Als Reaktion auf den EU-Brief

Apotheker planen Protestmarsch in Berlin

Berlin - 11.03.2019, 13:45 Uhr

Berufliche Zukunft in Gefahr: Die Apothekeninhaberin Maria Zoschke und zwei weitere Apotheker wollen am 24. März in Berlin einen Protestmarsch veranstalten. Sie protestieren unter anderem gegen zu viel Einfluss von internationalen Großkonzernen auf die Versorgung. (m / Foto: privat)

Berufliche Zukunft in Gefahr: Die Apothekeninhaberin Maria Zoschke und zwei weitere Apotheker wollen am 24. März in Berlin einen Protestmarsch veranstalten. Sie protestieren unter anderem gegen zu viel Einfluss von internationalen Großkonzernen auf die Versorgung. (m / Foto: privat)


Die EU-Kommission macht Druck in Sachen Rx-Preisbindung für EU-Versender: Innerhalb von zwei Monaten soll die Bundesregierung Maßnahmen zur Abschaffung der Festpreise auf den Weg bringen. Im Apothekerlager sorgt diese Meldung seit Tagen für Ärger. Drei junge Apotheker aus Berlin und Schleswig-Holstein haben nun einen Protestmarsch in Berlin angemeldet. Sie gehen auf die Straße: gegen zu viel Einfluss der EU und internationaler Großkonzerne sowie für ihre eigene berufliche Zukunft.

Am vergangenen Donnerstag war bekannt geworden, dass die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland intensiviert, in dem es um die Rx-Preisbindung geht. Nach Informationen von DAZ.online hat die EU die Bundesrepublik nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung schon mehrfach angeschrieben, Deregulierungen gefordert und mit härteren Maßnahmen gedroht, nun folgte eine offizielle mit Gründen versehene Stellungnahme. In dem Brief fordert die Kommission die Bundesrepublik auf, innerhalb von zwei Monaten die Rx-Preisbindung für ausländische Apotheken komplett zu streichen. Die Kommission kritisiert das System der Festpreise aber grundsätzlich und argumentiert, dass es dem freien Binnenmarkt in der EU schade.

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Welchen Einfluss diese Entwicklung auf den politischen Prozess hierzulande hat, ist noch völlig unklar. Dem Vernehmen nach wollen sich die gesundheitspolitischen Spitzen der Union noch in dieser Woche treffen, um über einen möglichen Konsens im Versandhandelskonflikt zu beraten. Und auch eine Stellungnahme der ABDA bleibt nach wie vor aus: Auf mehrfache Nachfrage von DAZ.online, wie man auf das Vertragsverletzungsverfahren reagieren wolle, gab es keine Antwort.

Etwas schneller sind dagegen drei junge Apotheker aus Berlin und Schleswig-Holstein. Die Berliner Inhaberin Maria Zoschke und der angestellte Apotheker Maximilian Wilke (ebenfalls aus Berlin) sowie der schleswig-holsteinische Apotheker Dr. Joachim Schrot wollen die jüngste Entwicklung nicht mehr einfach nur hinnehmen. Sie haben beim Bundesinnenministerium und der Polizei nun ganz offiziell einen Protestmarsch beantragt. Konkret soll es am kommenden Sonntag, also am 24. März, vom S-Bahnhof Friedrichstraße in Richtung Brandenburger Tor gehen. Die Route liegt in unmittelbarer Nähe des Bundesgesundheitsministeriums. Ganz gesichert ist der Protestmarsch noch nicht: Noch fehlt die Erlaubnis des Innenministeriums.

Hashtag #rettedeineapotheke

Auf Facebook und Twitter rühren die Jungpharmazeuten bereits die Werbetrommel und rufen zum Mitmachen auf. Sie haben ihrer Aktion auch einen Namen gegeben: Unter dem Hashtag #rettedeineapotheke werben sie für den Erhalt der inhabergeführten Apotheke vor Ort. Apothekerin Maria Zoschke, die gemeinsam mit einer anderen jungen Apothekerin zwei Apotheken in Berlin und Brandenburg betreibt, erklärt ihre Motivation:


