Eine Kolumne von #DerApotheker

Warum muss immer alles so kompliziert sein?

24.02.2021, 07:00 Uhr

#DerApotheker meint, in der Apotheke gehört alles mal vollkommen „entkompliziert“ und vereinheitlicht. (x / Foto: Antonioguillem / stock.adobe.com)

#DerApotheker meint, in der Apotheke gehört alles mal vollkommen „entkompliziert“ und vereinheitlicht. (x / Foto: Antonioguillem / stock.adobe.com)


Dürfen wir dieses Hilfsmittel nun abrechnen? Haben wir die Verträge dazu? Brauchen wir bei dieser Kasse eine Genehmigung oder geht es auch ohne? Steht überhaupt alles Nötige auf dem Rezept? Ohne die Software wären wir Apotheker:innen in vielen Fällen doch völlig aufgeschmissen, meint #DerApotheker und spricht dabei nicht nur von Hilfsmitteln.

Es gibt eine Sache in der Apotheke, die hat mich schon in meinem praktischen Jahr aufgeregt: Warum muss immer alles so kompliziert sein? Und damit meine ich nicht die ganzen Fakten, die wir zu irgendwelchen Arzneimitteln kennen müssen, sondern all die Verträge, Verordnungen und Gesetze, die uns das Leben tagein tagaus erschweren. Ohne die Software wären wir doch in vielen Fällen völlig aufgeschmissen: Dürfen wir dieses Hilfsmittel nun abrechnen? Haben wir die Verträge dazu? Brauchen wir bei dieser Kasse eine Genehmigung oder geht es auch ohne? Steht überhaupt alles Nötige auf dem Rezept? Warum muss man eigentlich Hilfsmittelrezepte unterschreiben lassen und die übrigen nicht? Was, wenn es vergessen wurde? Müssen wir jetzt wirklich den Boten zum Patienten nach Hause schicken? Wurden schon wieder Hilfsmittel und Teststreifen auf einem Rezept verordnet? So kann das leider nicht abgerechnet werden. Denn Teststreifen sind keine Hilfsmittel. Wissen manche nicht. Okay. Dann müssen wir jetzt wohl oder übel um ein neues Rezept bitten. Wie lange ist denn so ein Hilfsmittelrezept nun eigentlich gültig? Vier Wochen oder genau einen Monat? Und ein Kassenrezept? Je nach Krankenkasse und Bundesland. 

Mehr zum Thema

Eine Kolumne von #DerApotheker

Das hat mir noch nie jemand gesagt!

Und wenn wir schon bei der Gültigkeit von Rezepten sind, warum ist ein BTM-Rezept eigentlich 7+1 Tage lang gültig, ein Isotretinoin-Rezept für eine Frau im gebärfähigen Alter und ein T-Rezept hingegen aber nur 6+1 Tage? Ach ja, und wie sieht es eigentlich bei den Entlassmanagementrezepten aus? Wie lange waren die nochmal gültig? Und worauf muss ich jetzt bei der Packungsgröße achten? Darf die Ärztin wirklich eine N3 verordnen? 

Selbst Apothekerinnen und Apotheker, die seit vielen Jahren in der Apotheke stehen, geraten da immer mal wieder ins Straucheln. Was nicht ungewöhnlich ist, da manche Rezepte auch relativ selten vorkommen. Einige Kolleginnen und Kollegen hatten nach eigenen Angaben zum Beispiel noch nie ein T-Rezept in der Hand. Trotz vieler Berufsjahre. Viel Freude bereiten auch immer Rezepte der Bundeswehr und der Polizei. Bei ersteren fragt man sich – zu Recht – ob sie richtig ausgestellt wurden, bei letzteren dann viel mehr, ob die junge Polizistin, dir vor einem steht, nun eine Zuzahlung leisten muss oder nicht. Vielleicht muss sie aber auch die ganze Summe bezahlen und bekommt das Geld von ihrer Versicherung zurück. Wie wir ja wissen, gibt es noch viel mehr, worauf man spätestens bei der Rezeptkontrolle achten muss, damit man letztlich auch sein Geld von der Krankenkasse bekommt.

Einiges davon steht im berüchtigten § 2 der Arzneimittelverschreibungsverordnung. Der Paragraf, der den Ärzt:innen vorschreibt, wie sie ein Rezept auszustellen haben. Aber Ärzt:innen lassen sich nicht so gerne etwas vorschreiben. Zwinker, zwinker. Oder wie lässt sich sonst erklären, dass so viele Rezepte geändert werden müssen, weil sie nicht korrekt ausgestellt wurden? Vorname? S., Abkürzen verboten! Beruf? Dermatologie, das ist doch kein Beruf!

