Die Arznei- und Heilpflanzen des Jahres

Eine Heilpflanze für Salatliebhaber

Stuttgart - 03.01.2020, 14:10 Uhr

Die Wurzeln dieser Heilpflanze können, als Tee zubereitet, der Verdauung helfen. (Foto: NHV Theophrastus)

Die Wurzeln dieser Heilpflanze können, als Tee zubereitet, der Verdauung helfen. (Foto: NHV Theophrastus)


Die Arzneipflanze des Jahres 2020 ist der Echte Lavendel, darüber hat DAZ.online bereits berichtet. Gewählt wird diese seit 1999 durch den Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzen der Universität Würzburg. Der NHV Theophrastus wählt seit 2003 jährlich außerdem auch eine Heilpflanze des Jahres: Diese ist 2020 die Wegwarte.

Die Wegwarte (Cichorium intybus) ist die Heilpflanze des Jahres 2020. Das hat die Expertenjury des NHV Theophrastus bereits im Juni 2019 bekannt gegeben. Über die Arzneipflanze des Jahres 2020 hatte DAZ.online bereits im November berichtet – sie steht seit dem 6. November 2019 fest: der Echte Lavendel.

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Während Lavendel auch heute noch in Apotheken gut bekannt und auch als Inhaltsstoff in Fertigarzneimitteln enthalten ist, dürfte die Beratung zum Thema Wegwarte in der Apotheke schon schwerer fallen. „Die Wegwarte ist heute eine eher vergessene Heilpflanze. Wir möchten sie im kommenden Jahr als Heilpflanze des Jahres den Menschen wieder näher bringen“, kommentierte Konrad Jungnickel, der 1. Vorsitzende des NHV, die Wahl. Doch ganz so unbekannt ist die Pflanze an sich gar nicht.

Von Chicorée, Radicchio – und Kaffee

Als Kulturformen der Wegwarte seien nämlich Chicorée und Radicchio den meisten Salatliebhabern bestens bekannt, heißt es in der Pressemitteilung. Aus der gerösteten Wurzel der Heilpflanze werde außerdem der Zichorienkaffee als koffeinfreies Ersatzgenussmittel hergestellt.

Wissenschaftlich sei die Wegwarte als Mittel bei Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden anerkannt:. „Durch die Aktivierung der Verdauungssäfte ist die Wegwarte bestens geeignet für eine reinigende Frühjahrskur“, wird Jungnickel zitiert. Die Erfahrungsheilkunde nutze sie zudem bei allgemeinen Schwächezuständen, Rheuma und Gicht, aber auch äußerlich bei Hautkrankheiten. Der nur leicht bittere Tee aus Wurzel oder Kraut werde meist auch von Kindern akzeptiert. Man hoffe nun, dass die medizinische Forschung sich in Zukunft mit weiteren Studien der Blauwarte widmet – über die Jahrhunderte haben sich viele volkstümliche Namen entwickelt: Blauwarte, Sonnenbraut, Faule Magd oder Hansel am Weg.

Die Wegwarte

Laut dem NHV Theophrastus gedeiht die mehrjährige Pflanze an Mauern, Bahndämmen, Straßen und auf Schutthalden. Die Blattrosette soll leicht mit dem Löwenzahn zu verwechseln sein. Sie trägt himmelblaue Blüten, die aber nur etwa sechs Stunden überleben. Sind die Blüten verwelkt, ist die Pflanze unscheinbar und hebt sich kaum noch vor ihrem Hintergrund ab. Besonders Wildbienen „naschen“ aber gern an den blauen Blüten und die Samen bereichern im Herbst die Speisekarte von Stieglitzen.

Prominenz erlangte die Pflanze im 18. Jahrhundert: Die geröstete Wurzel wurde als Ersatz für den teuren Bohnenkaffee entdeckt.

HMPC: Tee erst ab 12 Jahren anwenden

Auch auf europäischer Ebene findet die Wegwarte Erwähnung, allerdings nur deren Wurzel: Cichorii intybi radix. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC, Committee on Herbal Medicinal Products) ist der Ausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), der für die wissenschaftliche Bewertung von pflanzlichen Arzneimitteln zuständig ist. Die entsprechende Monographie zu Cichorium intybus L., radix hat der Ausschuss am 15. Januar 2013 veröffentlicht. Er kommt zu dem Schluss, dass die Zichorienwurzel aufgrund ihrer langjährigen Verwendung zur Linderung der Symptome leichter Verdauungsstörungen (wie Völlegefühl, Blähungen und langsame Verdauung) und vorübergehender Appetitlosigkeit verwendet werden kann. Allerdings sollte die Wurzel nur bei Erwachsenen und Kindern über 12 Jahren zum Einsatz kommen.

Was die wissenschaftliche Evidenz betrifft, so fällt die Wurzel der Wegwarte unter die Kategorie „traditionelle Anwendung“. Damit wird die Wirksamkeit als plausibel eingestuft, auch wenn es nicht ausreichend klinische Studien gibt. Man beruft sich in dieser Kategorie auf Beweise, die zeigen, dass die Pflanze seit mindestens 30 Jahren (einschließlich 15 Jahren innerhalb der EU) sicher angewendet wurde. Zudem darf die beabsichtigte Verwendung keine medizinische Überwachung erfordern. Der HMPC schreibt aber auch, dass allein die enthaltenen Bitterstoffe den Appetit anregen können und Laborstudien sollen gezeigt haben, dass die Wurzel einen Einfluss auf die Gallensekretion hat – was wiederum die Verdauung beeinflussen könnte. Nebenwirkungen sind dem HMPC nicht bekannt.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Lavendel aus der Natur

von Kerstin am 06.01.2020 um 8:48 Uhr

Der echte Lavendel ist auch unsere Heilpflanze des Jahres. Vor allem die Eigenschaft , dass er antibakteriell, antiviral, antimykotisch zugleich wirkt finden wir klasse. Vor allem duftet er super.

Grüße Kerstin von https://www.heilkraft-der-natur.com

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