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Interview
„Kein Apotheker vor Ort kann gegen Amazon konkurrieren“
„Optimismus ist Pflicht!“
DAZ.online: Halten Sie Amazon für einen größeren Konkurrenten als EU-Versandapotheken wie DocMorris?
Vogel: Kein Apotheker vor Ort kann gegen Amazon konkurrieren. Amazon ist für DocMorris auch keine Konkurrenz, sondern die Existenzbedrohung. Circa 70 Prozent unserer Kunden in öffentlichen Apotheken sind gleichzeitig Amazon-Kunden. Im Gegensatz zu DocMorris muss Amazon diese gar nicht erst suchen oder sich bemühen, diese als „Käufer“ zu überzeugen und gewinnen. Als Amazon-Kunde ist es doch nur ein kleiner Schritt, neben Klopapier und Hundefutter auch Gesundheitsprodukte und Arzneimittel zu bestellen bzw. Rezept und Gutscheine der Krankenkassen einzulösen. Amazon sind hier die Profis, Versandapotheken blutige Amateure.
DAZ.online: Was heißt das für die Beratung?
Vogel: Apotheken vor Ort mit der kostenlosen Beratung wird es weiterhin geben, auch für die Patienten, die bei Amazon kaufen. So ist die Rechtslage. Vielleicht werden zukünftig die Wege dorthin für den einzelnen Patienten etwas weiter. Und natürlich wird Amazon nie unsere Fachkompetenz erreichen und die pharmazeutische Leistung wird stets schlechter und die individuelle Beratung unpersönlich sein. Aber kein Apotheker – egal ob Versand oder vor Ort – kann als Kaufmann mit der künstlichen Intelligenz von Amazon mithalten.
DAZ.online: Blicken Sie da nicht pessimistisch in die Zukunft ihres Berufsstands?
Vogel: Nein, Optimismus ist Pflicht! Und die aktuelle Auswertung von Gesundheitsdaten durch Amazon ist ja weder vom Gesetzgeber noch von den Kunden und Patienten so gewollt. Aber wenn wir Apotheker weiter akzeptieren, dass Großkonzerne wie Amazon Gesundheitsdaten bei Arzneimittelkäufen zu kommerziellen Zwecken missbrauchen, sind wir selber schuld. Jeder von uns kauft doch selber bei Amazon ein, mich eingeschlossen. Und wir genießen den Komfort bei Amazon. Aber sind wir nicht als Apotheker verpflichtet, für unsere Rechte und die unserer Patienten vor Gericht zu kämpfen?
DAZ.online: Was für einen Datenmissbrauch fürchten Sie?
Vogel: Aus der Analyse von Gesundheitsdaten können zum Beispiel zu Bonitätskriterien und Einkauflimits werden – mit negativen Folgen für den Patienten. So hat z.B. der an Leukämie erkrankte ehemalige Spitzensportler Tim Lobinger keinen Handyvertrag mehr erhalten. Aber auch Versicherungen, Banken und Arbeitgeber dürften ein hohes Interesse an den Gesundheitsdaten haben. Gesundheitsdaten haben einen sehr hohen Einfluss auf das Rating bzw. das digitale Persönlichkeitsprofil, nicht nur jedes Amazon-Kunden. Bei uns Apothekern ist in dieser Hinsicht nichts zu holen. Doch Amazon monetarisiert jetzt schon seine Kundendaten mit hohen Profiten.
DAZ.online: Sie haben nun zwei Klageverfahren geführt, die in erster Instanz unterschiedlich entschieden wurden. Im Berufungsverfahren gegen das Dessauer Urteil wird in absehbarer Zeit ein Urteil erwartet. Wie weit und wie lange wollen Sie diese Rechtsstreitigkeiten fortführen?
Vogel: Ich werde durch alle Instanzen gehen bzw. so lange kämpfen, wie es die Anwälte meines Vertrauens für sinnvoll halten.
DAZ.online: Die Kosten für solch ein Verfahren sind wahrscheinlich nicht unerheblich. Werden Sie finanziell unterstützt?
Vogel: Nein. Einige Kollegen haben mir Unterstützung angeboten. Darüber habe ich mich riesig gefreut. Aktuell ist es noch zu stemmen.
DAZ.online: Danke für das Gespräch, Herr Vogel!
2 Kommentare
Liegt da schon Das Wort Korruption in der Luft?
von Heiko Barz am 01.02.2019 um 11:33 Uhr
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Amazon
von Agnieszka am 29.01.2019 um 23:38 Uhr
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