Anbindung an die Telematikinfrastruktur

Wie sollen DocMorris und Co. künftig E-Rezepte empfangen?

Berlin - 22.11.2019, 07:00 Uhr

Damit Apotheken E-Rezepte empfangen können, müssen sie sich an die Telematikinfrastruktur anbinden, dazu benötigen sie unter anderem einen Konnektor, neue Karten und Kartenlesegeräte. Aber wie sollen die EU-Versender sich anschließen? (s / Foto: Schelbert)

Damit Apotheken E-Rezepte empfangen können, müssen sie sich an die Telematikinfrastruktur anbinden, dazu benötigen sie unter anderem einen Konnektor, neue Karten und Kartenlesegeräte. Aber wie sollen die EU-Versender sich anschließen? (s / Foto: Schelbert)


Damit Apotheken in Deutschland irgendwann E-Rezepte empfangen können, müssen sie sich an die Telematikinfrastruktur (TI) anbinden. Diese Anbindung ist gesetzlich geregelt, außerdem benötigen die Apotheker bestimmte Hard- und Software. Die EU-Versender verbinden milliardenschwere Hoffnungen mit dem E-Rezept, auch sie werden sich also an die TI anbinden wollen. Das ist aber nicht so einfach, weil beispielsweise Zugangskarten explizit nur für Heilberufler bestimmt sind. Das Bundesgesundheitsministerium teilt nun mit, dass man an dem Problem bereits arbeite.

Das E-Rezept wird derzeit in zahlreichen Modellprojekten getestet. Die Apothekerschaft betreibt beispielsweise in Berlin und Baden-Württemberg Pilotversuche, in Schleswig-Holstein soll ein Modell hinzukommen. DocMorris startet ein eigenes, kleines Projekt mit Hausärzten in Westfalen-Lippe. Das alles sind aber nur Versuche, in denen die Projektbeteiligten ihre eigene technische Infrastruktur konzipieren und aufbauen mussten. Sie alle eint die Hoffnung, dass diese Strukturen im kommenden Jahr als Beispiel für den Aufbau der bundesweiten E-Rezept-Struktur dienen könnten.

Im kommenden Jahr, am 30. Juni, wird nämlich die Gematik ihre Spezifikationen zum E-Rezept vorstellen und somit das technische Grundgerüst für die künftige Weiterleitung und Nutzung des E-Rezeptes in Deutschland festlegen. Am 30. September folgt dann ein weiterer wichtiger Termin: Die Apotheker müssen sich bis zu diesem Termin an die Telematikinfrastruktur angebunden haben – eine Datenautobahn für das Gesundheitswesen, auf der Daten wie das E-Rezept zwischen einzelnen Akteuren im Gesundheitswesen hin- und hergeschickt werden können.

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Vorschriften gelten nur für inländische Apotheken

All diese Regelungen und Fristen gelten allerdings ausschließlich für (Versand-)Apotheken in Deutschland. Sowohl DocMorris als auch die Shop Apotheke, beide in den Niederlanden situiert, haben angekündigt, ihren Umsatz mithilfe des E-Rezeptes extrem zu steigern. Beide Konzerne werden also ein Interesse daran haben, sich an die oben beschriebene Telematikinfrastruktur anzubinden – schließlich wird dies die Struktur sein, in der E-Rezepte verordnet und an Apotheken weitergeleitet werden sollen.

Doch die Anbindung der EU-Versender ist nicht einfach. Denn Apotheken in Deutschland müssen in den kommenden Monaten eine Reihe von Hard- und Software-spezifische Umstellungen vornehmen, um sich an die TI anzukoppeln. Und insbesondere bei den Hardware-Komponenten könnte es Probleme geben: Da wäre zum Beispiel der E-Heilberufsausweis (HBA), mit dem die Apotheker sich als Heilberufler im System identifizieren müssen, bevor sie Patientendaten einsehen dürfen. Hinzu kommt die sogenannte SMC-B-Karte, mit der sich die Apotheke als heilberufliche Institution in der TI anmeldet. Beide Karten werden von den Apothekerkammern an die Apotheker beziehungsweise die Apotheken verteilt – ausländische Versandkonzerne sind in den Kammern bekanntlich nicht Mitglied. Und schließlich braucht es einen E-Health-Konnektor, also eine Art Router, der die Verbindung herstellt.

