Interpharm 2019

„Jedes NSAR hebt die Wirkung eines Blutdrucksenkers auf“

Stuttgart - 16.03.2019, 09:00 Uhr

Apothekerin
Ina Richling und Kardiologe Christian Fechtrup auf der Interpharm. (m / Foto: Balk)

Apothekerin Ina Richling und Kardiologe Christian Fechtrup auf der Interpharm. (m / Foto: Balk)


Antihypertonika und NSAR – in der Apothekensoftware poppt hier eine Interaktionswarnung auf. Die Analgetika können die Wirkung der Blutdrucksenker beeinträchtigen. Doch ist das wirklich klinisch relevant? Apothekerin Ina Richling und Kardiologe Christian Fechtrup geben auf der Interpharm in Stuttgart Antwort auf diese Frage.

Nicht-steroidale Analgetika (NSAR), die ja in erheblichem Ausmaß auch in der Selbstmedikation eingenommen werden, haben viele Nebenwirkungen. Sie resultieren aus der Hemmung der Cyclooxygenase. Diese ist zwar auch für die erwünschten NSAR-Wirkungen, also Analgesie und Fiebersenkung verantwortlich, weil prostaglandininduzierte Effekte wie Sensibilisierung von Nozizeptoren und Fieber unterbunden werden. Aber es werden auch die positiven Effekte der Prostaglandine unterbunden. Zu diesen positiven Effekten gehören zum Beispiel eine erhöhte Magenschleimproduktion und eine verminderte Magensäureproduktion sowie die Vasodilatation. Blockiert man die Prostaglandinsynthese kommt es folglich zu gastrointestinalen Nebenwirkungen, einem verminderten Nierendruck und in der Folge zu einer Absenkung der glomerulären Filtrationsrate oder zu einer Blutdruckerhöhung.

Daher poppt beispielsweise bei der gleichzeitigen Abgabe von NSAR und Antihypertonika der Hinweis in der Apothekensoftware auf, dass NSAR die Wirkung von Antihypertonika beeinflussen. Doch wie relevant ist das in der Praxis? Apothekerin Ina Richling und Kardiologe Christian Fechtrup befassten sich auf der Interpharm mit dem Thema – „Vorsicht Analgetika! Wenn Ibuprofen und Co. kontraindiziert sind“ lautete der Titel ihres Vortrags. „NSAR erhöhen den Blutdruck um 1 bis 14 mmHg“, erklärt Ina Richling. An ihren ärztlichen Kollegen richtet sie dann die Frage, welche Blutdrucksenkung sich denn mit einem Antihypertonikum erreichen ließe? Laut Christian Fechtrup sind das mit einem Einzelmittel etwa 5 bis 8 mmHg. „Somit wird also mit einem NSAR ein Blutdrucksenker komplett ausgehebelt“, so der Kardiologe.

Sportler sollen aktiv beraten werden

Außerdem gingen Fechtrup und Richling noch auf das Thema NSAR im Breitensport ein. Diese würden vom Profifußballer bis zum hobbymäßigen Marathonläufer in erheblichem Ausmaß eingesetzt, erklärten sie. So hatten laut einer Umfrage beim Bonn Marathon 2009 67 Prozent Erfahrungen mit Schmerzmitteln beim Sport – Männer mehr als Frauen. Über 60 Prozent hatten vor dem Lauf Schmerzmittel eingenommen, 11 Prozent hatten das aufgrund von Schmerzen getan. Eine Risikoaufklärung durch Arzt oder Apotheker habe es gemäß der Umfrage nur in 5 Prozent der Fälle gegeben. Doch worin besteht das Risiko? Die Interpharm-Teilnehmer erhielten eine Risikoaufklärung durch Arzt und Apotheker: Beim Sport gehe die Nierenleistung runter, wird dann die glomeruläre Filtration auch noch durch NSAR, die zum Teil auch sehr hochdosiert eingenommen werden, reduziert, könne das unter Umständen kritisch werden. Dazu kommt: Die erhoffte Wirkung ist laut Richling und Fechtrup nicht belegt, es entstehen also nur erhöhte Risiken. Ärzte und Apotheker sollten deswegen aktive Beratung für Sportler anbieten, so das Fazit.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.