Änderung der Apothekenbetriebsordnung

Ab heute: Neues für Botendienst, Temperaturkontrollen und PKV-Aut-idem

Süsel - 22.10.2019, 09:00 Uhr

Ab heute gilt eine novellierte Apothekenbetriebsordnung, die nun unter anderem zum Botendienst neue Vorgaben für die Apotheker enthält. Alles Wissenswerte über die Neuregelungen hier im Überblick. (Foto: imago images / JOKER)

Ab heute gilt eine novellierte Apothekenbetriebsordnung, die nun unter anderem zum Botendienst neue Vorgaben für die Apotheker enthält. Alles Wissenswerte über die Neuregelungen hier im Überblick. (Foto: imago images / JOKER)


Heute treten Änderungen der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) in Kraft. Der Botendienst ist nicht mehr auf den Einzelfall beschränkt. Ohne vorherige Beratung muss die Auslieferung durch pharmazeutisches Personal erfolgen. Weitere Regeln betreffen Temperaturkontrollen bei Arzneimittellieferungen und das PKV-Aut-idem. DAZ-Autor Dr. Thomas Müller-Bohn stellt alle Neuregelungen und ihre Auswirkungen auf den Apothekenalltag übersichtlich vor.

Die Neuerungen gehören zum Maßnahmenpaket, das ursprünglich als ein zusammenhängendes Apotheken-Stärkungsgesetz gedacht war. Ein Teil davon wird nun auf dem Verordnungsweg umgesetzt. Teile dieser Verordnung treten am heutigen Dienstag in Kraft, ein anderer Teil mit Anpassungen am Apothekenhonorar am 1. Januar 2020. Hier die heute in Kraft tretenden Änderungen und ihre Folgen für den Apothekenalltag:

Botendienst als Regelangebot

Der Botendienst ist nun nicht mehr auf den Einzelfall beschränkt. Der Kundenwunsch rechtfertigt eine solche Lieferung, aber es besteht kein Anspruch auf einen Botendienst. Es ist nun klargestellt, dass für den Botendienst keine Versanderlaubnis nötig ist. Anders als beim Versand erfolgt beim Botendienst die Auslieferung durch Boten der Apotheke. Sie unterliegen den Weisungen des Apothekenleiters. Dies unterscheidet sie grundlegend von den Mitarbeitern von Paketdiensten. Die Arzneimittel sind für jeden Empfänger getrennt zu verpacken und mit Namen und Anschrift zu versehen. Dies ist ebenso selbstverständlich wie die Vorschriften für eine geeignete Verpackung und eine zuverlässige Lieferung. Neu in der Verordnung ist der Verweis auf eine kostenfreie Zweitzustellung. Doch auch dies dürfte schon jetzt üblich sein, zumal der Botendienst ohnehin in den allermeisten Fällen kostenlos angeboten wird.

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Pharmazeutische Boten oder telefonische Beratung

Wichtiger sind die nunmehr klaren Regeln zum Einsatz des pharmazeutischen Personals. Anders als in einem früheren Entwurf gelten sie für alle Arzneimittel. Sie waren zunächst nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel vorgesehen, aber einheitliche Qualitätsansprüche für die Versorgung mit allen Arzneimitteln erscheinen konsequent. Hier ist der Verordnungsgeber offenbar den Einwänden der Apotheker gefolgt. Nun muss die Zustellung aller Arzneimittel durch pharmazeutisches Personal erfolgen, wenn vor der Auslieferung keine Beratung stattgefunden hat. Außerdem muss pharmazeutisches Personal eingesetzt werden, wenn bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln das Rezept bisher noch nicht in der Apotheke vorliegt. Wenn das Rezept also erst bei der Auslieferung der Arzneimittel beim Patienten abgeholt wird, ist ein „pharmazeutischer Bote“ also unabdingbar. Dagegen kann die Beratung auch telefonisch stattfinden. Dann muss also kein pharmazeutisches Personal für den Botendienst eingesetzt werden.

Dies ist fundamental bedeutsam für Rezeptsammelstellen, die sonst angesichts des Personalmangels nicht zukunftsfähig wären. Demnach muss nun vor der Belieferung von Verordnungen aus Rezeptsammelstellen eine telefonische Beratung stattfinden. Dafür erscheint es sinnvoll, die Patienten an den Sammelbehältern aufzufordern, ihre Telefonnummer auf einem zusätzlichen Zettel zu vermerken, sofern sie nicht in der Apotheke bekannt sind. Für die Versorgung ländlicher Regionen erscheint dies praktikabler als bei jeder Lieferung pharmazeutisches Personal einzusetzen. Die Möglichkeit zur telefonischen Beratung verhindert zudem drohende künftige Wettbewerbsverzerrungen bei der Belieferung von E-Rezepten. Denn durch die E-Rezepte werden mehr Verordnungen in Apotheken ankommen, ohne dass der Patient persönlich dort erscheint. Die Vor-Ort-Apotheken werden dank der neuen Regeln ebenso wie Versandapotheken eine Lieferung direkt zum Patienten als Regelleistung anbieten können - und dies deutlich schneller.

