DocMorris-Zukunftskonzept

„Wir müssen uns anders aufstellen als in der Vergangenheit“

Berlin - 22.04.2020, 17:45 Uhr

DocMorris-Chef Olaf Heinrich hat die Pläne seines Unternehmens für die neue Gesundheitsplattform konkretisiert. (Foto: DocMorris)

DocMorris-Chef Olaf Heinrich hat die Pläne seines Unternehmens für die neue Gesundheitsplattform konkretisiert. (Foto: DocMorris)


Der Schweizer Pharmahandelskonzern will mit seiner niederländischen Versand-Tochter DocMorris nicht mehr „nur“ Versandapotheke sein. Vielmehr soll DocMorris zur Gesundheitsplattform werden, auf der beispielsweise auch ärztliche Video-Beratungen angeboten werden. Um schneller versorgen zu können, wirbt DocMorris seit einigen Wochen um die Zusammenarbeit mit den Apotheken. In einem virtuellen „OTC-Summit“ des Marktforschungsunternehmens Dr. Kaske erklärte DocMorris-Chef Olaf Heinrich am heutigen Mittwoch, dass sich sein Unternehmen „anders aufstellen“ müsse, um das Vertrauen der Apotheker zu gewinnen.

Die Pläne von Zur Rose und DocMorris für die Zukunft sind mal wieder groß: Der Versand- und Logistikkonzern möchte künftig als „Gesundheitsplattform“ wahrgenommen werden. Neben dem Versandservice sollen die Kunden über die DocMorris-App beispielsweise auch Online-Sprechstunden bei Ärzten wahrnehmen können, über die Kooperation mit weiteren „Partnern“ sollen weitere Services hinzukommen. Die Rede ist von einem „Zur Rose Ecosystem“, das sich der Konzern derzeit aufbaut. Im Zentrum dieses Angebots soll die dazugehörige Plattform-App stehen, die der Konzern derzeit noch aufbaut.

Klar ist: Alleine wird Zur Rose dieses Angebot nicht ermöglichen können. Denn mehrere Apotheken-Initiativen und Netzwerke, wie etwa „Pro AvO“, der „Zukunftspakt“ oder Phoenix mit „deine Apotheke“, bauen sich derzeit Kunden-Plattformen auf, in denen es teils jetzt schon möglich ist, zentral vorzubestellen und das gewünschte Produkt innerhalb weniger Stunden in der ausgewählten Apotheke zu beziehen. Für DocMorris heißt das: Der mehrtägige Versandweg reicht nicht mehr aus, man muss schneller werden. Auch aus diesem Grund sucht DocMorris seit Wochen die Nähe zu den Apothekern. Unter anderem hat der Konzern bereits angekündigt, künftig bei allen Rezepten, die über die Plattform eingehen, auf einen Rx-Bonus zu verzichten.

Wie das Konzept bei den Vor-Ort-Apothekern ankommt, ist aber weiterhin völlig unklar. Denn wie in vielen anderen Bereichen will sich DocMorris nicht zu konkreten Zahlen äußern. Bei einer Video-Konferenz des Marktforschungsunternehmens Dr. Kaske, an der auch DocMorris-Chef Olaf Heinrich beteiligt war, kam am heutigen Mittwoch erneut die Frage auf, ob sich mit Blick auf das angespannte Verhältnis zwischen den Apothekern und den Niederländern überhaupt Pharmazeuten von einer Kooperation überzeugen ließen.

Heinrich verzichtete erneut darauf, konkret zu werden und zu sagen, wie viele Apotheker er schon überzeugt hat. Allerdings erklärte der DocMorris-Chef, dass es sein Ziel sei, das „Vertrauen der Partner“ zu gewinnen. „Dazu müssen wir uns auch anders aufstellen als in der Vergangenheit“, erklärte er. Wie genau er die Apotheker von seinem Zukunftskonzept überzeugen will, erklärte er nicht. Es gehe aber darum, den Partnern „die Hand zu reichen“ und „nach fairen Regeln“ zu spielen. Ganz neues Terrain betritt DocMorris mit dieser Strategie übrigens nicht: In einigen südeuropäischen Ländern hat die DocMorris-Tochter Promofarma ein ähnliches Geschäftsmodell bereits mit zahlreichen Apotheken etabliert. Allerdings besteht in diesen Ländern auch kein seit Jahren andauernder Konflikt mit der Apothekerschaft.

Heinrich: Echtzeitdaten aus den Vor-Ort-Apotheken

In der Video-Konferenz gab Heinrich erneut Einblicke in die geplante Plattform-App von DocMorris. Konkret solle die App noch in diesem Jahr gelauncht werden und zahlreiche Services enthalten. Neben dem Online-Arzt-Service soll es auch möglich sein „per Knopfdruck“ an Folgerezepte zu kommen, und sich über die aktuellen Lagerbestände in den teilnehmenden Apotheken zu informieren. Heinrich dazu: „Über Echtzeitdaten wird es möglich sein, die Verfügbarkeit in den Apotheken vor der Bestellung zu prüfen.“ Dann solle entweder ein Pick-up-Service in der Apotheke oder der Versandweg ausgewählt werden können.

Weiterhin plant der Konzern mit großen Umsatzzuwächsen durch das E-Rezept. Heinrich erklärte dazu am heutigen Freitag, dass sich der künftige Rx-Marktanteil der Versender „irgendwo zwischen“ dem jetzigen OTC-Marktanteil und dem Rx-Marktanteil einfinden solle. Laut Heinrich haben die Versender derzeit einen Anteil von etwa 1,3 Prozent am Rx-Geschehen in Deutschland, im OTC-Bereich soll die Marktdurchdringung schon bei 19 Prozent liegen. Der DocMorris-Mutterkonzern Zur Rose hatte mehrfach erklärt, dass man die Umsätze nach der flächendeckenden Einführung des E-Rezeptes verdoppeln wolle.

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Corona: Kurzfristige Umsatzsprünge

Heinrich sprach auch erneut über die Auswirkungen der Coronakrise auf das Versandgeschäft. Durch die Krise habe sich ein „kurzfristiger Umsatzsprung“ ergeben. Es gebe derzeit ein „Allzeithoch“ bei der Anzahl der Pakete oder bei der Nachfrage. Man habe alle Kräfte mobilisiert, PTA müssten Sonderschichten schieben. Heinrich weiter: „Die Apotheken vor Ort machen einen super Job, aber auch wir im Versand sorgen dafür, dass unsere Kunden versorgt werden.“ Heinrich verzichtete aber erneut darauf, konkrete Zahlen zu diesen Steigerungen zu nennen. Schon in den kürzlich veröffentlichten Quartalszahlen war von Umsatzsprüngen durch das Coronavirus die Rede – ohne entsprechende Steigerungsraten. Heinrich sagte am heutigen Mittwoch, dass man „auf Quartalsebene“ keine Marktdaten herausgebe. Aber die Entwicklungen seien „sehr, sehr deutlich“. Er deutete an, dass sich die Zahl der aktiven Kunden von etwa 6,8 Millionen auf mehr als 7 Millionen gesteigert habe.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Ich sehe was Du nicht siehst...

von Christian Timme am 22.04.2020 um 19:07 Uhr

... und das Apotheken-Kommissioniersystem sagt mir den Rest...

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Vertrauen - Warum?

von Jan Kusterer am 22.04.2020 um 18:15 Uhr

Vielleicht will der überwiegende Teil der deutschen Apotheker auch gar nicht ein Vertrauensverhältnis zu einem mit Fremdkapital aufgeplusterten, defizitären und unkontrollierten Versandhandel eingehen.

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