ApothekenRechtTag – Regeln für das E-Rezept

Douglas: Sorgen um Zuweisungsverbot, Makelverbot und Trennung der Heilberufler

Süsel - 24.09.2020, 14:15 Uhr

Dr. Morton Douglas sprach beim heutigen ApothekenRechtTag im Rahmen der Interpharm online über die in den nächsten Jahren vermutlich größte Veränderung in den Apotheken – die Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) und des E-Rezeptes. (Foto: Schelbert)

Dr. Morton Douglas sprach beim heutigen ApothekenRechtTag im Rahmen der Interpharm online über die in den nächsten Jahren vermutlich größte Veränderung in den Apotheken – die Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) und des E-Rezeptes. (Foto: Schelbert)


Der Apothekenrechtsexperte Dr. Morton Douglas sieht nach Verabschiedung der neuen Rechtsvorschriften für die Telematik noch viele offene Rechtsfragen zum E-Rezept. Das machte er heute beim ApothekenRechtTag deutlich. Er sorgt sich, dass das Zuweisungsverbot, das Makelverbot und die Trennung von Arzt und Apotheker ausgehebelt werden können. Immer wieder neue Angebote aus dem Internet machen für ihn die Brisanz deutlich.

Dr. Morton Douglas sprach beim heutigen ApothekenRechtTag im Rahmen der Interpharm online über die in den nächsten Jahren vermutlich größte Veränderung in den Apotheken – die Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) und des E-Rezeptes. Die bisherigen Regeln für die Telematik betrachtet der Rechtanwalt erst als „rudimentär“. Doch die Problemfelder, an denen noch gearbeitet werden müsse, seien erkennbar. Jüngst sei bereits kritisiert worden, dass das Patientendatenschutzgesetz (PDSG) „auf Kollisionskurs zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)“ gehe. Denn die Datenschützer würden von Anfang an einen dokumentengenauen Zugriff für alle fordern. Anderenfalls verstoße dies gegen die DSGVO. Demnach sei auch das Authentifizierungsverfahren für die elektronische Patientenakte nicht mit den EU-Vorgaben vereinbar. Nach Einschätzung von Douglas könne dies die Entwicklung der TI noch verzögern.

Das E-Rezept und die Erkennungsmarke Token

Die neuen Vorschriften zur TI im Rahmen des SGB V regeln den Zugriff auf das E-Rezept. Doch es wird im Alltag nicht nur um das E-Rezept selbst gehen. Denn dem E-Rezept ist eine Erkennungsmarke zugeordnet, die die Einsicht, die Zuweisung und den Abruf des E-Rezeptes ermöglicht. Diese Erkennungsmarke wird meist als Token bezeichnet. Douglas betonte, dass der Patient ein echtes Wahlrecht habe, diesen Token in ausgedruckter oder elektronischer Form zu erhalten. Auf einem Ausdruck müssten auch Mindestangaben zum verordneten Arzneimittel gemacht werden, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Doch in der zentralen Bedeutung des Tokens sieht Douglas ein wesentliches Problem. Schon die bisherige Diskussion mache die Unsicherheit deutlich. Es bestehe die Gefahr, dass das Makelverbot ausgehebelt werde, wenn es sich nicht ausdrücklich auf den Token beziehe. So könne eine Grauzone entstehen, über die jahrelang Prozesse geführt werden müssten. Darum erwarte er vom Gesetzgeber, dies zu verhindern und schon jetzt klarzustellen, dass die Regeln für das E-Rezept auch den Token betreffen.

Personenbezogene elektronische Protokollierung

Außerdem sehen die neuen Regeln vor, dass elektronisch protokolliert wird, wer auf die Daten zugegriffen hat. In der TI müsse die zugreifende Organisation dokumentiert werden. Doch in der Apotheke müsse dokumentiert werden, welcher Mitarbeiter auf die Daten eines bestimmten Patienten zugegriffen habe. Auch diese Anforderung könne die Entwicklung des Systems noch verzögern, vermutet Douglas. Sehr zu begrüßen sei die klare Regel, dass nur die Gematik Komponenten entwickeln und zur Verfügung stellen darf. Das sei gut für das Vertrauen und schütze vor den Folgen der möglichen Insolvenz eines privaten Anbieters.

Angebote „nahe am Darknet“

„Große Sorgen“ macht sich Douglas allerdings bezüglich der Umsetzung des Zuweisungsverbotes. Denn § 140e SGB V sieht vor, dass Krankenkassen mit ausländischen Leistungserbringern Verträge über die Versorgung ihrer Versicherten abschließen können. Doch die Gleichpreisigkeit für Rx-Arzneimittel gemäß dem geplanten VOASG solle für diese Verträge nicht gelten. Darum stelle sich die Frage, wie das Zuweisungsverbot sichergestellt werden könne, wenn die GKV wirtschaftliche Interessen habe, solche Verträge zu fördern.

Außerdem könne die Fernbehandlung den Weg für eine Auflösung der Trennung zwischen Arzt und Apotheker öffnen, fürchtet Douglas. Eine Fernbehandlung könne in bestimmten Situationen durchaus sinnvoll sein, aber sie dürfe das Recht auf freie Apothekenwahl nicht aushebeln. Wie relevant dies für den Alltag ist, unterstrich Douglas mit dem Hinweis auf Angebote im Internet, bei denen die Auswahl von Arzneimitteln und die Lieferung über einen Versand ohne echte Beratung beworben wird. Solche Konzepte würden „wie Pilze aus dem Boden schießen“. Doch für Douglas sei das „nahe am Darknet“. Er folgerte: „Ich hoffe, dass der Gesetzgeber erkennt, dass solche Modelle nicht die Zukunft der Arzneimittelversorgung in Deutschland sein können.“

Abrechnung von E-Rezepten offen

Als weitere sehr aktuelle Herausforderung sprach Douglas die Abrechnung von E-Rezepten an. Dazu bestehe die Erwartung, dass mit dem E-Rezept praktisch keine Retaxationen mehr stattfänden. Doch für Douglas ist das „Zukunftsmusik“. Denn es sei noch gar nicht klar, wie die Abrechnung stattfinden werde. Als Reaktion auf die AvP-Insolvenz gebe es Ideen, das System der Rezeptabrechnung neu zu justieren – und das betreffe dann auch das E-Rezept.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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