Temperaturvorschriften auch für Lieferungen

Eine weitere Änderung der ApBetrO betrifft die Temperaturanforderungen bei der Lieferung von Arzneimitteln sowohl im Versand als auch im Botendienst. Diese Anforderungen müssen nun bis zur Abgabe an den Empfänger eingehalten werden. Dies dürfte die Versender vor weit größere Aufgaben stellen als die Vor-Ort-Apotheken mit ihren meist kurzen Lieferwegen. Die neue Regel lässt einen Ermessensspielraum für die Frage, wie die Anforderungen erfüllt werden. Hier ist pharmazeutischer Sachverstand gefragt. Es wird weder eine Klimaanlage noch irgendeine andere Technik vorgeschrieben. Abhängig von der Jahreszeit werden daher Kühlboxen oder ähnliche Verpackungen und möglicherweise zusätzlich Kühlakkus angebracht sein.

Temperaturkontrollen bei besonderen Anforderungen

Für einige Arzneimittel geht die neue Vorschrift jedoch weiter:


Die Einhaltung (der Temperaturanforderungen) muss bei besonders temperaturempfindlichen Arzneimitteln, soweit erforderlich, durch mitgeführte Temperaturkontrollen valide nachgewiesen werden.“

Neue Apothekenbetriebsordnung


Temperaturlogger werden benötigt

Daraufhin werden Apotheken Temperaturlogger für Lieferungen von kühlpflichtigen Arzneimitteln einsetzen müssen. Die Auswahl zuverlässiger Geräte dürfte zur Verantwortung des Apothekers gehören. Außerdem erscheinen klare Regeln zum Einsatz dieser Geräte im QMS der Apotheke angebracht. Für Vor-Ort-Apotheken mit Boten in ihrem Verantwortungsbereich erscheint dies vergleichsweise praktikabel. Versandapotheken werden dagegen möglicherweise Einweg-Logger einsetzen müssen, sofern sie nicht auf den Versand besonders temperaturempfindlicher Arzneimittel verzichten.

Bei der letzten Änderung des Verordnungstextes hat der Verordnungsgeber das Wort „valide“ bei den Nachweisen durch Temperaturkontrollen eingefügt. Dass Nachweise „valide“ und damit aussagekräftig sein sollen, erscheint selbstverständlich. Die Änderung erfolgte jedoch als Reaktion auf die Vorgabe des Bundesrates, dass die Kontrollverfahren im Rahmen der behördlichen Arzneimittelüberwachung auf Plausibilität überprüft werden können. Demnach soll den Behörden hier offenbar ermöglicht werden, das Kontrollverfahren zu hinterfragen.

PKV-Aut-idem

Außerdem wird eine Aut-idem-Regel für Privatversicherte, Beihilfeempfänger und andere Selbstzahler in die Apothekenbetriebsordnung eingeführt. Demnach darf auch bei Verordnungen für diese Patienten ein wirkstoffgleiches Arzneimittel mit identischer Wirkstärke und Packungsgröße abgegeben werden, sofern ein Anwendungsgebiet übereinstimmt, die Darreichungsform austauschbar ist und der verordnende Arzt die Substitution nicht ausgeschlossen hat. Bis dahin entsprechen die Voraussetzungen der bekannten Aut-idem-Regel für die Gesetzliche Krankenversicherung. Für die Selbstzahler kommt hinzu, dass die Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, mit dem Austausch einverstanden sein muss. Es geht also hier nicht um eine neue Verpflichtung zum Austausch von Arzneimitteln, sondern nur um ein zusätzliches Recht der Apotheke.

Dieses PKV-Aut-idem hatten die Apotheker beim Deutschen Apothekertag 2018 in einem Antrag gefordert. Die Regel soll die Versorgung in Akutfällen erleichtern und mühsame Rücksprachen beim Arzt erübrigen. Außerdem wünschen viele Patienten eine Substitution, um spezielle vertragliche Klauseln der privaten Krankenversicherungen zu erfüllen. Letztlich dient die neue Regel damit der Entbürokratisierung. Zudem vergrößert sie den Entscheidungsspielraum in der Apotheke.

