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Apothekenreform
Linz: „Besser dieses Gesetz, als gar kein Gesetz“
Es war ihre letzte Ansprache als Kammerpräsidentin von Niedersachsen und womöglich auch eine ihrer schwierigsten. Magdalene Linz weiß, in welcher turbulenten Zeit sie gestern die standespolitische Bühne für immer verlassen hat. Deshalb nutzte sie ihre Rede vor der neu gewählten Vertreterversammlung in Hannover, um den Apothekern einerseits Mut zu machen und sie andererseits wach zu rütteln. Das geplante „Apotheken-Stärkungsgesetz“ sei trotz aller berechtigten Kritik wichtig für die flächendeckende Versorgung – im Hinblick auf die Einführung des E-Rezepts und einen vorzeitigen Regierungswechsel.
„Die Apothekerschaft ist so zerstritten wie noch nie zuvor“, sagte Magdalene Linz gleich zu Beginn ihrer letzten Rede als Kammerpräsidentin. Am gestrigen Mittwoch hatte sich in Hannover die 18. Delegiertenversammlung erstmalig zusammengefunden. Für Linz war die Sitzung das bereits im vergangenen Jahr angekündigte Finale ihrer standespolitischen Laufbahn. Doch bevor es zu den Wahlen ihrer Nachfolgerin Cathrin Burs kam, musste Linz den Delegierten erklären, wie sie die aktuelle politische Lage der Apotheker bewertet.
Die ABDA-Mitgliederversammlung am Vortag in Berlin wirkte bei Linz sichtlich nach. Noch nie hätte sie erlebt, dass es im Berufsstand solche Auseinandersetzungen und Streitigkeiten gibt. „Man erkennt keine einheitliche Linie. Es lässt sich auch nicht mehr sagen, ob die Kammern oder die Verbände jeweils einer Meinung sind“, so Linz. Es gäbe Bundesländer, in denen die Ansichten der Standesorganisationen zum Umgang mit dem Versandhandelskonflikt fundamental auseinanderlägen. Sie würde daher ihr Amt und die Standespolitik mit einem äußerst zwiespältigen Gefühl aufgeben.
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„Nicht der Versandhandel, sondern die Politik ist schuld“
„Wir brauchen Fortschritt“, konstatierte Magdalene Linz, „gerade um dem Trend der immer dramatischeren Apothekenschließungsraten entgegenzuwirken.“ Und an dieser Entwicklung ist ihrer Meinung nach nicht der Versandhandel, sondern die Politik schuld: „Die Bundesregierung hat in den letzten 15 Jahren überhaupt nichts für uns getan.“ Daher gebe es keine Planungssicherheit und immer weniger Anreize für den Berufsnachwuchs, sich entweder für die Selbstständigkeit oder – mittlerweile auch – für das Angestelltenverhältnis in der öffentlichen Apotheke zu entscheiden. Im Hinblick auf die AOK-Studie, die vor einigen Wochen zu dem Ergebnis kam, dass die Apotheken für die Patienten in der regionalen Versorgung einen sehr hohen Stellenwert hat, brachte sie auf den Punkt: „Daran sieht man, dass die Politik schon längst nicht mehr das abbildet, was den Menschen wichtig ist und worauf sie angewiesen sind.“
Rx-Versandverbot – Nur eine Lösung auf Zeit
Doch wie soll die Apothekerschaft nun mit der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgeschlagenen Reform umgehen? Linz betonte, dass es nach wie vor skandalös sei, dass sich die Bundesregierung nicht einfach an den Koalitionsvertrag halte und das Rx-Versandverbot umsetze. Selbst führende SPD-Politiker in Niedersachsen könnten das nicht nachvollziehen. Immerhin hätte die Union bei den Verhandlungen mit der SPD im Gegenzug ein Entgegenkommen bei der Rentenreform zugesagt.
Linz wies jedoch darauf hin, dass auch das Rx-Versandverbot nur eine Lösung auf Zeit gewesen wäre. Langfristig müssten also andere Maßnahmen die Gleichpreisigkeit garantieren. Von dieser Forderung sollte die Apothekerschaft auch nicht abrücken. Dass im aktuellen Kabinettsentwurf aber der entsprechende Passus für ausländische Versender gestrichen werden soll, sei nicht unbedingt die (alleinige) Motivation von Minister Spahn. Die Bundesregierung, vor allem das Kanzleramt, versuche aktuell jeglichen Ärger mit der EU zu vermeiden, um ohne Vertragsverletzungsverfahren in die EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr starten zu können.
„Spahn ist noch harmlos“
Die im „Apotheken-Stärkungsgesetz“ vorgesehene Möglichkeit, der Sanktionierung von (Versand-)Apotheken, die Rx-Boni gewähren, bewertete Linz als positiv: „Das ist ein scharfes Schwert.“ Außerdem machte sie darauf aufmerksam, dass mit dem Gesetz auch ein Makelverbot von elektronischen Verordnungen in Kraft treten würde. Darüber hinaus sei der Gesetzestext ein deutliches Bekenntnis zu Subsidiarität und zum Sachleistungsprinzip im deutschen Sozialsystem.
Sollte der Kabinettsentwurf scheitern oder es vorzeitig zu einem Bruch der Großen Koalition kommen, bestünde die Gefahr, dass die Apotheker nicht nur leer ausgehen, sondern von einer neuen Regierung weitaus gefährlichere Maßnahmen erwarten müssten. „Wenn Sie sich anschauen, welche Alternativen zur Großen Koalition gehandelt werden, dann ist Spahn in dem Zusammenhang noch harmlos.“
In der ABDA existieren demnach zwei Lager, so Linz. Die einen würden sagen „Besser kein Gesetz, als dieses Gesetz“ und die anderen hielten dagegen, dass diese Gesetzesinitiative absolut notwendig sei. Und wo steht Magdalene Linz? Daraus machte die scheidende Kammerpräsidentin keinen Hehl und schloss ihre Rede mit einem bemerkenswerten Plädoyer ab: „Ich würde mir wünschen, wenn aus diesem Gesetzentwurf auch wirklich ein Gesetz wird.“
2 Kommentare
Flächendeckende Versorgung.
von Roland Mückschel am 27.06.2019 um 11:51 Uhr
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Stirbt hier nur die Gegenwart oder bereits den Zukunft?
von Christian Timme am 27.06.2019 um 11:04 Uhr
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