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Hämophilie-Versorgung
Schulz-Asche: Die Apotheken wollen natürlich auch mitverdienen!
Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung will die Große Koalition dafür sorgen, dass Arzneimittel zur Hämophilie-Behandlung apothekenpflichtig werden. Derzeit werden solche Produkte meist direkt vom Hersteller an die behandelnden Ärzte geliefert. Bei der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag zeigte sich nun, dass insbesondere FDP, SPD und Grüne dies verhindern wollen. Die Grünen-Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche nannte die Idee „unverantwortlich“.
In der vergangenen Woche hat im Bundestag die erste Lesung des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) stattgefunden. Da das Gesetz erst gegen 22.30 Uhr auf der Tagesordnung stand, wurden die meisten Reden zu Protokoll gegeben. Doch nun liegen auch die meisten schriftlichen Versionen vor. Eine der geplanten Neuregelungen sorgt bei den Parlamentariern besonders für Aufsehen: die Versorgung von Patienten mit Hämophilie.
Zur Erklärung: Mit dem GSAV will die Bundesregierung auf die Arzneimittel-Skandale reagieren, die im vergangenen Sommer für Schlagzeilen sorgten. Unter anderem sind Neuregelungen zu Apotheken-Kontrollen, zur Kommunikation von Rückrufen oder zu Zuständigkeiten der Länderbehörden und des BfArMs enthalten. Ebenfalls enthalten ist ein Passus, nach dem die Versorgung von Hämophilie-Patienten künftig über die Apotheken laufen soll. Konkret geht es darum, dass Arzneimittel zur Behandlung vieler Gerinnungsstörungen nur noch vom Vertriebsweg über Apotheken gemäß § 47 AMG ausgenommen werden, wenn es sich um Blutzubereitungen, die aus menschlichem Blut gewonnen werden, handelt.
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Plasmatisch und gentechnologisch hergestellte Gerinnungsfaktorzubereitungen sollen hingegen von Apotheken abgegeben werden. Aufgrund dieser Änderung soll in § 47 AMG zugelassen werden, dass in spezialisierten ärztlichen Einrichtungen ein Notfallvorrat an den betreffenden Arzneimitteln bereitgehalten wird. Hämostaseologisch qualifizierte Ärzte sollen daraus auch Arzneimittel an Patienten und an andere Einrichtungen der Versorgung abgeben können. Mit ärztlichen Einrichtungen zur Behandlung von Gerinnungsstörungen sollen Apotheken künftig Absprachen zur Organisation der Notfallvorräte treffen können.
Was die Preise der Arzneimittel zur Hämophilie-Behandlung betrifft, soll es keine freie Preisbildung für die Hersteller geben. Vielmehr sollen die bisherigen Preise in das neue System übertragen und dem Preismoratorium unterworfen werden. Zur Ermittlung der bisherigen Preise sollen die Hersteller dem GKV-Spitzenverband einen mengengewichteten Mittelwert der tatsächlichen Einkaufspreise aus den Jahren 2017 und 2018 als Herstellerabgabepreis melden.
SPD, FDP und Grüne sorgen sich, Kassen sind für den Apotheken-Vertriebsweg
Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum GSAV-Entwurf bereits deutlich gemacht, dass er das Vorhaben ablehnt. In der Gegenäußerung der Bundesregierung verteidigte diese allerdings ihre Pläne Doch selbst in der Großen Koalition ist das Vorhaben nicht unumstritten. Die SPD-Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas erklärte dazu im Bundestag, dass die Betroffenengruppen vor der Apothekenpflicht solcher Arzneimittel warnen. „Für mich bedeutet das: Wir müssen diesen Vorschlag intensiv prüfen. Denn eines ist klar: Die Versorgung darf sich auf keinen Fall verschlechtern.“ Konkret gehe es den Patienten darum, dass eine Versorgung in Hämophiliezentren dann nicht mehr in Frage komme. Die Änderung des Vertriebsweges dürfe aber nicht dazu führen, dass die „intensive Betreuung“ solcher Zentren entfällt.
Bas gibt auch zu bedenken, dass Patienten finanziell überfordert werden könnten, weil sie neue Zuzahlungen leisten müssten, die es bislang nicht gab. Sie halte es daher für „sinnvoll und berechtigt“, eine Zuzahlungsbefreiung für diese Präparate zu fordern. Dass es zu einem Kostenanstieg der Therapie kommt, nur weil die Arzneimittel in Apotheken abgegeben werden, will die SPD-Politikerin aber nicht gelten lassen. Bas dazu: Das Gesetz sieht vor, dass die Kostenträger die Preise künftig direkt verhandeln dürfen, statt jedes Hämophiliezentrum einzeln. Dies hat auch Vorteile.“
Ganz anders sieht dies die Grünen-Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche. Auch sie warnte in ihrem zu Protokoll gegebenen Beitrag vor Nachteilen für die Versorgung von Hämophilie-Patienten. Eines ihrer Argumente: Die Apotheken wollen für den neuen Versorgungszweig vergütet werden und belasten somit die Versichertengemeinschaft. Wörtlich erklärte Schulz-Asche:
So soll zum Beispiel die Arzneimittelversorgung Hämophilieerkrankter zukünftig in Teilen durch Apotheken erbracht werden. Wir haben hier ein etabliertes System spezialisierter Ärztezentren, die Hämophilieerkrankten eine bestmögliche Versorgung bieten, behandeln und Patienten auf die kritischen Medikamente einstellen. Teile der benötigten Arzneimittel sollen die Patienten nun aber aus Apotheken beziehen. Das ist für die Patienten mit höherem Aufwand verbunden, birgt zusätzliche Risiken in der Therapie und ist obendrein für die Versichertengemeinschaft am Ende noch teurer, weil die Apotheken natürlich auch mitverdienen werden. Unverantwortlich!“
Aschenberg-Dugnus: Apotheken-Vertriebsweg verkompliziert die Behandlung
Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, beschwerte sich über die geplante Neuregelung. Sie warnte ebenfalls davor, dass Hämophiliezentren an Bedeutung verlieren könnten. „Hämophiliezentren haben über Jahre hinweg Dokumentationssysteme geschaffen, die darauf beruhen, dass der Patient eine Übersicht über die an ihn gelieferten Chargen erhält und den Verbrauch dokumentieren kann. Der Umweg über die Apotheke verkompliziert diese Dokumentation. Außerdem wird dem erst kürzlich geschaffenen Hämophilieregister die Grundlage entzogen“, so die FDP-Politikerin.
GKV-SV findet die Neuregelung sachgerecht
Der GKV-Spitzenverband hingegen sieht keine negativen Auswirkungen auf die Versorgung. In seiner Stellungnahme zum GSAV erklärt der Kassenverband: „Diese Neuregelung ist sachgerecht, da der Sondervertriebsweg historisch aus Sicherheitsgründen für ursprünglich tatsächliche Blutzubereitungen gedacht war. Aus heutiger Sicht sind Sicherheitsaspekte keine ausreichende Begründung für die Ausweitung des Direktvertriebes auch auf diese Faktorpräparate.“
4 Kommentare
Absurd
von Pharmi am 09.04.2019 um 21:58 Uhr
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Nicht verdient
von Roland Mückschel am 09.04.2019 um 12:12 Uhr
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bin dafür
von Karl Friedrich Müller am 09.04.2019 um 9:11 Uhr
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