane Review bestä...
COVID-19-Komplikationen
Cochrane Review bestätigt Herz-Kreislauf-Erkrankungen als wichtige Risikofaktoren
Viele Menschen, die mit COVID-19 infiziert sind, haben nur wenige oder gar keine Symptome. Einige erleiden jedoch schwere Verläufe mit Entzündungen, mikrovaskulären Schäden und Koagulopathien, die zu Herzschädigungen und thromboembolischen Ereignissen führen können. Vorbestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen bringen deshalb ein höheres Risiko für schweres COVID-19 mit sich. Welche das sind, hat ein neuer Cochrane-Review analysiert.
Menschen mit bereits bestehenden Herzproblemen, Bluthochdruck oder Diabetes mellitus sind besonders gefährdet, wenn sie sich mit SARS-CoV-2 infizieren, denn sie haben ein höheres Risiko für schwere Komplikationen. Ein neuer Cochrane Review wollte herausfinden, welche kardiovaskulären Vorerkrankungen bei bestätigtem oder vermuteten COVID-19 am häufigsten festgestellt werden und welche die häufigsten Komplikationen bei ambulanten oder stationären Patienten sind.
Hierzu sichtete das Autorenteam die wichtigsten einschlägigen Datenbanken, inklusive des Cochrane Central Registers of Controlled Trials (CENTRAL), MEDLINE, Embase, covid-19.cochrane.org, ClinicalTrials.gov und des EU Clinical Trial Registers auf relevante Publikationen, die zwischen Dezember 2019 und dem 24. Juli 2020 erschienen sind. In den Review einbezogen wurden prospektive und retrospektive Kohortenstudien, Fall-Kontroll- und Querschnittsstudien sowie randomisierte kontrollierte Studien (RCTs). Die Analyse beschränkte sich auf Veröffentlichungen in englischer Sprache und Peer-Review-Studien mit 100 oder mehr Teilnehmern. Publikationen auf Pre-Print-Servern wurden nicht berücksichtigt.
Mehr zum Thema
COVID-19-Impfung
Herzpatienten sollten sich impfen lassen
Folgen der Coronavirus-Pandemie (Teil 1)
COVID-19: Spätfolgen am Herzen?
Betrachtet wurden die folgenden kardiovaskuläre Komplikationen und klinischen Ereignisse:
- arterielle (Myokardinfarkt oder akutes Koronarsyndrom, Schlaganfall, peripherer arterieller Verschluss),
- venöse (tiefe Venenthrombose, pulmonale Thromboembolie),
- Arrhythmien (supraventrikuläre, einschließlich Vorhofflimmern, anhaltende ventrikuläre Tachykardie oder Flimmern oder beides, atrioventrikulärer Block),
- Kreislaufversagen (Schock Ultrafiltration oder neuer Beginn der Dialyse oder beides),
- Myokarditis,
- Biomarker (erhöhtes Troponin oder natriuretische Peptide (BNP oder NT-proBNP), beeinträchtigte linksventrikuläre oder rechtsventrikuläre systolische Funktion, QT-Verlängerung) und
- Tod (jedweder Ursache).
Insgesamt wurden 220 Studien in den Review aufgenommen. Die meisten stammten aus China (47,7 Prozent) und den USA (20,9 Prozent), 9,5 Prozent kamen aus Italien. Ein großer Teil war retrospektiv (89,5 Prozent), 9,1 Prozent prospektiv und nur drei randomisiert und kontrolliert (RCT). Das Alter der Teilnehmer, die in die Studien einbezogen wurden, reichte von 30 bis 78 Jahren. Die meisten befassten sich mit Patienten, die ins Krankenhaus eingeliefert worden waren. Die gewichtete mittlere Prävalenz (WMP) an vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen lag in den 102 Studien, die diese Komorbidität berichteten, bei 23,5 Prozent. 36 Prozent hatten Bluthochdruck, 22,1 Prozent Diabetes, 10,5 Prozent ischämische Herzerkrankungen und mehr als ein Fünftel war fettleibig. Viele hatten mehr als eine dieser Erkrankungen und die Prävalenz nahm mit dem Alter zu.
Die häufigsten Komplikationen und ihre Ursachen
Die häufigsten kardiovaskulären Komplikationen bei Menschen mit COVID-19 waren Arrhythmien (Vorhofflimmern: 8,5 Prozent), Herzinsuffizienz (6,8 Prozent) sowie Blutgerinnsel in den Beinen oder der Lunge (6,1 bzw. 4,3 Prozent). Herzinfarkte und Schlaganfälle wurden seltener gemeldet (1,7 bzw. 1,2 Prozent). Nach Einschätzung der Cochrane-Autoren kommen für die kardiovaskulären Komplikationen viele Mechanismen infrage. SARS-CoV-2 gelangt durch Bindung an den ACE2-Rezeptor in die Zellen. Dieser ist im Endothel jedes Organs einschließlich Lunge, Herz und Niere stark exprimiert, was theoretisch direkte Multiorganschäden verursachen kann. Ob es eine spezifische Myokarditis im Zusammenhang mit COVID-19 gibt und ob sich deren Inzidenz von anderen akuten systemischen Virusinfektionen wie Influenza unterscheidet, ist demnach ungewiss. Nach Meinung der Autoren gibt es aber starke Hinweise darauf, dass COVID-19 Koagulopathien verursacht, die zu mikro- und makrovaskulären Thrombosen mit Schädigungen der Lunge, des Herzens, der Niere und des Gehirns führen.
Laborparameter als Richtschnur
Ihre Ergebnisse unterstützen die Befunde aus anderen systematischen Reviews und Metaanalysen, die ebenfalls eine hohe Rate von kardiovaskulären Komplikationen bei Patienten mit schwerem COVID-19-Verlauf beschreiben, stellen die Wissenschaftler abschließend fest. Sie verweisen hierzu unter anderem auf eine jüngere Publikation von Fu und Kollegen.
Diese hatte anhand von 21 Studien mit 6.130 stationären COVID-19-Patienten eine beträchtliche Rate an Herzschäden von 22 Prozent ermittelt. Gleichwohl fand das Cochrane-Team keine starken Beweise dafür, dass solche Komplikationen bei Menschen mit schwerem COVID-19 häufiger auftreten als bei anderen ähnlich bedrohlichen Infektionen, wie etwa einer Sepsis. Labor-Biomarker könnten helfen, diejenigen zu identifizieren, die ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen und Tod haben.
Große Heterogenität bei den Studien
Als Schwächen ihre Auswertung führen sie an, dass die meisten Studien Krankenhauskohorten umfassten, sodass die Informationen über die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse auf Menschen mit milderem COVID-19 möglicherweise nicht anwendbar sind. Weiterhin fanden sie eine große Heterogenität in Bezug auf Studiendesign, Terminologie, Definitionen und Präsentation von Befunden, einschließlich der Berichterstattung über Bluttests und die Dauer der Nachbeobachtung, was die Datenextraktion und Zusammenfassung schwierig machte. Die Cochrane-Reviewer haben sich deshalb dafür entschieden, keine Metaanalyse durchzuführen, sondern die Erkenntnisse bis auf weiteres narrativ zusammenzufassen.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.