Generalversammlung der Noweda

Gemeinsam stark

Berlin - 26.11.2020, 13:15 Uhr

Der Noweda-Vorstandsvorsitzende Dr. Michael P. Kuck hält den Namen des Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetzes für einen Euphemismus. (Foto: Noweda)

Der Noweda-Vorstandsvorsitzende Dr. Michael P. Kuck hält den Namen des Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetzes für einen Euphemismus. (Foto: Noweda)


Zur Generalversammlung am Mittwoch hatte die Noweda eG wieder gute Zahlen vorgelegt. Doch inhaltlich ging es mehrfach um die befürchteten Marktverschiebungen zugunsten der Versender. Dagegen setzt die Noweda insbesondere auf den Zukunftspakt Apotheke mit zusätzlichen Partnern. Ein weiteres Thema war die neue Dividendenstrategie mit nicht mehr ganz so hohen Dividenden für eine neue Balance zwischen dem Unternehmen und den Mitgliedern.

Die Generalversammlung der Noweda fand als Online-Veranstaltung mit Online-Abstimmungen statt. Der zentrale Gedanke war – wie immer – die genossenschaftliche Idee des gemeinsamen Handelns. Besondere Aspekte waren die Belastungen durch die Pandemie und die Herausforderungen durch den Arzneimittelversand. Der Vorstandsvorsitzende Dr. Michael P. Kuck dankte den Mitarbeitern des Unternehmens für den „großartigen Einsatz“ in der schwierigen Zeit der Pandemie. In dem anspruchsvollen Marktumfeld habe sich die Noweda erneut bewiesen. Sie sei „stark und solide“. Es sei der Anspruch der Noweda, der Premium-Partner unter den Großhandlungen zu sein. Auch beim Natur-, Umwelt- und Klimaschutz wolle die Noweda ganz vorn sein, ergänzte Kuck und verwies auf den Einsatz von Fotovoltaikanlagen und weitere Umweltschutzmaßnahmen.

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In seinen Erläuterungen zum Geschäftsbericht betonte Kuck die Investitionen von 18,7 Millionen Euro zur Erhaltung der Anlagen und zur Verbesserung der Abläufe. Die Eigenkapitalquote von 32,3 Prozent „unterstreicht einmal mehr die solide Position der Noweda im Markt“, erklärte Kuck. Im Berichtsjahr kamen 311 neue Mitglieder zur Noweda, 286 schieden aus, am Stichtag waren es 9.327. Kuck erklärte, dass der Umsatz der Noweda-Gruppe um eine halbe Milliarde Euro und damit noch stärker als im Vorjahr gestiegen sei und im Berichtsjahr 7,35 Milliarden Euro betrug. Die Gesamtkosten seien unterproportional gestiegen. Weitere Einsparungen seien ohne Qualitätsverlust kaum mehr möglich. Der Jahresüberschuss stieg um 1,7 Millionen Euro auf 37,9 Millionen Euro. Zum laufenden Geschäftsjahr erklärte Kuck, dies habe unter dem Einfluss der Pandemie „verhalten begonnen“, liege aber noch im Rahmen der Erwartungen. Es werde ein Ergebnis auf dem Niveau der letzten Jahre erwartet.

Neue Dividendenstrategie

Das Ergebnis lasse eine Dividendenzahlung in Höhe der Vorjahre zu, sagte Kuck. Doch Aufsichtsrat und Vorstand seien der Auffassung, dass die Dividende in diesem und in den kommenden Jahren niedriger ausfallen sollte. Das Ziel sei, das Unternehmen im Interesse der Mitglieder weiter zu stärken. Es habe auch Stimmen aus dem Kreis der Mitglieder gegeben, angesichts der Entwicklung auf den Finanzmärkten sei eine Dividende in der bisherigen Höhe nicht mehr angemessen. Nun werde nach einem guten Jahresergebnis, „also aus einer Position der Stärke heraus“, aufgrund von zwei Überlegungen eine niedrigere Dividende vorgeschlagen.

Erstens sei die traditionell hohe Ausschüttungsquote der Noweda durch zusätzliche Geschäftsanteile weiter gestiegen. Mit zuletzt rund 72 Prozent sei die Ausschüttungsquote sehr viel höher als beim Durchschnitt der DAX-Unternehmen mit 41 Prozent. Doch eine zu hohe Ausschüttungsquote verhindere notwendige Investitionen und die Stärkung der Rücklagen. Zweitens sei der Risikorahmen zu beachten. Es sei unklar, ob Versender auch nach der Pandemie weiter profitieren werden und wie sich die AvP-Insolvenz auswirkt, bei der eine Quantifizierung möglicher Ausfälle weiterhin nicht möglich sei. Insgesamt gelte es, die Teilhabe der Mitglieder und die Stärkung der Noweda zu berücksichtigen und dafür eine neue Balance zu finden. Mit der vorgeschlagenen – und im weiteren Verlauf der Generalversammlung beschlossenen – Bruttodividende von 8,5 Prozent auf die Grundanteile und 10,0 Prozent auf die freiwilligen Anteile befinde sich die Noweda weiter auf einem sehr hohen Niveau.