Streng genommen sind die Rezepte damit ungültig, wenn der § 2 nicht eingehalten wurde. Retaxieren das die Kassen? Vielleicht nicht. Aber was, wenn sie plötzlich einen Hochpreiser nicht bezahlen wollen, weil die Berufsbezeichnung des Arztes fehlt?

Warum muss also immer alles so kompliziert sein? Ich weiß es nicht. Ich finde, das gehört alles mal vollkommen „entkompliziert“ und vereinheitlicht.

Oder ist das etwa so gewünscht? Wer weiß das schon ...

In Liebe,


#DerApotheker
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Eine Kolumne von #DerApotheker

Danke Spahn!

Eine Kolumne von #DerApotheker

Basenprodukte machen mich sauer

Eine Kolumne von #DerApotheker

Ärzt:innen in der Apotheke

Eine Kolumne von #DerApotheker

Das hat mir noch nie jemand gesagt!

Eine Kolumne von #DerApotheker

Wir haben eine Vorbildfunktion

Eine Kolumne von #DerApotheker

Apotheken sind zeitgemäß

3 Kommentare

Darum

von Dr. House am 24.02.2021 um 16:08 Uhr

Das muss so kompliziert sein, denn:
1.) Wo kommen wir denn da hin, wenn es einfach wäre?
2.) Weil jeder Papierumdreher in amtlicher Verantwortung es eben auch ab und an beweisen muss, dass er wichtig ist
3.) Es schafft Arbeitsplätze. Wenn wir einfache Gesetze und Verordnungen hätten (zB Steuerrecht), fielen etliche Berufe weg
4.) Wir möchten leiden. Nicht nur die German Angst, auch die Annahme, dass wir alle ein möglichst kompliziertes Leben brauchen, um daran irgendendeinen Wert für unsere Persönlichkeit bemessen zu können, sind Indikatoren dafür, dass wir einfach den gesellschaftlichen Konsens haben für uns und unsere Mitmenschen ein möglichst unerträgliches Leben zu gestalten. Unser Wohlstandsverständnis ist einfach nur völlig gaga, Eigenschaften wie Neid, Habgier und Missgunst haben die Oberhand. Wir leben am Leben vorbei und klammern uns an unsere Vorschriften wie Ertrinkende an ihren Rettungsring, weil verdammt nochmal doch irgendwo dort die Ursache für unser miserables Leben sein muss. Ist sie aber nicht. Dass wir uns jeden Morgen im Berufsverkehr einen verbitterten Kampf liefern liegt nicht an mangelnden Vorschriften. Dass wir zu dämlich sind die Spaltung der Gesellschaft aufzuhalten liegt auch nicht daran, dass wir zuwenig Bürokratie, Sprachpolizei (Gendern) und andere Eitelkeiten haben - Im Gegenteil. Wir gehen jeden Tag durch unsere kleine verschrobene Welt und meinen, es müsste doch möglich sein für jeden Schaden einen Schuldigen zu finden, denn dafür haben wir ja schließlich unsere ganzen tollen Vorschriften. Unser Bürokratiewahn entpuppt sich als Scheuklappe, die uns mehr und mehr die Sicht vorm Leben versperrt. Wir legen eine Ignoranz an den Tag, für die es bald keine Entschuldigung mehr gibt. Wir können Corona nutzen, um uns da wieder rauszuwuseln - es ist in der Tat das vielzitierte Brennglas, welches unsere Probleme sehr deutlich offenbart. Das Leben wird sich mehr und mehr einen Weg um unsere in jeder Hinsicht stagnierende Gesellschaft herumsuchen und -finden, wenn wir so weiter machen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Warum so kompliziert

von Sabine Altmeyer am 24.02.2021 um 9:37 Uhr

Das frage ich mich schon seit Jahren und finde keine Antwort. Warum kann man für Hilfsmittel nicht einheitliche Regelungen für alle Kassen festlegen. Bei Arzneimitteln geht es doch auch. Und da ist schon alles kompliziert.
Und warum werden Apotheker "bestraft",wenn Ärzte Fehler bei der Rezeptausstellung machen?!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

...

von Christine Baumann am 24.02.2021 um 7:41 Uhr

Wenn erst mal die Kette da ist und Großkapital am Werk ist, wird sich das bald ändern. Mit denen kann man nicht so den Lumpi machen wie mit 15000 Einzelnen, die nicht zusammenhalten und so eine "Berufsvertretung" haben wie wir

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.