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Apothekerkammer Niedersachsen
Gesundheitsinformation in der digitalen Welt – die Rolle des Apothekers
Heutzutage finden Interessierte nahezu jede gesundheitsbezogene Information im Internet. Macht das den Apotheker als Ansprechpartner bei Gesundheitsfragen überflüssig? Bei der Digitalkonferenz der Apothekerkammer Niedersachsen wurde deutlich: Es bedarf einer Menge Kompetenzen, sich im Dschungel der digitalen Angebote zurechtzufinden, sie einzuordnen und individuell zu nutzen. Hier kann der Apotheker Hilfestellung leisten.
Verlässliche Gesundheitsinformationen zu finden, stellt nicht nur in Zeiten der Coronavirus-Pandemie eine Herausforderung für die Menschen dar: Das Internet bietet eine Flut von Quellen – doch welche davon sind seriös und gleichzeitig so gestaltet, dass auch der medizinische Laie die Inhalte verstehen kann? Und wie lassen sich die gewonnenen Erkenntnisse individuell nutzen?
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Gesundheitskompetenz
Chancen durch die Digitalisierung trotz Plattformen und Fake News
Die Fähigkeit, gesundheitsbezogene Informationen finden, verstehen, beurteilen und anwenden zu können, bezeichnen Fachleute als Gesundheitskompetenz. Und daran hapert es in der Bevölkerung gewaltig, wie eine im Jahr 2016 veröffentlichte Studie der Universität Bielefeld belegt: Mehr als die Hälfte (54,3 Prozent) der rund
2.000 Probanden hatte Schwierigkeiten, gesundheitsbezogene Informationen zu verarbeiten.
Was können die Apothekenmitarbeiter dazu beitragen, die Gesundheitskompetenz ihrer Kunden zu verbessern und in der Folge zum Beispiel Medikationsfehler, Krankenhauseinweisungen und Notfallbehandlungen vorzubeugen? Dieser Frage widmete sich Professor Marie-Luise Dierks, Leiterin des Forschungsschwerpunkts Patientenorientierung und Gesundheitsbildung an der Medizinischen Hochschule Hannover, am vergangenen Donnerstag in ihrem Vortrag bei der Digitalkonferenz der Apothekerkammer Niedersachsen.
Vertrauen in Apotheker ist groß
Laut einer Umfrage des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) aus dem Jahr 2019 ist das Vertrauen der Menschen in die Apothekerschaft besonders groß: 73 Prozent der 2.000 Befragten gaben an, den Pharmazeuten ein ausgesprochenes oder eher hohes Vertrauen entgegenzubringen – Platz eins unter den Gesundheitsinstitutionen. Es folgen die Ärzte mit 68 Prozent und die Krankenhäuser mit 54 Prozent. „Mit diesem Vertrauen können die Apotheker weiterhin ihrer Funktion als Navigator im Gesundheitsbereich gerecht werden und in der Apotheke vor Ort Patienten beraten und Hilfestellung zur Bewertung von Informationen aus dem Internet geben“, unterstrich Dierks.
Mit Blick auf diese breite Vertrauensbasis forderte sie die Apotheker auf, Verantwortung zu übernehmen und die Gesundheitskompetenz ihrer Kunden aktiv zu fördern. Wie wichtig dies auch in Bezug auf Arzneimittel ist, zeigt ein Ergebnis einer weiteren Umfrage: Demnach haben fast 40 Prozent der Verbraucher Schwierigkeiten, die Informationen im Beipackzettel ihrer Medikamente zu verstehen. Den Anweisungen des Arztes oder Apothekers zu folgen, bereitet dagegen lediglich 5 Prozent von ihnen Probleme.