Wir sind junge Apotheker und uns macht die neueste Entwicklung Angst. Wir haben Angst, dass unsere Zunft keine Zukunft mehr hat. Konkret sorgen wir uns jetzt darum, dass die Rx-Preisbindung komplett kippen könnte und wir dann schutzlos den großen, internationalen Versandkonzernen ausgeliefert wären. Finanziell wäre das nicht zu leisten. Einige Apotheker haben das ja schon gerechnet: Bei einem Rx-Bonus von 2,50 Euro wären das etwa 80.000 Euro Rohertragsverlust pro Apotheke und Jahr, das würde sicherlich die eine oder andere Apotheke in den Ruin treiben. Wir sind der Meinung, dass die Apotheker vor Ort einer der wichtigen Pfeiler im Gesundheitswesen ist. Wir sind nicht nur Arzneimittel-Abgeber, wir leisten mehr.“

Apothekerin Maria Zoschke



Mit ihrer Aktion treffen die drei Apotheker einen sensiblen Zeitpunkt: Denn noch immer ist unionsintern nicht geklärt, wie es mit der von Jens Spahn (CDU) geplanten Apotheken-Reform weitergehen soll. 

Facebook-Profil der Aktion. (Foto: privat)

Spahn selbst würde der EU-Kommission am liebsten bedingt folgen, er hatte einen Rx-Boni-Deckel bei 2,50 Euro vorgeschlagen. Doch es gibt fraktionsinternen Gegenwind: Viele – auch prominente Unionspolitiker – wollen die Apotheken schützen und weisen auch darauf hin, dass in den vergangenen Wahlkämpfen für das Rx-Versandverbot getrommelt wurde.

Zoschke erklärt, was die drei Apotheker mit ihrem Marsch erreichen wollen:


Mit unserem Protestmarsch wollen wir die Menschen darauf hinweisen, dass es da derzeit ein Problem gibt mit den Apotheken. Auf politischer Ebene möchten wir natürlich auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn signalisieren, dass er sich gut überlegen soll, was er tut. Wir würden uns freuen, wenn er sich dafür entscheidet, der EU die Stirn zu bieten. Denn für uns steht fest: Das Gesundheitswesen muss in deutscher Hand bleiben und sollte nicht durch EU-Regularien unterwandert werden. Auch wollen wir darauf hinweisen, dass es aus unserer Sicht ein großer Fehler ist, davon auszugehen, dass Arzneimittel ein normales Wirtschaftsgut sind. Arzneimittel sind ein besonderes Gut, das dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient. Sie sollten von der EU auch so behandelt werden und nicht immer nur unter dem Punkt ‚Binnenmarkt‘ besprochen werden.“

Apothekerin Maria Zoschke


Was die Beteiligung betrifft, haben sich die drei Apotheker kein bestimmtes Ziel gesetzt. Man freue sich über jeden, der mitmacht. „Je mehr Apotheker, PTA, PKA und andere Interessierte sich der Sache anschließen, desto größer wird die Bedeutung in der Öffentlichkeit“, so Zoschke.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

3 Apotheker gehen am Sonntag durch Berlin....

von Beate Kirk am 12.03.2019 um 8:54 Uhr

3 Apotheker gehen am Sonntag durch Berlin. Es geht um finanzielle Einbußen. Um die berufliche Existenz. Meine Bedenken: wenn es oft um den Apotheker oder die Pharmazeutin als Kaufmann/Kauffrau und so selten um die ursprünglichen apothekertypischen Aufgaben, nämlich ordnungsgemäße AM-Versorgung, expressis verbis: die Arzneimittelsicherheit steht im Zentrum allen Handels - ich selbst sehe dann wenig Grund zur Freude.

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Leider sehr kurzfristig

von Daniel Andreas Eicke am 11.03.2019 um 20:03 Uhr

GERNE wäre ich dabei.
Leider habe ich eine Woche langersehnten Urlaub.
Und nein, nicht in Berlin.
Schade.

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Na klar!

von Christiane Patzelt am 11.03.2019 um 14:57 Uhr

Ich bin dabei! Und nein, die Kommentare mit den doofen Bemerkungen les ich einfach nicht!

Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht (Rosa Luxemburg)

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?

von Karl Friedrich Müller am 11.03.2019 um 14:35 Uhr

ist das nicht ein bisschen wenig, wenn 3 Apotheker Sonntags durch Berlin gehen?

Entschuldigung, das konnte ich mir nicht verkneifen ;))

Schön wäre es allerdings, wenn die Aktion die notwendige Aufmerksamkeit bekäme und viele sich anschließen würden. Auch aus anderen Teilen des Gesundheitswesens, weil das insgesamt auf dem Spiel steht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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