BMG: Wir prüfen die Anbindung der EU-Versandapotheken

DAZ.online hat zu diesem Thema mehrere Fragen an den EU-Versender DocMorris geschickt: Wie stellt sich der Konzern die Anbindung vor? Wie üblich, antwortete DocMorris jedoch nicht. Unsere Fragen gingen auch an die Gematik und an das Bundesgesundheitsministerium. Die Gematik verwies auf die Antworten des Ministeriums. Das Ministerium wiederum stellte gleich zu Beginn klar: „Alle Apotheken, die ein E-Rezept einlösen möchten, benötigen einen Anschluss an die Telematikinfrastruktur. Das gilt sowohl für Vor-Ort-Apotheken als auch für Online-Apotheken.“

Wie stellt sich das Ministerium dann aber die Anbindung niederländischer Konzerne an die TI vor? Eine Sprecherin dazu: „Das BMG prüft derzeit verschiedene Lösungen zum Anschluss ausländischer Versandapotheken an die Telematikinfrastruktur.“ Allerdings: Das Ministerium stellte gleichzeitig klar, dass die EU-Versender hier nicht eingebunden seien. Von Seiten des BMG habe es keinen Kontakt mit ausländischen Versandapotheken dazu gegeben.

E-Health-Konnektor in den Niederlanden nutzbar

Des Weiteren ließ die Ministeriumssprecherin durchblicken, dass das Kernproblem wohl darin besteht, den EU-Versendern den Heilberufsausweis und die sogenannte Institutionenkarte (SMC-B) zukommen zu lassen. Denn die für die Herstellung der Verbindung wichtigen E-Health-Konnektoren könnten auch in anderen europäischen Ländern genutzt werden. Aber: „Die Ausgabe von den von ausländischen Versandapotheken ebenfalls benötigten Karten (SMC-B und HBA) wird derzeit geprüft.“

Klar ist aber auch: Der Anschluss der Shop Apotheke und von DocMorris läuft wesentlich entspannter ab – schließlich kann die gesetzlich vorgegebene Frist (30. September 2020) nur für inländische (Versand-)Apotheken gelten. Die Sprecherin: Das Digitale-Versorgung-Gesetz gilt nicht für ausländische Versandapotheken. „Der Anschluss von ausländischen Versandapotheken ist freiwillig und kann jederzeit erfolgen.“

Langfristig gesehen wird sich dieses Problem wahrscheinlich aber in Luft auflösen. Denn der neue Gematik-Chef Dr. Markus Leyck-Dieken hat bereits angekündigt, dass es das Ziel sein müsse, dass E-Rezepte europaweit anerkannt und ausgetauscht werden können. Leyck-Dieken sagte auf einer Fachkonferenz in Berlin kürzlich, dass dies beispielsweise zwischen Finnland und Portugal bereits möglich sei. 

Wie es mit diesem europaweiten E-Rezept weitergehen soll, erklärt die BMG-Sprecherin:


Der grenzüberschreitende Austausch von E-Rezepten basiert auf den Spezifikationen der europäischen E-Health-Infrastruktur. Kern ist der Aufbau dezentraler nationaler E-Health-Kontaktstellen, die sich mit teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten vernetzten. Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz wurde eine Rechtsgrundlage für die nationale E-Health-Kontaktstelle in Deutschland geschaffen. Der grenzübergreifende Austausch wird in den weiteren Ausbaustufen des E-Rezepts erfolgen.“




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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13 Kommentare

Institutionsausweis nur für Apotheken

von Armin Heller am 22.11.2019 um 17:31 Uhr

Den notwendigen Institutionsausweis gibt es nur für Apotheken und er wird von den zuständigen Aufsichtsbehörden, den Apothekerkammern ausgestellt. Logischerweise ist für Ausländer dann die Bundesapothekerkammer zuständig. Sie allein hat die hoheitliche Aufgabe festzustellen, ob ein Anbieter sich als als "Apotheke" qualifiziert. Bisher war deren EInschätzung schnurz. Die Kassen rechnen seither auch munter mit Nichtapotheken ab. Ein Druckmittel dagegen gab es bisher nicht. Zukünftig hätten wir eines in der Hand. Aber auch dieser sich ankündigende neu Zahn wurde unserer dollen ABDA-Spitze wohl schon längst in Geheimgesprächen gezogen

