Ein Viertel der Apotheken dabei

In Frankreich startet die Telepharmazie

Remagen - 17.09.2019, 14:29 Uhr

In Frankreich können Apotheker ab sofort telepharmazeutisch beraten. (Foto: imago images / Westend61)

In Frankreich können Apotheker ab sofort telepharmazeutisch beraten. (Foto: imago images / Westend61)


In Frankreich wurde vor wenigen Tagen der Startschuss für die Erstattung der Teleberatung in öffentlichen Apotheken gegeben. Nach Umfragen soll rund ein Viertel der Apotheken bereits dafür in den Startblöcken stehen.

Am 6. September 2019 ist im französischen Amtsblatt das Dekret über die Annahme des Nachtrags Nr. 15 zu dem Rahmenvertrag der französischen Apothekerverbände Fédération des syndicats pharmaceutiques de France (FSPF) und Union des Syndicats de Pharmaciens d'Officine (USPO) mit der nationalen Union der Krankenversicherungen (Uncam) über die Einführung von Telekonsultationen in Apotheken erschienen. Der Nachtrag regelt die Details zur Umsetzung. Unter „Teleberatung“ (téléconsultation) wird dabei die Fernberatung eines Arztes verstanden, der gegebenenfalls andere Angehörige der Gesundheitsberufe, das heißt auch einen Apotheker bei der Beratung hinzuziehen kann. Die Teleberatung muss vorher zwischen Arzt und Patient vereinbart werden. Wenn der Patient keinen bestimmten behandelnden Arzt hat oder ein Arzt nicht rechtzeitig zur Verfügung steht, soll die Teleberatung innerhalb der Strukturen der integrierten Versorgung, organisiert werden.

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Was braucht der „Begleitapotheker“ in der Offizin

Wird ein Apotheker eingebunden, so spielt er die Rolle eines „Begleitapothekers“ (pharmacien accompagnant). Er soll den Arzt bei der medizinischen Betreuung des Patienten unterstützen und den Patienten bei der Umsetzung der Versorgung begleiten. Hierfür muss er eine bestimmte Ausstattung in der Offizin vorhalten. Die Beratung muss auf jeden Fall über einen Bildschirm erfolgen, und zwar in einem abgeschlossenen Raum, der die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen gewährleistet. Neben dem Equipment für die Videoübertragung müssen auch bestimmte Diagnosegeräte vorhanden sein, wobei ein verbundenes Stethoskop, ein verbundenes Otoskop, ein Oximeter und ein Blutdruckmessgerät obligatorisch sind.

400 Euro für mehr als 30 Beratungen

Für all das bekommen die Apotheken von den Kassen Geld, und zwar im ersten Jahr eine Anschubfinanzierung für die Videoausstattung in Höhe von 1.225 Euro. In den Folgejahren jährlich 350 Euro. Hinzu kommen Jahresvergütungen für die einzelnen Beratungen, und zwar in Höhe von 200 Euro bei 20, 300 bei 21 bis 30 und 400 Euro bei mehr als 30 Beratungen. Es wird in Aussicht gestellt, die Honorare für Apotheken, die mehr als 50 Telekonsultationen durchführen, neu zu bewerten, sofern eine erhebliche Zahl von Apotheken davon betroffen ist. Die Auszahlung der Vergütungen ist an die entsprechenden Mitteilungen der Ärzte bei der Krankenkassen gebunden. Sie soll nachträglich für das gesamte Jahr erfolgen. 

Teleberatung durch Ärzte wie Präsenztermine

Die entsprechende Änderung des Rahmenvertrags war schon am 6. Dezember 2018 von den Beteiligten unterzeichnet worden, und zwar in der Folge einer entsprechenden Vereinbarung der Kassen mit der Ärzteschaft ein halbes Jahr zuvor. Seit Mitte September 2018 übernimmt die französische Sozialversicherung die Kosten für telemedizinische Beratungen durch Allgemein- und Fachärzte. Diese werden wie Präsenztermine berechnet: 25 Euro für Konsultationen mit Allgemein- und 30 Euro mit Fachärzten. Nach Angaben von Germany Trade and Invest (GTAI) rechnet die Regierung 2019 mit 500.000 telemedizinischen Konsultationen, im Jahr 2020 mit 1 Million und 2021 mit 1,3 Millionen. Die Regelung gehört in den Kontext der digitalen Agenda, die der französische Staatspräsident Emmanuel Macron verfolgt. Hiermit soll vor allem die medizinische Versorgung auf dem Land verbessert werden.

Schleppendes Anlaufen bei den Ärzten

Nach Umfrageergebnissen von Direct Medica und „Les Échos Études“ soll etwa ein Viertel der Apotheken dazu bereits sein, bald in die Teleberatung einzusteigen. Das wären deutlich mehr als die Ärzte, die sich bislang telemedizinisch betätigen. Ein Jahr nach Inkrafttreten der Erstattungsfähigkeit der Leistung sieht es diesbezüglich in der Praxis noch ziemlich „mau“ aus. Nach der zweiten Ausgabe des Barometers B3TSI - Chronic Panel - Egora über die Nutzung der Teleberatung, die gerade vorgestellt wurde, haben im ersten Jahr der Umsetzung zwölf Prozent der Franzosen von dem Angebot Gebrauch gemacht. Im November 2018 waren es bereits 8 Prozent, keine große Steigerung also. 

Die meisten Beratungen nicht erstattungsfähig

Außerdem scheint sich dieses gerade dort besser zu entwickeln, wo eigentlich gar kein großer Bedarf dafür bestehen sollte, nämlich in den urbanen Regionen. Mehr als die Hälfte der Beratungen (52 Prozent) fand in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern statt und mehr als ein Viertel im Großraum Paris gegenüber 16 Prozent in ländlichen Regionen. Knapp die Hälfte der „Telepatienten“ war unter vierzig Jahre alt. In achtzig Prozent der Fälle waren die Bedingungen für die Kassenerstattung der Fernberatungen nicht erfüllt. So waren zum Beispiel nur 30 Prozent tatsächlich per Video durchgeführt worden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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