Kürzere Kennzeichnung von Rezepturen

Ein ganz kleiner, aber ebenfalls wünschenswerter Schritt gegen übertriebene Bürokratie ist auch eine neue Vorschrift zur Kennzeichnung von Rezepturen. Statt „verwendbar bis“ kann dort bei der Angabe des Verfalldatums künftig die Abkürzung „verw. bis“ benutzt werden. Bei kleinen Etiketten kann das durchaus hilfreich sein.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Typisch wir

von Thomas Kerlag am 27.10.2019 um 19:12 Uhr

verw. bis.. HAHA
Ob sich im Rest der Galaxie noch so ein ähnlicher Homo Erbsenzähler entwickelt hat? Sicher mangels Relevanz ausgestorben.
Im übrigen kenne ich keine Apotheke die alle" neuen" Bestimmungen nicht schon lange so auslegt und anwendet.

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PTA und Aufsicht; Stellungnahme der ABDA

von Franz Sedlmayr am 22.10.2019 um 21:26 Uhr

Zitat aus der :Stellungnahme der ABDA vom 17. Oktober 2019 zum PTA-Reformgesetz:
Wir lehnen es aus Gründen der Arzneimitteltherapiesicherheit und damit der Patientensicherheit und des Patientenschutzes ab, dass Apothekenleiter unter bestimmten Voraussetzungen auf die Beaufsichtigung der PTA bei der Abgabe von Arzneimitteln auf ärztliche Verschreibung verzichten können." Zitat Ende.

Für mich stellt sich nun folgende Frage:
Sofern vorher keine Beratung in oder aus der Apotheke stattgefunden hat;

Darf nun ein/e PTA im " Außendienst" bei der Abgabe der Arzneimittel selbstständig und ohne Aufsicht beraten, also eigenverantwortlich pharmazeutisch tätig werden?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ab heute:

von Karl Friedrich Müller am 22.10.2019 um 11:59 Uhr

Noch mehr Bürokratie. Und Vorschriften, die es bisher auch schon gab, die nur niemanden interessiert haben
Es läuft darauf raus, dass jeder Botengang zu dokumentieren wäre, mit Temperatur, dem Boten und der Beratung.
Die Einzelfälle in der Vergangenheit führten zur Beschäftigung von Studenten und Rentnern und / oder einem Fuhrpark in manchen Apotheken.
In nun glaubt man, irgendwas würde sich ändern, nur weil es im QMS steht?
Es kann nicht sein, dass für Versender und Apotheken vor Ort verschiedenes Recht gilt und doch werden die Unterschiede immer größer. Hier stimmt es grundsätzlich in unserem (Rechts-) Staat nicht mehr. Apotheken vor Ort darf man wohl rechtmäßig einstampfen, weil es Mainstream in Regierung, Gerichten und Massenmedien ist. Und natürlich Spahn in den Kram passt, stur der vermeintlichen Karriere folgend, ohne Rücksicht auf Verluste. Das sind nicht nur Apotheken, das ist das ganze Gesundheitswesen, das zu seiner Beute wurde, und die Kranken. Tabula rasa für DocMorris und Co.

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AW: Ab heute wird alles besser.......urrrlllgh

von Bernd Jas am 22.10.2019 um 15:21 Uhr

Ach kommen Sie Herr Müller,
kucken Sie mal hier, dieser wunderbare Abbau von Bürokratie worauf wirklich alle stolz sein können:

Aus „verwendbar bis“ kann nun „verw. bis“ werden !!!

Ist das nicht sensationell? Lasst die Korken knallen Freunde die Freiheit kommt immer näher.

(Und wenn sie kommt sollten wir alle gut darauf vorbereitet sein; Sie wird für die meisten Menschen sehr schmerzhaft.
Aber das nur nebenbei.)

AW: Ab heute

von KiWi am 28.10.2019 um 8:16 Uhr

Genau! Und ich sehe schon unsere geliebten Pharmazieräte - vor allem hier im Stuttgarter Raum - sich durch die Datenbanken unserer Temperaturlogger wühlen. Und wehe da weicht die Temperatur während des Liefervorganges nur um ein Grad ab, dann kommt die Drohung mit der Schließung wegen mangelnder Zuverlässigkeit des Apothekenleiters!
Wer kontrolliert eigentlich die Logger des Versandhandels? Da sind die Päckchen immerhin Tage unterwegs und nicht nur wie bei uns 10 Minuten.

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