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AW: Institutionsausweis nur für Apotheken

von Beobachter am 22.11.2019 um 17:51 Uhr

Dass die Kassen munter weiter mit Boni-Zahlern abrechnen hat noch den Beigeschmack, dass sie im Grunde zum Betrug beitragen. Denn die Boni gehören nicht dem Patienten sondern den Kassen. Damit einhergehend ist das ein Steuerbetrug. Ausserdem können sich manche Patienten damit eine Befreiung erschleichen. All das kümmert den Gesetzgeber aber nicht.
Aber wehe die Kasse stimmt bei einer Prüfung um 10 Cent nicht....

Problem?

von Reinhard Rokitta am 22.11.2019 um 12:48 Uhr

Lösungen braucht man nur, wenn es Probleme gibt. Es gibt aber kein Versender-Problem, denn in Deutschland gibt es zahlreiche Versandapotheken, sogar noch mit dem Vorteil, dass eine "echte" Apotheke angeschlossen ist. Was soll das Gemurkse des BMG? In diese von Spahn gewollte Lösung muss weder Zeit noch Geld investiert werden!

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Datenschutz?

von JHL am 22.11.2019 um 12:30 Uhr

Aha.
Den ausländischen Konzernen soll also der Zugriff auf ein System mit sensibelsten Patientendaten ermöglicht werden - und das, obwohl dem BMG von vorneherein völlig klar ist, dass die zugrunde liegende Gesetzgebung für eben jene Konzerne gar keine Gültigkeit hat.

Hammer!

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.

von Anita Peter am 22.11.2019 um 10:14 Uhr

Das BMG wird mit Hochdruck an einer Lösung arbeiten. Nein, nicht an einer Lösung für gleichlange Spiesse, sondern einer Lösung wie DoMo endlich mehr RX Umsatz abgreifen kann. Zur Not fährt Spahn der Heilberufsausweis persönlich nach Heerlen.

By the way, ich bin immer noch schwer begeistert, was die ABDA in den Geheimgesprächen alles erreicht hat.

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Warum ?

von Conny am 22.11.2019 um 9:52 Uhr

Wer warum fragt ist naiv !

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AW: Warum

von Karl Friedrich Müller am 22.11.2019 um 10:01 Uhr

eben nicht. :-))
Es gibt rhetorische Fragen und Ironie....
Es ist genau so, wie hier auch schon beschrieben. Das wäre die Möglichkeit, das RxVV umsetzen, ganz elegant.
Warum soll ein NICHT HEILBERUFLER einen Heilberufsausweis bekommen? Gehts noch!
Ich frage so "naiv", weil die unglaubliche Korruption Spahns zu sehen ist. In der Regierung geht alles! Siehe auch Scheuer.
nicht nur wir werden verarscht, sondern alle!
Es wird Zeit, dass diese Regierung geht!

p.s.

von Michael Weigand am 22.11.2019 um 8:40 Uhr

ich hoffe das BMG löst zu allererst dass das Makelverbot rechtlich sicher ist...oder sind die ausländischen Auftraggeber wichtiger...

ich gehe mal davon aus, dass dieses Makelverbot totgeschwiegen wird und dann auf einmal keiner was davon gewußt hat...dann wird erstmal schön die Kanäle bedient und wenn die Kunden schon auf Linie gebracht sind, die VOr-Ort-Apotheken verschwunden und die ausländischen Geldgeber zufrieden sind, wird dann bei 10 Prozent + x für ausländische Versender mal politisch agiert und in Spiegelinterviews das Verschwinden der Landapotheken beklagt. Ich kann mir den Herrn Spahn mit Tränen in den Augen vorstelle "ich habe doch alles versucht...sogar das eRezept....und danach habe ich den Vor-Ort-Apotheken auch noch die Möglichkeit von Boni gegeben (der nächste Schritt, der uns bevorsteht) als Wettbewerbsgleichheit...ich kann gar nicht verstehen war der kleine Apotheker mit seiner ausgiebigen Beratung für dann 1,50 Euro nicht überleben konnte...die Minusmacher von docmorrist mit den Cayman-Island-Geldgebern im Hintergrund haben es doch auch geschafft...." "...aber ich Gesundheitminister Spahn werde als zukünfitger Kanzler alles tun...." leider kann ich das nicht weiterberichten, weil spätestens dann leider mir der Kopf platzt....unsere Politik (und nicht nur in unserem Bereich) hat keine WVision, wie unsere Zukunft aussehen soll...die denken, dass "digital" geil und hipp ist und deswegen muss das auch gemacht werden....ob das umweltbewußt, patientenfreundlich oder heimische Arbeitsplätze erhält, ist denen doch egal...a la Trump..."die Wähler sind so blöd"..."man könnte ihnen selbst den Arbeitsplatz unter dem Ar... wegreißen, die würden mich immer noch wählen"

