AvP-Insolvenz

VDARZ: Rabattverfälle in Millionenhöhe unrealistisch

Stuttgart - 02.12.2020, 12:00 Uhr

Der Vorstandsvorsitzende des VDARZ, Werner Dick, hält es für unrealistisch, aus den Rückforderungen aus Rabattverfällen große Summen für die AvP-Insolvenzmasse generieren zu können. (x / Foto: avc-dick.de)

Der Vorstandsvorsitzende des VDARZ, Werner Dick, hält es für unrealistisch, aus den Rückforderungen aus Rabattverfällen große Summen für die AvP-Insolvenzmasse generieren zu können. (x / Foto: avc-dick.de)


Beim insolventen Apothekenrechenzentrum AvP soll es in den vergangenen Jahren zu Rabattverfällen in Höhe von bis zu 137,4 Millionen Euro gekommen sein. Dies geht aus dem Gutachten von Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos hervor. Seitdem fragen sich nicht nur die betroffenen Apotheker, ob Forderungen aus den Rabattverfällen gegenüber Krankenkassen tatsächlich realistisch und erfolgversprechend sind. Werner Dick vom Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) hält diese Hoffnung für unrealistisch.

Anfang November hat Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos mit der Eröffnung des Verfahrens beim Apothekenrechenzentrum AvP dem Amtsgericht Düsseldorf ein Gutachten vorgelegt, das die Vermögensverhältnisse des Unternehmens darstellt. Darin enthalten ist ein nominaler Forderungsbestand, der sich unter anderem aus sogenannten Rabattverfällen zusammensetzt. Hoos geht davon aus, dass AvP mindestens seit dem Jahr 2013 Rabattverfallansprüche gegenüber den Krankenkassen zustehen. Seinen Analysen zufolge ergibt sich eine Spannweite zwischen 37,2 Millionen Euro und 137,4 Millionen Euro, die letztlich Teil der Insolvenzmasse werden könnten. Doch sind Rabattverfälle in der Branche der Apothekenrechenzentren überhaupt realistisch?

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Im Interview mit DAZ.online zeigt sich Werner Dick, Geschäftsführer der Apotheken-Verrechnungs- und Codierstelle Dick GmbH & Co. KG und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ), äußerst skeptisch. Außerdem hält der Verband die gesetzliche Vorgabe von Treuhandkonten als einzige politische Konsequenz aus der AvP-Pleite für nicht zielführend.

DAZ.online: Herr Dick, spätestens seit der AvP-Insolvenz ist der Begriff „Rabattverfall“ in aller Munde. Erklären Sie uns bitte nochmal, was genau man darunter versteht.

Dick: Seit geraumer Zeit erhalten die Krankenkassen von den Apotheken auf verschreibungspflichtige Arzneimittel einen sogenannten Apothekenabschlag als Rabatt. Dieser wurde zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband ausgehandelt. Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz von 2015 wird der Abschlag nun auf 1,77 Euro festgeschrieben. Für klassische Rezepturen und erstattungsfähige OTC-Arzneimittel beträgt der Rabatt hingegen 5 Prozent des Abgabepreises.

Und unter welchen Bedingungen könnte dieser Rabattanspruch verfallen?

Der Rabatt setzt voraus, dass die Sammelrechnung des Apothekenrechenzentrums für die Apotheken innerhalb von zehn Tagen von der Krankenkasse beglichen wird. Bei einer Zahlung außerhalb der Frist entfällt der Anspruch auf einen Rabatt seitens der Krankenkassen. Nach einem Urteil des Sozialgerichtes Aachen vom August 2014 findet dieser Rabattverfall nach § 130 Abs. 3 SGB V jedoch nur Anwendung auf die standardisierten Regelvergütungsabrechnungen zwischen Apotheken und Krankenkassen. Jedwede Abrechnungskorrektur fällt dagegen nicht unter § 130 Abs. 3 SGB V, denn damit bestünde eine unausgewogene Risikoverteilung.

Wie oft kommt so etwas tatsächlich vor?

In der Abrechnungspraxis unserer Mitgliedsunternehmen ist dies in den vergangenen Jahren nahezu nie vorgekommen. Bekannt ist in dem Zusammenhang nur der Streit aus dem Jahre 2003 mit der City BKK und dem Hamburger Apothekerverein, der die Rechte der beim NARZ abrechnenden Apotheker vertrat.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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