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Frauen mit HIV: Tipps für die ergänzende Selbstmedikation

München - 29.09.2020, 17:50 Uhr

Worauf Frauen mit HIV bei der Selbstmedikation in der Apotheke achten müssen, erklärten Dr. Annette Haberl, Ärztin im HIVCENTER der Frankfurter Universitätsklinik, und Apothekerin Isabel Waltering, Nottuln, auf der Interpharm online. (c / Foto: Schelbert) 

Worauf Frauen mit HIV bei der Selbstmedikation in der Apotheke achten müssen, erklärten Dr. Annette Haberl, Ärztin im HIVCENTER der Frankfurter Universitätsklinik, und Apothekerin Isabel Waltering, Nottuln, auf der Interpharm online. (c / Foto: Schelbert) 


Die moderne antiretrovirale Therapie (ART) kann die (unausrottbaren) HI-Viren unter die Nachweisgrenze drücken, womit die Krankheit nicht mehr übertragbar ist. Dies gelingt aber nur bei sehr guter Adhärenz – und die steht wegen Nebenwirkungen der hochaktiven ART stets auf der Kippe. Rund 45 Prozent der Frauen betreiben Selbstmedikation zur Behandlung von Nebenwirkungen der Therapie, Abmilderung von HIV-Symptomen und zur Verbesserung der Lebensqualität. Worauf in der Apotheke zu achten ist, erklärten Dr. Annette Haberl, Ärztin im HIVCENTER der Frankfurter Universitätsklinik, und Apothekerin Isabel Waltering, Nottuln, auf der Interpharm.

Gastrointestinale Beschwerden sind die häufigste Nebenwirkung der ART,  besonders unter Proteaseinhibitoren (PI: Atazanavir, Darunavir, Nelfinavir, Ritonavir) können aber auch Symptom einer unbehandelten HIV-Infektion sein. Infizierte entwickeln unter der Therapie häufiger eine Lactoseintoleranz. Mittel der Wahl bei Diarrhö sind Flohsamen/Flohsamenschalen, die auch verordnungsfähig sind. Wichtig ist wegen möglicher Absorptionseffekte bei allen Schleimdrogen (Floh/Leinsamen, Eibisch, Isländisch Moos) ein Einnahmeabstand von zwei Stunden zu HIV-Medikamenten. Loperamid sollte unter PI vermieden werden, hier sind zentrale Nebenwirkungen möglich. 

Bei Übelkeit/Sodbrennen und Erbrechen sind Antiemetika vertretbar, Protonenpumpenhemmer eher zu vermeiden wegen möglicher Beeinträchtigung der Resorption besonders bei PI, aber auch bei Rilpivirin. Leinsamen ist eine Option.
Bei Kopfschmerzen sind saure NSAR meist unproblematisch, sofern die Nierenfunktion beachtet wird. Unter Efavirenz und Tenofovir ist auf nephrotoxische Effekte zu achten, bei Paracetamol eventuell auf Leberwerte.

Vorsicht bei Nahrungsergänzungsmitteln!

Müdigkeit ist meist nicht medikamentös zu verbessern, Multivitamine sind oft problematisch:

  • Vitamin B1 führt in höheren Dosen zu Hautausschlägen,
  • Vitamin B6 in Dosen von 50 mg/d kann Neuropathien verstärken,
  • Hoch dosiertes Vitamin C (1000 mg/d) kann Blutspiegel der ART senken,
  • Vitamin E-Dosen > 400 IE/d sind mit erhöhter Sterblichkeit assoziiert,
  • Folsäure kann die Cotrimoxazol-Wirkung zur Prophylaxe von Pneumocystis Jirovecii (PCJ) reduzieren,
  • Eisen-Substitution kann Integrase-Inhibitoren (Dolutegravir, Raltegravir und Elvitegravir) komplexieren.


Ralf Schlenger, Apotheker. Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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