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AW: p.s

von Katharina Venier am 23.11.2019 um 17:51 Uhr

Richtig! So ist das..

Warum?

von Karl Friedrich Müller am 22.11.2019 um 8:08 Uhr

Mal so gefragt: warum arbeitet ein deutsches Ministerium daran, dass ausländische Nicht-Apotheken und Konzerne deutschen Unternehmen, also Apotheken, den Umsatz, Gewinn und Existenz rauben können?
BallaBalla finde ich das. Und nicht die Aufgabe des BMG mit deutschen Steuergeldern, bezahlt vom deutschen Steuerzahler ausländische Nicht Steuern Zahler, Rechtsbrechern und Zerstörern auch noch zu unterstützen.
Die Regierung scheint den Amtseid zu vergessen

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AW: Warum

von Michael Weigand am 22.11.2019 um 8:29 Uhr

Noch dazu sollte man erwähnen, dass dies wohl ein rechtssicherer Weg des RxVV wäre, ohne dass ein neues Fass aufgemacht werden müsste. Diese Regelungen, die wir uns mit teuer Geld kaufen müssen, dienen ja der Sicherheit. Folglich wäre das eine hoheitliche Aufgabe des deutschen Staates im Gesundheitsbereich, in dem ausdrücklich eine Einschränkungen der Warenverkehrsfreiheit geregelt ist. Ich erwarte jetzt von den Bundesländern auf Herrn Spahn Einfluss zu nehmen, dass diese Chance nicht verpasst wird. Sollten die Bundesländer hierzu schweigen, kann sich jeder ausrechnen, wie verlogen der Bundesratsbeschluss war. Dies sollten gerade auchdie Mitarbeiter in den einzelnen Apotheken bei Bundes- und Landtagswahlen berücksichtigen. Wir dürfen uns nicht mehr vor Wahlen verarschen lassen, Jetzt gilt es...das eRezept wäre der Weg ins RXVV...Und es gibt genügend Parteien, die man auch politisch korrekt wählen kann und die uns noch unterstützen...lieber von denen zum ersten Mal reingelegt werden als die Dauerveräppelung von CDU/CSU....er Spahn muss von seinen Mitstreitern klare Kante gezeigt bekommen...der will ja mal Kanzler werden und braucht damit auch die Unterstützung der Länder....ich lasse mich nicht mehr vertrösten...handelt die CSU in Bayern nicht, ist diese von meinem Wahlzettel (neben SPD/Grüne/FDP/AFD) unsichtbar...

AW: Seilschaften

von Thomas Eper am 22.11.2019 um 8:37 Uhr

Sie wissen schon, dass der Chef des BMG einen Kumpel im Vorstand von DocMorris hat!?

AW: Warum

von pille palle am 11.12.2019 um 14:59 Uhr

warum warum warum ##

warum sind eigentlich die Krankenkassen mit solchen scharfen Waffen ausgestattet. Warum dürfen die auf dem Rücken der Versicherten Rücklagen anhäufen noch und nöcher und die ruinöse Arzneimittelpreispolitik ganz alleine beherrschen? Was ist eigentlich die originäre Aufgabe einer Krankenkasse? Geld anhäufen? Versicherte schröpfen? Sofortige Abschaffung der Zuzahlungen könnte eine gute Geste sein. Mehr Kundenorientierung wär auch nicht schlecht.

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