Checkliste für die Apotheke
Dierks verwies auf einen Leitfaden aus den USA, mit dessen Hilfe Apotheken überprüfen können, wie gut sie aufgestellt sind, um in puncto Gesundheitskompetenz Hilfestellung zu leisten. Neben einem wertschätzenden Umgang mit den Patienten und der Bereitschaft, sich auch auf Gesprächspartner mit eingeschränkter Gesundheitskompetenz einzustellen, ist ein Kriterium, wie gut die Apotheke über ihre eigenen Dienstleistungen informiert. Auch auf die Verständlichkeit von Dosieranweisungen auf den Arzneimittelpackungen sowie Beratungsangebote in Fremdsprachen stellt der Leitfaden ab. Offizinen, die ihr Repertoire darüber hinaus erweitern wollen, schlägt die Expertin vor, zum Beispiel Selbstmanagementkurse für Chroniker einzurichten.
Ältere mit besonderem Bedarf
Insbesondere Senioren, die in Gesundheitsfragen häufig einen hohen Informationsbedarf haben, drohen bei zunehmender Verlagerung von Informationsflüssen auf das Internet abgehängt zu werden. Zwar kann der Apotheker zu gesundheitsbezogenen Aspekten beraten, Um ältere Mitmenschen jedoch fit zu machen für die digitale Welt, gilt es, auch die Medienkompetenz in den Blick zu nehmen. Zu diesem Zweck hat die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen gemeinsam mit weiteren Partnern den sogenannten Digital-Kompass entwickelt. Bis 2021 sollen bundesweit an 75 Standorten Kurse für Senioren angeboten werden, die im Umgang mit dem Internet Unterstützung suchen. Darüber hinaus haben Dierks und Kollegen den Pfad-Finder Gesundheit geschaffen, der als Orientierungshilfe dient und sowohl im Internet abrufbar ist als auch in einer gedruckten Version in den Apotheken ausgelegt werden kann.
Staatssekretär Heiger Scholz vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung hob in seinem Grußwort hervor, dass diejenigen, die mit digitalen Angeboten eher weniger vertraut sind, gerade während der aktuell grassierenden Pandemie besondere Aufmerksamkeit benötigen. „Wir sind in einem Dilemma: Es gibt eine große Anzahl von digitalen Informationsangeboten im Gesundheitsbereich und auch zur aktuellen COVID-19-Pandemie, allerdings haben gerade die Menschen, für die diese Informationen besonders wichtig sind, oftmals nur einen erschwerten Zugang zu den digitalen Angeboten“, bemängelte er. „Es fehlt an technischer Ausstattung, Medienkompetenz und auch an Kompetenz, die Informationen zu verstehen, zu gewichten und schließlich anzuwenden. Das Land Niedersachsen hat eine große Aufgabe vor sich, die noch nicht gelöst ist. Viele Bevölkerungsschichten müssen mit der Technik noch stärker vertraut gemacht und die Akzeptanz verbessert werden.“
Burs: Navigation durch dicht befahrene Datenautobahnen
Die Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, Cathrin Burs, appellierte angesichts der Informationsflut im digitalen Zeitalter und vor dem Hintergrund der Coronakrise an die Kollegen, das Gespräch mit den Kunden zu suchen. „Denn eines zeigt unsere Erfahrung aus dem Apothekenalltag: Patienten brauchen eine Navigation durch die dicht befahrenen Datenautobahnen und -nebenstraßen“, betonte sie. „In der Apotheke vor Ort müssen wir den verunsicherten Patienten beruhigen und Vertrauen aufbauen. So gilt es beispielsweise in der aktuellen Krisenzeit, ihn darin zu bestärken, die von der Bundesregierung herausgegeben Verhaltensregeln wie Abstand halten, Maske tragen, Hygieneregeln beachten und regelmäßig lüften, einzuhalten.“
Zudem sei es nötig, auch den Dialog mit anderen Berufsgruppen im Gesundheitssystem zu intensivieren. „Alle Akteure des Gesundheitswesens sollten sich gemeinsam und kontinuierlich darüber austauschen, was die Digitalisierung bedeutet, welche Chancen sich daraus entwickeln, aber auch, welche Herausforderungen bewältigt werden müssen“, sagte sie. „Wenn wir uns alle kooperativ vernetzen, können wir im Schulterschluss zum Wohle des Patienten handeln.“
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