Zweites Bevölkerungsschutzgesetz

Grüne: Rauchentwöhnung soll von den Kassen erstattet werden

Berlin - 13.05.2020, 11:47 Uhr

Die Grünen-Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther und ihre Fraktion im Bundestag fordern, dass Rauchentwöhnungspräparate von den Kassen übernommen werden sollen. (m / Foto: imago images / photothek)

Die Grünen-Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther und ihre Fraktion im Bundestag fordern, dass Rauchentwöhnungspräparate von den Kassen übernommen werden sollen. (m / Foto: imago images / photothek)


Am morgigen Donnerstag soll im Bundestag das Zweite Bevölkerungsschutzgesetz beschlossen werden, mit dem der Gesetzgeber auf die Coronakrise reagieren will. Es geht um Neuregelungen für Corona-Tests, aber auch um apothekenpolitische Fragen wie etwa die Flexibilisierung des Pharmaziestudiums. Die Fraktion der Grünen bringt nun noch einen Änderungsantrag zu dem Gesetz ein, in dem gefordert wird, dass Rauchentwöhnungspräparate künftig von den Kassen erstattet werden. Es ist nicht der erste Vorstoß der Grünen in dieser Angelegenheit.

Das Bundeskabinett hatte Ende April den Entwurf eines Zweiten Bevölkerungsschutzgesetzes beschlossen. Mit ihm sollen bereits während der Coronavius-Pandemie beschlossene Gesetze weiterentwickelt und ergänzt werden. Unter anderem zielt das Gesetz darauf ab, mehr zu testen und einen besseren Einblick in den Verlauf der Ausbreitung zu erhalten. Das Gesetz liegt jetzt im Schnellverfahren dem Bundestag vor, zu einem Beschluss könnte es morgen kommen. DAZ.online hatte bereits über apothekenpolitischen Inhalte berichtet: Die ursprünglich geplanten Pilotprojekte für Arzneimittel-Abgabeautomaten in Kliniken wurden wieder gestrichen, dafür ist die Flexibilisierung des Pharmaziestudiums hinzugekommen.

Quasi in letzter Minute will nun die Grünen-Fraktion noch einen Vorschlag einbringen, der für die Apotheker durchaus relevant ist. Demnach sollen Präparate zur Rauchentwöhnung künftig von den Kassen erstattet werden. Die Grünen wollen einen Passus aus dem SGB V streichen, der vorsieht, dass Rauchentwöhnungspräparate zu sogenannten „Lifestlye-Präparaten“ gehören und somit für eine Erstattung grundsätzlich nicht in Frage kommen. In der Begründung zum Antrag erinnert die Oppositionsfraktion daran, dass erste Studien zeigen würden, dass Raucher ein erhöhtes Risiko hätten, schwer an COVID-19 zu erkranken. Pneumologen hätten darauf hingewiesen, dass durch die rauchbedingte Schädigung der Flimmerhärchen in der Lunge Krankheitserreger schlechter abtransportiert werden können.

Die Grünen stören sich auch daran, dass Mittel zur Rauchentwöhnung zu den oben genannten Lifestyle-Präparaten gehören. Zur Begründung heißt es: „Tatsächlich sind Präparate zur Rauchentwöhnung keine Wohlfühlprodukte. Sie gehören aus diesem sogenannten Lifestyle-Paragraphen gestrichen. Nikotinsucht ist eine Krankheit. Menschen, die mit dem Rauchen aufhören möchten, müssen einfach therapeutische und ärztliche Hilfe bekommen. Die therapeutische und medikamentöse Begleitung der Rauchentwöhnung sollten in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen werden.“

„Wer wegen Corona mit dem Rauchen aufhören möchte, muss Unterstützung bekommen.“

Kirsten Kappert-Gonther ist Ärztin und Sprecherin für Drogenpolitik bei den Grünen. Sie kommentierte den Antrag ihrer Fraktion folgendermaßen: 

„Raucherinnen und Raucher gehören zur Risikogruppe für schwere Krankheitsverläufe. Obwohl Lungenärzte und -ärztinnen den Rauchausstieg empfehlen, wird die Kostenübernahme der medikamentösen Rauchentwöhnung durch den sogenannten Lifestyle-Paragraphen verhindert. Die therapeutische und medikamentöse Begleitung der Rauchentwöhnung sollten in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen werden. Wer wegen Corona mit dem Rauchen aufhören möchte, muss Unterstützung bekommen.“

Es ist nicht das erste Mal, dass die Grünen einen solchen Vorstoß unternehmen. Im vergangenen Jahr hatte das Bundessozialgericht entschieden, dass GKV-Versicherte keinen Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln zur Raucherentwöhnung haben. Kappert-Gonther hatte damals öffentlich gefordert, dass Rauchentwöhnungspräparate wieder von den Kassen erstattet und aus der Liste der sogenannten Lifestyle-Präparate gestrichen werden sollen.

Die Regelung zu sogenannten Lifestyle-Präparaten

Lifestyle-Präparate werden derzeit von den Krankenkassen nicht erstattet. Ein Arzneimittel gilt als Lifestyle-Arzneimittel, wenn es nicht in erster Linie zur Therapie einer Krankheit eingesetzt wird, sondern die Lebensqualität erhöhen oder die Leistungsfähigkeit verbessern soll. Für diese Präparate gibt es eine Sonderregelung im Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V):

§ 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V

Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

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von Anita Peter am 13.05.2020 um 12:00 Uhr

Wie wärs, wenn sich Raucher mit 20% Eigentanteil an den Behandlungskosten von Folgeerkrankungen beteiligen müssen?

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