Auswirkungen der Zusammenlegung

Was passiert nach der Fusion von Gehe und Alliance Healthcare Deutschland?

Stuttgart - 04.11.2020, 10:45 Uhr

Alliance Healthcare Deutschland und Gehe sind nun im Joint Venture für Apotheken unterwegs. Welche konkreten Auswirkungen das auf ihre Kunden haben wird, ist derzeit noch unklar.  (x / Foto: Oleksandr / stock.adobe.com)

Alliance Healthcare Deutschland und Gehe sind nun im Joint Venture für Apotheken unterwegs. Welche konkreten Auswirkungen das auf ihre Kunden haben wird, ist derzeit noch unklar.  (x / Foto: Oleksandr / stock.adobe.com)


Am vergangenen Montag verkündeten die Pharmahandelskonzerne McKesson Europe und Walgreens Boots Alliance (WBA) den Zusammenschluss ihrer beiden deutschen Töchter Gehe Pharma Handel und Alliance Healthcare Deutschland (AHD). Die Branche blickt nun gespannt auf die Pläne des neuen Big Players. 

Die EU-Kommission hatte den Zusammenschluss der beiden Unternehmen bereits im August durchgewunken. Am Montag dieser Woche war es dann soweit und die Unternehmensspitzen verkündeten die vollzogene Hochzeit. Der gemeinsamen Pressemitteilung war allerdings wenig Konkretes zu entnehmen. Es hieß unter anderem, das neue Joint Venture möchte in Anbetracht der künftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen „die heilberufliche Stellung des Apothekers stärken, innovative Services entwickeln, Digitalisierung vorantreiben und Mehrwerte für Patienten schaffen“.

Doch was bedeutet das im Einzelnen? „Der regulierte Markt stellt heute große Herausforderungen, nicht zuletzt beim Thema der Digitalisierung“, erklärt Erwin Teichmann von der Unternehmenskommunikation bei WBA auf Nachfrage von DAZ.online. „Beide Unternehmen können durch den Zusammenschluss als Gemeinschaftsunternehmen stärker und leistungsfähiger sein“, so der Pressesprecher. „Mit ALPHEGA und gesundleben sind wir bei Apothekenkooperationen in einer sehr guten Position. Nicht zuletzt zeigt die Entscheidung von Walgreens Boots Alliance und McKesson zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens, dass sie großes Vertrauen in den deutschen Pharmagroßhandelsmarkt haben – und in Alliance Healthcare Deutschland sowie Gehe.“  

Stellung des Apothekers stärken

Zu der Frage, wie die heilberufliche Stellung der Apotheker gestärkt werden soll, sagt Teichmann: „Der Apotheker ist ein hoch spezialisierter Gesundheitsexperte vor Ort, der seine Kunden persönlich betreut und erreichbar ist.“ Gleichzeitig sei er Unternehmer mit Verantwortung für den wirtschaftlichen Erfolg seiner Apotheke. „Schon heute bieten wir den Apotheken Unterstützung an bei betriebswirtschaftlichen und marketingtechnischen Themen. Gleichzeitig ermöglichen ihm unsere beiden Kooperationen ALPHEGA und gesundleben, sich mehr auf die heilberufliche Expertise zu fokussieren. Denn darum geht es: im Wettbewerb mit dem Versandhandel macht die persönliche fachliche Beratung vor Ort mit attraktiven Mehrwertleistungen den Unterschied. Dafür stehen die Apotheken“, so der AHD-Sprecher. „Das Thema ,Digitalisierung‘ spielt im Markt eine sehr große Rolle. Auch hier werden wir weiter Lösungen entwickeln, von denen die Apotheken profitieren werden.“       

Forcierung der Digitalisierung

Das fusionierte Unternehmen sieht in der Zusammenlegung auch die Chance für mehr innovative Services und die Forcierung der Digitalisierung. So sei die Digitalisierung für die Kunden, die Apotheken, von großer Bedeutung, nicht zuletzt durch die Einführung des E-Rezepts im Jahr 2022, sagte Teichmann. Auch hier seien neue Services denkbar. Wie die genau aussehen können und werden, sei Thema der weiteren Planungsschritte der beiden Unternehmen.    

Neben den Apothekern schafft die Fusion auch einen Mehrwert für die Patienten, heißt es weiter in der Presseerklärung. Als Beispiel nannte Teichmann die Stärkung der heilberuflichen Expertise der Apothekerinnen und Apotheker. „Dafür bieten wir zahlreiche Leistungen an bzw. können als Gemeinschaftsunternehmen mit unserer eigenen Expertise neue entwickeln, beispielsweise das Impfen in der Apotheke.“

Wechsel an der Personalspitze

Neben den Auswirkungen für Apotheker und Patienten fragten sich Insider zudem, weshalb der Großhändler Gehe/McKesson nur einen Anteil von 30 Prozent am Unternehmen hält, während WBA mit 70 Prozent beteiligt ist? Zu den Inhalten der Vereinbarung der beiden Mutterkonzerne wollte sich Unternehmenssprecher Erwin Teichmann jedoch nicht äußern. Ebenso wenig dazu, inwieweit zum Beispiel Niederlassungen zusammengeführt werden sollen oder welche Synergien die beiden Unternehmen nutzen wollen. Offen bleiben somit viele Fragen, wie sich der Zusammenschluss auf Gehe- und AHD-Kunden ganz konkret auswirkt.

Was den Namen des Unternehmens betrifft, soll sich zunächst nichts ändern. „Beide Unternehmen bestehen zunächst als rechtlich selbstständige Einheiten unter ihrem jeweiligen Namen weiter“, hieß es bei AHD auf Nachfrage. 

Auch das Personalkarussell hat sich gedreht: Der bisherige Vorsitzende der Geschäftsführung, Dr. Peter Schreiner, habe das Unternehmen „auf eigenen Wunsch verlassen“. Aline Seifert, Vorsitzende der Geschäftsführung von Alliance Healthcare Deutschland, ist nunmehr auch Mitglied der Geschäftsführung und Arbeitsdirektorin von Gehe.

Wie geht es weiter mit pro AvO?

Bleibt noch die Frage, wie es mit der Initiative pro AvO weitergeht? Gehe zählt neben Noventi, Sanacorp, dem Wort & Bild-Verlag und BD Rowa zu den Initiatoren. Dazu erklärte eine Gehe-Sprecherin auf Nachfrage von DAZ.online: „Unabhängig von Personen ist die Gehe Teil der Initiative pro AvO.“ In unterschiedlichen „Workstreams“ seien die Kollegen der Gehe auch weiterhin mit großem Engagement an Bord. Gemeinsam mit Dr. Peter Schreiner hätten sie viele Dinge in der pro AvO vorangetrieben. Sie betont: „Die Themen der Digitalisierung des Apotheken- und Gesundheitsmarkts sind für das neue Gemeinschaftsunternehmen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Umstellung vom Papier- auf das E-Rezept Anfang 2022 – definitiv im Fokus.“



Robert Hoffmann, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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