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Tamsulosin 0,4 mg retardiert – wer kennt diese Verordnungen nicht zuhauf aus der Apotheke? Eingesetzt wird der α1-Adrenozeptor-Antagonist beim benignen Prostatasyndrom, allein oder in Kombination mit dem 5α-Reduktasehemmer Dutasterid. Was ist der Nutzen? Im Folgenden sind die wichtigsten Aspekte zusammengefasst – zum Nachlesen oder Anhören in DAZ.online-Podcast.
Zur Therapie des benignen Prostatasyndroms können folgende Arzneistoffgruppen zum Einsatz kommen: α1-Adrenozeptor-Antagonisten, Testosteron-5α-Reduktasehemmer, Phosphodiesterase-5-Hemmer sowie Phytopharmaka. Zu den
α1-Adrenozeptor-Antagonisten gehören neben Alfuzosin, Doxazosin, Silodosin und Terazosin der am häufigsten verordnete Wirkstoff Tamsulosin.
Indikation
Tamsulosin wird ausschließlich bei Männern zur Behandlung von Beschwerden im Bereich des unteren Harntraktes, die im Zusammenhang mit einer gutartigen Vergrößerung der Prostata, der benignen Prostatahyperplasie (BPH), stehen, angewendet. Nach neuer Nomenklatur wird das Beschwerdebild einer BPH als benignes Prostatasyndrom (BPS) bezeichnet.
Zu diesen Beschwerden gehören Schwierigkeiten beim Wasserlassen (dünner Strahl), Harnträufeln, starker Harndrang, Harnstottern und sehr häufiges Wasserlassen sowohl tagsüber als auch in der Nacht.
Wirkung
Tamsulosin bindet selektiv und kompetitiv an postsynaptische α1-Adrenorezeptoren, insbesondere an die Subtypen α1A und α1D. Die Blockade von α1-Rezeptoren führt zu einer Erschlaffung der glatten Muskulatur des Blasenhalses, der Harnröhre und der Prostata. Mit α1-Adrenozeptor-Antagonisten (synonym auch
α1-Adrenozeptorblocker) erfolgt eine Verringerung des intraprostatischen Harnröhrenwiderstands. Als Folge dessen wird ein erleichterter Harnabfluss erreicht. Grundsätzlich stehen alle α1-Adrenozeptor-Antagonisten zur Behandlung eines BPS zur Verfügung. Allerdings setzten sich bei dieser Indikation verstärkt solche Substanzen durch, die eine Präferenz zum Adrenozeptor-Subtyp α1A besitzen. Das hat den großen Vorteil, dass diese Substanzen weniger stark blutdrucksenkend wirken. Beim benignen Prostatasyndrom gelten neben Alfuzosin und Silodosin vor allem Tamsulosin, als meist verordneter α1-Adrenozeptor-Antagonist, als Mittel der ersten Wahl. Terazosin und Doxazosin sind wegen der stärkeren blutdrucksenkenden Wirkung und der daraus resultierenden Nebenwirkungsrate Mittel der zweiten Wahl.
Anwendung
Als Darreichungsform stehen ausschließlich Kapseln mit 0,4 mg Tamsulosin mit veränderter Wirkstofffreisetzung (Retardkapseln) zur Verfügung. Die Dosierung beträgt eine Kapsel täglich nach dem Frühstück oder nach der ersten Mahlzeit des Tages.
Kinetik
Tamsulosin ist nahezu vollständig bioverfügbar. Die Resorption von Tamsulosin wird durch eine zuvor eingenommene Mahlzeit verlangsamt, und dadurch werden Plasmaspitzenkonzentrationen nach circa sechs Stunden erreicht. Eine gleichmäßige Absorption kann durch die Einnahme von Tamsulosin immer nach der gleichen Mahlzeit (Frühstück oder erste Mahlzeit des Tages) gefördert werden. Tamsulosin zeigt einen geringen First-Pass-Effekt, der größte Teil liegt im Plasma in Form des unveränderten Wirkstoffs und stark proteingebunden vor. Die Metabolisierung erfolgt in der Leber. Tamsulosin zeigt eine lineare Kinetik, und die Halbwertzeit liegt bei 15-19 Stunden. Der Steady State wird nach fünf Tagen einer Mehrfachgabe erreicht.
Nebenwirkungen
Als häufige und gelegentliche Nebenwirkungen können auftreten:
- Schwindel
- Ejakulationsstörungen (einschließlich retrograder Ejakulation und Ejakulationsversagen)
- Kopfschmerzen
- Palpitation
- Orthostatische Hypotonie
- Rhinitis, Obstipation
- Diarrhö
- Übelkeit
- Erbrechen
- Hautausschlag
- Pruritus
- Urtikaria
Wechselwirkung
Tamsulosin sollte mit Vorsicht in Kombination mit starken und moderaten CYP3A4- Inhibitoren (z.B. Makrolid-Antibiotika wie Erythromycin) gegeben werden. Die gleichzeitige Anwendung von Tamsulosin mit starken CYP3A4-Inhibitoren wie Ketoconazol kann zu einer Erhöhung der Plasmaspiegel-Konzentration von Tamsulosin führen.
Bei Patienten vom CYP2D6-Poor-Metabolizer-Phänotyp sollte Tamsulosin nicht in Kombination mit starken CYP3A4-Inhibitoren gegeben werden, da dann beide Metabolisierungswege beeinträchtigt sind.
Bei Patienten, die mit Antihypertensiva behandelt werden, kann es vor allem zu Behandlungsbeginn zu einer verstärkten Hypotonie mit Schwindel und Schweißausbruch kommen. Auch die gleichzeitige Anwendung von Phosphodiesterase-5-Inhibitoren wie Sildenafil verstärkt das Hypotonierisiko.
Kombination mit Dutasterid
Die besten Ergebnisse einer medikamentösen BPS-Therapie können bislang mit der Kombination eines α1-Adrenozeptor-Antagonisten mit einem 5α-Reduktasehemmer erreicht werden. Für Tamsulosin ist eine Fixkombination mit 0,5 mg Dutasterid und 0,4 mg Tamsulosinhydrochlorid im Handel. Diese Kombinationstherapie nutzt die klinischen Vorteile der Einzelsubstanzen: ein rascher Wirkeintritt der α-Blocker und der positive Effekt der 5α-Reduktasehemmer auf die Krankheitsprogression. Der Vorteil der Kombinationstherapie nimmt mit zunehmendem Prostatavolumen gegenüber der α1-Blocker-Monotherapie zu.
Neben der Behandlung moderater bis schwergradiger Symptome der BPS ist die Kombination auch zur Senkung des Risikos von akutem Harnverhalt und operativen Eingriffen bei Patienten mit moderaten bis schweren BPS-Symptomen zugelassen.
DAZ-Serie
Wirkstofflexikon
Quellen:
Mutschler Arzneimittelwirkungen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 11., völlig neu bearbeitete Auflage 2020
S2e-Leitlinie der Deutschen Urologen - Konservative und medikamentöse Therapie des benignen Prostatasyndroms https://www.akbps.de/fileadmin/MDB/Arbeitskreise/akbps/pdf/s2e-leitlinie-der-deutschen-urologen-1.pdf, letzter Aufruf 07.05.2020
Fachinformationen der Produkte über https://www.fachinfo.de letzter Aufruf 10.05.2020
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