GSAV im Bundesrat

Wann sollten (Zyto-)Apotheken unangekündigt inspiziert werden?

Karslruhe - 21.06.2019, 09:00 Uhr

Welche Apotheken sollten wann unangekündigt kontrolliert werden? Darüber haben der Bundesrat und die Betroffenen aus Bottrop unterschiedliche Vorstellungen. (Foto: adobe.stock.com/benicoma)

Welche Apotheken sollten wann unangekündigt kontrolliert werden? Darüber haben der Bundesrat und die Betroffenen aus Bottrop unterschiedliche Vorstellungen. (Foto: adobe.stock.com/benicoma)


Im vom Bundestag beschlossenen Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) sind in Folge des Bottroper Zyto-Skandals unangekündigte Kontrollen von Apotheken vorgesehen. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats hat die Regelung teilweise als unverhältnismäßig kritisiert – Patientenschützer fordern hingegen schärfere Regelungen.

Am 6. Juni hatte der Bundestag das Gesetz zur Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen, das Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als Reaktion auf die verschiedenen Arzneimittel-Skandale der vergangenen Jahre eingebracht hatte. Doch der Gesundheitsausschuss des Bundesrats ist mit dem Gesetz nicht vollständig zufrieden – er empfiehlt, dass es am Freitag kommender Woche vom Plenum des Bundesrats in den Vermittlungsausschuss überwiesen wird. Wie berichtet, fordert der Ausschuss, dass etwa die Importförderquote anders als vom Bundestag beschlossen komplett abgeschafft wird. 

Doch dies ist nicht die einzige Forderung des Gesundheitsausschusses für die Übermittlung in den Vermittlungsausschuss: Im Antrag, den die Bundesländer Brandenburg und Thüringen eingebracht haben, zeigen sich die Bundesländer auch unzufrieden über die Neuregelung unangemeldeter Apotheken-Kontrollen.

Schon bislang heißt es in Paragraf 64 des Arzneimittelgesetzes, dass die zuständige Überwachungsbehörde unter besonderer Berücksichtigung möglicher Risiken in angemessenen Zeitabständen und in angemessenem Umfang „sowie erforderlichenfalls auch unangemeldet“ Inspektionen vornehmen muss – auch haben sie Arzneimittelproben amtlich untersuchen zu lassen. Bislang wurden dennoch Zytostatika praktisch nie beprobt, die Bottroper Apotheke war über Jahre nicht angemessen kontrolliert worden. Das vom Bundestag beschlossene GSAV konkretisiert nun, dass unangemeldete Inspektionen in angemessenen Zeitabständen in Zyto-Apotheken zu erfolgen haben. Bei Zyto-Apotheken wie auch allen anderen Apotheken seien unangemeldete Kontrollen außerdem bei Verdacht von Arzneimittel- oder Wirkstofffälschungen und bei Hinweis auf schwerwiegende Mängel von Arzneimitteln oder Wirkstoffen erforderlich, heißt es im Gesetzestext.

Es sei „so nicht nachvollziehbar“, dass bei Verdacht auf Wirkstofffälschungen und Hinweis auf schwerwiegende Mängel immer unangekündigte Kontrollen erforderlich sind, erklärt hingegen der Gesundheitsausschuss des Bundesrats in seinem Beschluss. Die Gefahrenlage bemesse sich an den jeweiligen Umständen des Einzelfalls und könne höchst unterschiedlich sein, argumentiert er – auch da es viele Arten von Fälschungen gebe.

Betroffene aus Bottrop unterstützen die unangekündigten Kontrollen

Gegen die unangekündigten Kontrollen von Zyto-Apotheken in „angemessenen“ Zeitabständen hat der Gesundheitsausschuss des Bundesrats offenbar nichts in formaler Form vorgebracht. Laut einem Bericht in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung stößt diese Regelung beim Bundesrat dennoch auf Kritik. Für Betroffene aus Bottrop wie auch den Whistleblower Martin Porwoll ist die regelmäßige, unangekündigte Kontrolle in Zyto-Apotheken eine zentrale Forderung. „Unangemeldete Kontrollen schaffen mehr Transparenz“, sagt etwa Heike Benedetti, die regelmäßig Demos in Bottrop organisiert hat, um auf den Skandal aufmerksam zu machen. Sie hatte selbst Krebsmittel erhalten, die in der Apotheke von Peter S. hergestellt wurden – in erster Instanz hatte ihn das Landgericht Essen wegen Unterdosierungen zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Bei Zytostatikaherstellungen müsse „jegliches Hintertürchen für Betrug“ geschlossen werden, sagt sie gegenüber DAZ.online.

Auch der Wohlfahrtsverband „Paritätische“ hatte sich für die Kontrollen ausgesprochen – unter anderem mit einer Petition beim Deutschen Bundestag. In einer Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege hatte dieser mit anderen Verbänden gefordert, dass im GSAV die Häufigkeit unangekündigter Inspektionen wie auch ihr Umfang verpflichtend konkretisiert wird. „Eine gesetzliche Vorgabe zur Häufigkeit unangekündigter Kontrollen könnte darüber hinaus zum Whistleblower-Schutz beitragen“, heißt es in der Stellungnahme.

Wenn unangekündigte Kontrollen meist nur auf Grundlage von Verdachtsmomenten durchgeführt werden, müssen Whistleblower davon ausgehen, dass es Nachforschungen darüber geben wird, warum es zu einer unangemeldeten Kontrolle gekommen ist, schreiben die Verbände. Sie haben gefordert, dass Zyto-Apotheken zwei Mal pro Jahr unangekündigt inspiziert werden müssen.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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