Hoffnungsträger Zukunftspakt Apotheke

Kuck ging ausführlich auf den Zukunftspakt Apotheke mit den Partnern Burda, Pharma Privat, Apostore und Netdoktor ein. Diese strategische Allianz solle den Apotheken ermöglichen, auf Augenhöhe mit großen industriellen Versendern zu agieren. Sie habe weitere große Fortschritte gemacht. Dazu gehöre die bereits aktive Vorbestellplattform „IhreApotheken.de“, auch zu erreichen unter ia.de. Die Apothekenzeitschrift „My Life“ sei mit 2,35 Millionen Exemplaren eine der erfolgreichsten Neueinführungen einer deutschen Zeitschrift in den vergangenen Jahren. Sie werde in der Werbung mit „Netdoktor“ verknüpft, dem mit 20 Millionen Zugriffen pro Monat erfolgreichsten deutschsprachigen Gesundheitsportal. Ein neuer Aspekt sei die Zusammenarbeit mit der Firma Acardo, die digitale Coupon-Aktionen in Apotheken ermögliche. Ein Meilenstein für den Zukunftspakt sei die Kooperation mit der Compu Group (CGM). Das E-Health-Unternehmen sei ein neuer starker Partner, der sich zu den Zielen des Zukunftspakts bekenne. Jüngster Partner sei das Apothekenrechenzentrum ARZ Haan.

Doch der Zukunftspakt könne ohne die Apotheken nicht funktionieren. Die Apotheker müssten gemeinsam mit den Partnern Aufbauarbeit leisten. Alle säßen in einem Boot, „wenn es darum geht, den Apothekenmarkt gegen die Begehrlichkeiten und gegen die Gier der industriellen Versender zu verteidigen“. Die jüngste Gesetzgebung betrachtete Kuck kritisch. Die Bezeichnung als „Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz“ sei euphemistisch. „Größte Schwäche dieses Gesetzes ist, dass es auf ein Rx-Versandverbot verzichtet.“ Stattdessen gelte es nur für 90 Prozent des Marktes und bedeute damit den Einstieg in die Zwei-Klassen-Medizin. Das sei „ein Fest für die Versender“, die alle Register ziehen würden, um den neun Millionen privat Versicherten „wunderbare Vorteile“ anzubieten. Dies sei eine Zumutung für alle gesetzlich Versicherten. Wie diese Teil-Gleichpreisigkeit politisch bestehen soll, bleibe das Geheimnis des Gesundheitsministers. Zudem sei zu erwarten, dass das Gesetz „in nicht allzu ferner Zukunft vor dem Europäischen Gerichtshof landet“, erklärte Kuck. Ein Lichtblick seien jedoch die Regelungen für Temperaturanforderungen beim Transport von Arzneimitteln. Allerdings bleibe fraglich, ob die Einhaltung angemessen kontrolliert werde. Denn die ausländischen Versender würden praktisch im rechtsfreien Raum agieren.

Umwälzungen im Markt

Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Matthias Lempka erklärte, die anerkennenden Worte der Politik für die Apotheken in der Pandemie täten gut. Doch wenn es darum gehe, diesen Worten auch Taten folgen zu lassen, sehe es eher düster aus. Dazu verwies Lempka auf die Halbierung des Botendiensthonorars. Die Noweda habe sich wieder gut geschlagen, aber auch Lempka wies auf schwierige Rahmenbedingungen hin. Er nannte insbesondere das steigende Direktgeschäft mit einem Marktanteil von 16,5 Prozent. Die Fusion von Gehe und Alliance beschrieb er als „historische Umwälzung im Großhandelsmarkt“. Der Sinn sei Kosten zu senken und Niederlassungen zu schließen. Dem stellte Lempka die Noweda gegenüber, bei der „nicht amerikanische Kettenbetreiber darüber entscheiden, wie morgen die Bezugsstruktur in Deutschland aussieht“. Im Bericht des Aufsichtsrats betonte Lempka die große Herausforderung durch den Versand angesichts der Pandemie und des E-Rezepts. Darum sei die digitale Sichtbarkeit der Apotheken wichtig. Daraufhin verwies auch Lempka auf die Bedeutung des Zukunftspakts Apotheke. In der Diskussion wies Kuck darauf hin, dass die Vorbestellplattform des Zukunftspakts bereits arbeite, anders als bei der Initiative Pro AvO. Der Pakt sei zwar offen für alle Bündnisse mit demselben Ziel, aber es fehle die Zeit, um ganz neu anzufangen.

Wechsel im Vorstand, Kontinuität im Aufsichtsrat

Nach 35 Jahren im Unternehmen und 17 Jahren im Vorstand scheidet Noweda-Finanzvorstand Joachim Wörtz zum Jahresende aus Altersgründen aus dem Amt. Seine Nachfolgerin wird Cornelia Rolf. Für das Personal wird künftig André Debald zuständig sein. Lempka würdigte den jahrelangen Einsatz von Wörtz für die Mitglieder und seine Loyalität zu den Apothekern. Er sei dem Leitspruch „mit vereinten Kräften“ in besonderer Weise gerecht geworden. Wörtz dankte den Mitgliedern und appellierte an sie, über das genossenschaftliche Prinzip zu sprechen.

Die Amtszeiten des Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Matthias Lempka und des Aufsichtsratsmitglieds Bernd Roder endeten turnusgemäß. Beide wurden erneut in den Aufsichtsrat gewählt. Gegenkandidaten gab es dabei nicht. In der anschließenden konstituierenden Sitzung des Aufsichtsrats wurde Lempka wieder zum Vorsitzenden gewählt.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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